Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
härter zustoßen konnte. Jetzt gab er es ihr wirklich, und Marie fing an, Geräusche zu machen. Frank konnte nicht entscheiden, ob es Lust war oder Schmerz oder beides, aber Marie fing an zu stöhnen, dann zu schreien, und er sah, wie sich ihre kleinen Finger beim Schreien in die Tagesdecke krallten.
»Donnerwetter, Momo«, sagte Locicero. »Deine Frau ist ja eine heiße kleine Nummer.«
De Santo wurde fertig und zog sich zurück. Er wischte sich an ihrem Kleid ab, zog den Hosenstall wieder zu und stieg vom Bett. Er blickte auf Marie hinab, die noch immer auf den Knien lag, mit pumpendem Brustkorb. »Falls du mehr willst, Baby: Du hast meine Nummer«, sagte De Santo.
Er kam ins Wohnzimmer zurück. »Habt ihr gehört, wie die Schlampe gekommen ist?«
»Klar«, sagte Locicero. »Haben wir.«
»Hast du es gehört, Momo?«
Locicero stieß ihn mit der Pistole an.
»Ich hab’s gehört«, sagte Momo. »Warum erschießt ihr mich nicht einfach?«
Frank hatte das Gefühl, sich erbrechen zu müssen.
De Santo blickte auf Momo runter. »Ich erschieße dich nicht, weil ich will, dass du Geld machst. Was ich nicht will, ist noch mehr von diesem San-Diego-Scheiß. Was mir gehört, gehört mir, und was dir gehört, gehört auch mir. Capisce? «
» Capisce .«
»Gut.«
Frank starrte De Santo an. De Santo merkte es und fragte: »Was denn, Kleiner, hast du Probleme?«
Frank schüttelte den Kopf.
»Hab ich auch nicht vermutet.« De Santo wies mit dem Kopf aufs Schlafzimmer. »Du wolltest eine, die schon abgefüllt ist, Momo. War mir ein Vergnügen.«
De Santo und Locicero gingen lachend hinaus.
Frank saß geschockt auf dem Sofa.
Momo stand auf, holte einen bösartig aussehenden kleinen 25er Revolver aus der Schublade und lief zur Tür.
Frank hörte sich sagen: »Die bringen Sie um, Momo.«
»Mir egal.«
Dann stand Marie im Flur, an den Türrahmen gelehnt, ihr Kleid in Fetzen, ihr Make-up übers ganze Gesicht verschmiert wie eine irre Clownsmaske, ihr Haar ein wüstes Durcheinander. »Du bist kein Mann«, sagte sie. »Dass du dir das bieten lässt.«
»Dir hat’s gefallen, du Fotze.«
»Wie konntest du –«
»Du bist für ihn gekommen.«
Er hob die Pistole.
»Momo, nein!«, brüllte Frank.
Momo sagte: »Sie ist für ihn gekommen .«
Und drückte ab.
Frank schrie auf, als sich Marie um die eigene Achse drehte und zu Boden fiel. Er wollte springen und Momo die Pistole abnehmen, aber er hatte zu viel Angst, und dann machte Momo einen Schritt von ihm weg, hielt sich die Pistole an die Schläfe und sagte: »Ich habe sie geliebt, Frankie.«
Frank blickte eine Sekunde lang in diese traurigen Hundeaugen, dann drückte Momo ab.
Sein Blut bespritzte Kennedys lächelndes Porträt.
Komisch, denkt Frank jetzt. Daran erinnere ich mich deutlicher als an alles andere – an den blutbespritzten John F. Kennedy. Später, als Kennedy ermordet wurde, war er nicht mehr sonderlich überrascht. Als hätte er das Ganze vorhergesehen.
Marie Anselmo überlebte – es stellte sich heraus, dass Momo ihr in die Hüfte geschossen hatte. Sie rollte sich auf dem Boden und schrie, während Frank in Panik die Polizeianrief. Marie wurde vom Krankenwagen fortgebracht, Frank von den Cops. Er erzählte ihnen das meiste von dem, was er gesehen hatte – das heißt, dass Momo seine Frau erschossen hatte und dann sich selbst. Jede Erwähnung von De Santo und Nicky Locicero verkniff er sich, und später war er erleichtert zu hören, dass auch Marie den Mund hielt, was die Vergewaltigung betraf. Und wenn die Cops von San Diego untröstlich über Momos Selbstmord waren, ließen sie es sich nicht anmerken – oder sie waren es gewohnt, ihren Kummer mit lautem Gelächter zum Ausdruck zu bringen.
Marie verbrachte mehrere Wochen im Krankenhaus und behielt ein kaum merkliches Hinken zurück. Aus Respekt für Momo brachte Frank ihr weiter die Einkäufe nach Hause, und auch nachdem sie wiederhergestellt war, fuhr er sie zum Supermarkt.
Aber seine Illusionen waren dahin. All das Zeug, das ihm Momo über »unsere Sache« beigebracht hatte – der Kodex, die Regeln, die Ehre, die »Familie« –, war nichts als Dreck. Wie es um ihre bescheuerte Ehre bestellt war, hatte er in jener Nacht in Momos Haus zu sehen bekommen.
Er kehrte zurück zur Arbeit auf den Thunfischbooten.
Und da wäre ich wahrscheinlich mein ganzes Leben geblieben, denkt er jetzt beim Blick durchs Fenster auf den grauen Ozean mit den weißen Wellenkämmen. Wenn nicht sechs Monate
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