Franklin Gothic Medium (German Edition)
auch ihr Leben. Er wusste noch gut, wie empört er war als er hörte, dass die verantwortungslose Mutter ihr Kind einfach auf der Terrasse hatte schlafen lassen, ohne auch nur in Erwägung zu ziehen, dem Kind vor solch einer waghalsigen Unternehmung die passende Schutzkleidung anzulegen und ihm ein Moskito- Netz wenigstens zu offerieren. Darum war es doch ihre eigene Sorglosigkeit und das Vernachlässigen ihrer mütterlichen Pflicht den Nachwuchs wohl zu behüten, was dem Kind am Ende das Leben kostete. Hinterher natürlich, da war das Geschrei dann groß und versuchte man, den Bienen die volle Schuld in die Tasche zu schieben oder sogar den armen Gärtnern, die schon frühzeitig versucht hatten, solche Dramen im Vorfeld zu verhindern, indem sie der fliegenden Gefahr den Kampf erklärten. Für solche Menschen hatte Franklin kein Verständnis. Gleich am selben Abend, als die Sonne verschwand und mit ihr der todbringende Bienenschwarm, imprägnierte Franklin seine Büsche noch einmal, diesmal mit einem noch etwas aggressiveren Pestizid, denn irgendwann einmal musste ja Schluss sein mit dem Schmarotzen an fremden Stauden und der maßlosen Schwelgerei in seinem Blütenstaub. Eine wohl verständliche Reaktion! Unverständiger reagierte er hindessen, als die trauernde Mutter sich, praktisch als Kindesersatz, einen Hund zulegte und, als ob das seinen Rasen bekotende Flohtaxi nicht Zumutung genug wäre, zur Traumabewältigung noch einen Imkerkurs belegte.
Was er über Allergien wusste, beziehungsweise er sich wie jeder vernunftbegabte Mensch selbst zusammenreimen konnte war, dass es galt schnell zu handeln. Das Fleisch hatte bereits begonnen, unkontrolliert herumzuzucken, offensichtlich war auch die Körpertemperatur gestiegen, denn seine Wangen, die zuvor noch einen fahlen aber aparten Kontrast zum Rot der Ohrwunden geboten hatten, röteten sich deutlich und ein feiner Schweißfilm bedeckte seine Haut. Die Symptomatik war eindeutig.
Er hastete ins Bad, ließ kaltes Wasser in die Badewanne einlaufen, holte mehrere Beutel mit Eiswürfeln aus der Gefriertruhe und warf sie mit in das Wasser. Schön eisig musste es sein, damit das Fieber so effektiv und schnell wi e möglich wieder sinken konnte.
Im Laufschritt trabte er zurück in die Küche, nahm das noch immer zuckende Fleisch, welches mittlerweile nur noch ganz schwer Atem schöpfen konnte, vom Haken. Nun war Eile geboten, sonst würden die Atembeschwerden noch schlimmer, die Luftröhre würde zuschwellen und dann - aus die Maus! Er rannte mit ihr ins Bad und ließ sie, selbst ganz aus der Puste von der Plackere i, ins rettende Wasser gleiten.
Anfangs zappelte und wand sich das Fleisch im Wasser und stieß neue, noch schrecklichere Laute aus als zuvor, doch mit eisernem Griff hielt er es unten; es musste sein, auch wenn es sich wehrte! Im Fieberwahn mochte das Fleisch zwar nicht verstehen, dass das Eisbad nötig und nur zum Besten war, doch er hoffte, es würde seine positiven Absichten zumindest spüren und nach etwa fünf bis zehn Minuten wurden seine Mühen endlich belohnt, das arme kranke Lämmchen wurde ruhiger, die unnatürliche Rötung des Gesichts wechselte langsam wieder zu vornehmer Blässe und die vormals angsterregenden Zuckungen waren einem sanfteren Zittern gewichen. Er wartete noch ein paar Minuten, bis er sich relativ sicher war, dass das bedrohliche Feuer, welches in dem zarten Körper so rasant entflammt war und so stark gelodert hatte, gelöscht war. Mittlerweile lag es, still zitternd und leicht mit den Zähnen klappernd, ganz zahm und brav im Wasser und schien die anfängliche Scheu davor völlig verloren zu haben. Dann hob er es aus der Wanne und setzte es in die benachbarte Duschkabine, wo es erst einmal in Ruhe abtropfen und trocknen konnte. Er selbst konnte diese Zeit nutzen, um sich endlich abzutrocknen und in einen weichen, warmen Bademantel zu hüllen. Für ihn, der unter keinem Fieber litt, war das Ganze nämlich eine ziemlich kalte, nasse und nicht sonderlich angenehme Angelegenheit g ewesen! Unerquicklich geradezu!
Nun würde er das mitleiderregende Häufchen Fleisch erst einmal zurück in den Keller bringen. Sein erster Versuch, das perfekte Muschi- Sushi zu kredenzen war unabwendbar gescheitert. Und bevor er sich nicht vollkommen sicher sein konnte, dass die Krise überstanden und das Fleisch wieder bedenkenlos als zum Verzehr geeignet zu deklarieren war, hatte es auch keinen Sinn seine Arbeit an und mit diesem Exemplar heute noch
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