Frankenstein - Der Schatten: Roman (German Edition)
ich ist, vorwiegend in der Kanalisation gelebt und für kurze Zeit auch in dem Putzmittelschrank einer öffentlichen Toilette. Das hier ist viel, viel besser.«
Erika lächelte und nickte. »Ich hoffe, du wirst hier glücklich sein. Denk nur immer daran – deine Anwesenheit im Haus muss ein Geheimnis bleiben.«
»Du bist die gütigste, großzügigste Dame auf Erden.«
»Ganz und gar nicht, Jocko. Du wirst mir vorlesen, erinnerst du dich noch?«
»Als ich noch er war, der war, kannte ich nie eine Dame, die auch nur halb so nett war wie du. Seit er, der war, ich, der bin, wurde, also Jocko, bin ich nie einer Dame begegnet, die auch nur ein Viertel so nett war wie du, noch nicht einmal in der Toilette, in der ich elf Stunden lang gelebt habe, und das war eine Damentoilette. Vom Putzmittelschrank aus hat Jocko so vielen Damen zugehört, die dort draußen an den Waschbecken und in den Kabinen miteinander geredet haben, und die meisten waren fürchterlich .«
»Es tut mir leid, dass du so viel leiden musstest, Jocko.«
Er sagte: »Mir auch.«
27.
Das Wesen, das sich Carson von ihrer rechten Seite aus dicht über dem Boden näherte, war nicht Janet Guitreau, sondern der Deutsche Schäferhund, keuchend und hechelnd und mit wedelndem Schwanz.
Die mit dem tollen Hintern blieb, wo sie gewesen war, als Carson aus dem Honda ausgestiegen war: fünfzehn Meter weiter vorn auf der Straße. Mit hoch erhobenem Haupt und
zurückgezogenen Schultern stand sie aufrecht und wachsam da, die Arme an ihren Seiten leicht abgespreizt wie ein Revolverheld im Wilden Westen, bereit, gegen den Sheriff zu ziehen.
Sie joggte nicht mehr auf der Stelle, was wahrscheinlich eine gewaltige Enttäuschung für Michael war.
Interessanterweise hatte das Janet-Ding ihre Auseinandersetzung mit dem Bucky-Ding beobachtet und sich in keiner Weise verpflichtet gefühlt, ihm zu Hilfe zu eilen. Es mochte zwar sein, dass die Stadt von einer kleinen Armee der Neuen Rasse bevölkert war, aber vielleicht war die Kameradschaftlichkeit zwischen ihren Angehörigen nicht ausgeprägt genug, um zu garantieren, dass sie immer gemeinsam kämpfen würden.
Andererseits konnte dieser Mangel an Aufopferung für das gemeinsame Ziel aber auch ausschließlich daher rühren, dass Janets Gehirnzug entgleist war und jetzt durch seltsame Gegenden rollte, in denen nie Schienen verlegt worden waren.
Dort draußen in dem funkelnden silbernen Regen, in das Fernlicht der Scheinwerfer des Hondas getaucht, wirkte sie so ätherisch, als sei ein Vorhang zwischen dieser Welt und einer anderen Welt geöffnet worden, in der Menschen die strahlende Leuchtkraft vergeistigter Wesen besaßen und so wild wie die wildesten Tiere waren.
Michael streckte eine Hand aus, und auf seiner Handfläche schimmerten Patronen.
Carson lud nach und sagte: »Was meinst du – sollen wir ihr folgen?«
»Ich nicht. Ich habe einen Grundsatz: Ein Showdown mit einem wahnsinnigen Superklon am Tag genügt. Aber es könnte sein, dass sie sich auf uns stürzt.«
Zum ersten Mal in dieser Nacht kam plötzlich ein leichter
Wind auf und stach die Schwerkraft aus, so dass der Regen rechtwinklig auf sie zukam und Carson ins Gesicht prasselte statt auf die Schädeldecke.
Als hätte der Wind mit Janet gesprochen und ihr zum Rückzug geraten, wandte sie sich von ihnen ab und sprintete von der Straße zwischen die Bäume und in die geheimnisvolle Dunkelheit des Parks.
An Carsons Seite gab der Hund ein tiefes, langes Knurren von sich, das zu bedeuten schien: Die wären wir los .
Michaels Handy läutete. Sein neuester Klingelton war Curlys Gelächter, wobei Curly der Curly von den Three Stooges war. »N’yuck, n’yuck, n’yuck«, sagte das Telefon. »N’yuck, n’yuck, n’yuck.«
»Das Leben im einundzwanzigsten Jahrhundert«, sagte Carson, »ist genauso bescheuert wie irrsinnig.«
Michael nahm den Anruf entgegen und sagte: »Hey, yeah.« Zu Carson sagte er: »Das ist Deucalion.«
»Verdammt nochmal, das war aber auch höchste Zeit.« Sie suchte die Dunkelheit im Osten und im Süden ab, denn sie rechnete damit, dass Janet voller Mordlust zurückkehren würde.
Nachdem er einen Moment lang zugehört hatte, sagte Michael zu Deucalion: »Nein, wo wir gerade sind, das ist kein guter Treffpunkt. Wir haben soeben einen Konflikt ausgetragen, und überall liegen noch Trümmer herum.«
Carson warf einen Blick auf die Leiche des Bucky-Replikanten. Er war immer noch tot.
»Geben Sie uns zehn bis fünfzehn Minuten Zeit, um
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