Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
legte er sich flach hin und gab Mike ein Zeichen, das Gleiche zu tun. Er richtete das Nachtsichtvisier der Flinte auf die Dachkante und suchte sie von links nach rechts ab. Zu sehen war nichts, aber das hieß nicht, dass sie nicht dort oben lauerten, eng an die Dachgauben gepresst oder hinter den Schornsteinen.
Es waren noch knapp zwanzig Meter Rasen bis zum Haus.
»Gib mir Deckung«, flüsterte er Mike zu.
Tief geduckt eilte er auf das Haus zu und drückte sich flach an die Wand. Er zog eine der Handgranaten aus der Tasche, hakte den Finger in den Auslöser und hielt sie bereit, um sie aufs Dach zu schleudern, dann winkte er Mike heran.
Mike sprang auf und rannte aufs Haus zu. An die Wand gepresst blieben sie ein paar Sekunden stehen, um zu verschnaufen.
Die gläserne Schiebetür war verschlossen. Frank zerschlug die Scheibe mit dem Gewehrkolben, griff hinein und schob die Tür auf. Mike rannte hinter ihm hinein, sein Gewehr im Anschlag, und schwenkte es durch den Raum.
Nichts.
Mit einem großen Satz sprang Frank an ihm vorbei zur nächsten Wand, und so bahnten sie sich ihren Weg durchs Haus.
Sie fanden Mac im Dojo.
Barfuß und ohne Hemd, nur mit der Hose eines schwarzen Gi bekleidet, traktierte er einen schweren Sandsack mit langsamen, rhythmischen Roundhouse-Kicks. Bei jedem Kick flog der Sandsack gen Decke, das klatschende Geräusch hallte durch den leeren Raum.
Aus dem Soundsystem kam der Klang einer leisen Jazzflöte.
In einer Bodenschale schwelte ein Räucherstäbchen.
Frank hielt sechs Meter Abstand und richtete das Gewehr auf ihn. Ein Mann von Macs Statur und Beweglichkeit konnte diesen Abstand mit anderthalb Schritten überwinden, und sein Tritt wäre tödlich.
Mac drehte sich zu ihnen um, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen.
»Ich habe die Haustür für Sie offen gelassen«, sagte er. »Sie haben sich ein Menge unnütze Arbeit gemacht, meine Tiere aufgeschreckt und meine Schiebetür zerbrochen.«
»Die drei Engländer haben unseren Mann erschlagen«, sagte Frank.
Mac nickte und trat gegen den Sandsack. Der Bewegungsablauf wirkte fließend und unangestrengt, aber der Sandsack flog hoch bis fast zur Decke und plumpste wieder herab. »Das hab ich gehört«, sagte Mac. »Aber nicht genehmigt. Auch nicht gebilligt.«
»Los Frank, knallen wir ihn ab!«
»Ich habe mich für Sie angreifbar gemacht, als Geste meiner Aufrichtigkeit«, sagte Mac. »Und meines Bedauerns. Wenn Sie mich töten wollen, töten Sie mich. Ich bin mit mir im Reinen.«
Er hörte auf, gegen den Sandsack zu treten.
Frank ging noch zwei Schritt weiter auf Distanz, hielt das Gewehr im Anschlag, aber Mac kniete sich auf den Boden, im Hocksitz, sog den Duft des Räucherstäbchens ein, schloss die Augen und breitete die Arme aus – mit nach oben gekehrten Handflächen.
»Was soll der Scheiß?«, fragte Mike.
Frank schüttelte den Kopf.
Aber sie schossen beide nicht.
Nach einer langen Minute öffnete Mac die Augen, blickte, wie es schien, ein wenig verwundert in die Runde und sagte: »Dann sollten wir übers Geschäft reden. Sie sollten wissen, dass Sie mit Ihren Informationen nicht auf dem Laufenden sind: Mr. Porter hat beschlossen, seine eigenen Wege zu gehen. Wörtlich sagte er: ›Ich hab es satt, für diesen aufgeblasenen Affen zu arbeiten‹, womit er meine Wenigkeit meinte. In Anbetracht dieser Umstände bin ich bereit, eine fünfzigprozentige Beteiligung an der Pinto Bar zu akzeptieren. Und wenn Sie wollen, dass ich Pat Porter töte, werde ich ihn töten.«
»Der Punkt ist schon erledigt«, sagte Frank.
Mac stand wieder auf. Mit einem Lächeln sagte er: »Dass Sie das sagen würden, hatte ich erwartet.«Eine Weile lebte es sich richtig angenehm.
Sie mussten für ein paar Wochen in Mexiko abtauchen, da die Cops und die Medien kein anderes Thema mehr kannten als die Stripperclub-Fehde und sich darum rissen wie die Geier. Sie bot alles, was man für die Spätnachrichten brauchte – Sex, Gewalt, Gangster und noch mal Sex. Eine Stripperin nach der anderen packte aus, eine gab sogar eine Pressekonferenz.
Dann schoben sich neue Skandale in den Vordergrund, und die Pressemeute zog weiter.
Die Cops bewiesen mehr Ausdauer.
Vier Morde in einer Nacht, das setzte die Jungs vom Morddezernat gewaltig unter Druck und verwickelte sie in Revierkämpfe mit dem FBI, das nun ebenfalls in die Ermittlungen einstieg.
Alle wollten sie Mike den Mord an Georgie Yoznezensky anhängen, aber ausnahmsweise war er wirklich unschuldig, so
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