Franklin Gothic Medium (German Edition)
der Dankbarkeit mischten sich unter sein gefühlvolles Nass; wie edel und heroisch das Herz doch war, dass das Schicksal für seine Töpfe bestimmt hatte. Ein delikater Muskel, gefüllt mit Liebe und einer leckeren Kloßfüllung, was für ein Festschmaus würde das werden!
Um sich einen Vorgeschmack zu verschaffen amputierte und kauterisierte Franklin einen der liebenden Arme, den anderen, an dem der Rest des Fleisches verblieb, brachte er in den Vorratsraum, wo er sich endlich um den geschundenen Leib des geliebten Objektes legen konnte. Dann ummantelte er den gelenkigen Knochen mit dem Speck den er eigentlich zu den Bohnen braten wollte. In eine Bratform gab er zerstückeltes Suppengemüse, eine halbe Zwiebel und etwas Knoblauch, füllte so viel Wasser hinein, dass das Gemüse gerade bedeckt war, setzte ein Gitter darauf, das den Abstand des Fleisches zur Flüssigkeit wahren sollte und stellte den Braten in den Ofen. Knappe zwei Stunden bei 180° später, nachdem der Speck und die austretenden Säfte des geschmorten Fleisches sich mit den Extrakten der verschiedenen Gemüsesorten zu einer fein abgestimmten Sauce vermischt hatten, entnahm er demselben Herd einen Braten, der so köstlich duftete, dass selbst den Göttern in ihren Himmeln das Wasser im Munde zusammenlaufen musste.
Zuerst vernaschte Franklin die knusprig gebratenen Fingerchen, kross wie die Flügel eines gebratenen Hähnchens, labte sich dann am saftigen Fleisch des Oberarms und knabberte ein wenig am zarten Handgelenk. Entzückt schwelgte er im aromatischen Duft, genoss den herzhaften Geschmack und lobte überschwänglich den Küchenchef, der wahrlich ganze Arbeit geleistet hatte. Doch wieder einmal, darin glich er einem schlecht erzogenen Kind, waren die Augen größer gewesen als der Magen. Der ganze Arm war für Franklin alleine zu viel, Gäste hatte er keine und es erschien ihm wie eine Sünde, so etwas Gutes einfach wegzuwerfen. Unabhängig davon, ob in Afrika kleine Kinder verhungerten oder auch nicht. Darum, und weil er insgeheim auf eine Huldigung seiner Kochkunst hoffte, belud er einen Teller mit weichgekochtem Gemüse für das eine und mit den leckeren Knochen, an denen ja noch genug zum Abnagen dran war, für das andere possierliche Tierchen im Keller.
Kapitel 24 - Union
Je größer die Union, je fanatischer die Religion, um so dramatischer die Situ ation für den Individualisten. (Alfred Selacher)
Etliche Stunden waren vergangen, seit die Tür zu ihrer Zelle sich zum letzten Mal geöffnet und ihr Kerkermeister ihr das grausige Derivat aus dem Fleisch ihrer Göttin ins kalte Verlies geschoben hatte. Verzweifelt hatte sie versucht sich verständlich zu machen, mit Händen und Füssen und dem Stumpf ihrer nicht mehr vorhandenen Zunge. Sie musste einfach wissen, was mit Naomi passiert war! So unmenschlich sie weiter auf die Folter zu spannen, ihr nicht einmal zu sagen ob sie noch am Leben war, konnte nicht einmal er sein! Doch er zollte ihren Bemühungen kaum Respekt, sondern verhöhnte sie nur weiter, indem er ihr spöttisch den Kopf tätschelte, sardonisch grinste und ihr die Brühe vor die Füße stellte, um dann wortlos die Tür wi eder hinter sich zu verriegeln.
Seitdem hatte Fou-Mai einen inneren Kampf mit ihrem völlig entkräfteten Selbst geführt. Einerseits war sie inzwischen nicht weit vom Verhungern und vor allem Verdursten entfernt, andererseits war die Vorstellung woraus die Brühe bestand zu schrecklich, um sie trinkbar erscheinen zu lassen. Letztendlich siegte der Selbsterhaltungstrieb und der betörende Duft des Essens über die Scham, das Grauen und die ethischen Vorbehalte und so spülte sie die weichen Stücke der schwimmenden Karotten mit Hilfe von Naomis Extrakt, durch die trockene Kehle, in den dankbaren Magen. Tapfer unterdrückte sie den hernach aufsteigenden Brechreiz und ertrug stumm die nun folgenden Selbstvorwürfe. Sie ließ sich nicht ankreiden, dass sie überleben wollte, niemand, nicht einmal sie selbst, sollte sie dafür zur Rechenschaft ziehen. Dies sagte sie sich immer wieder, konnte sich dennoch nicht selbst vergeben.
Umso erleichterter war sie, als sich endlich die Tür ihres Verschlags öffnete. Und, sie konnte ihr Glück kaum fassen, ihre Geliebte, ihr Sonnenschein, ihre Königin der Nacht stolperte herein, lebendig, fast völlig heil und noch weitestgehend an einem Stück. Die Beiden fielen sich um den Hals, hielten einander fest mit aller Kraft und
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