Franny Parker
Aufmerksamkeit dem Kühlschrank zuwandte. Unser Kühlschrank war ganz schön abartig, vollgestopft mit allem möglichen Tier-Gebräu für die Patienten. Man musste richtig aufpassen, nach was man griff, wenn man die Hand hineinsteckte. Mehr als einmal hatte Daddy versehentlich die Mäusemilch in seinen Kaffee geschüttet.
Grillen waren das beliebteste Feinschmeckergericht auf dem Speisezettel der Patienten. Sowohl Speedy als auch die Vögel liebten Grillen. Daher hatte ich eine große Schüssel voll in den Kühlschrank gestellt. Direkt neben die Schüssel mit Heidelbeeren. Und danachgriff Sidda jetzt. Während sie nebenher am Telefon mit ihrer Freundin Amanda quasselte, streckte sie den Arm hinein und zog die Schale mit Grillen heraus.
Ehe jemand reagieren konnte, hatte sie die Grillen mitten in den Pfannkuchenteig geschüttet. Sie begriff nicht, warum er so klumpig war, deshalb rührte sie eifrig weiter. Ben und ich hielten uns in freudigem Entsetzen den Mund zu. Sidda quatschte weiter; rührte und redete, quirlte und laberte. Schon bald hatte sie einen ganzen Stapel Grillenpfannkuchen gebacken, die sie reichlich mit Butter bestrich, da klopfte es an die Küchentür.
»Komm rein, Marilee!«, rief Ben. Aber es war nicht Marilee, die zum Samstagsfrühstück kam. Stattdessen steckte Lucas Dunn den Kopf durch die Küchentür und lächelte.
»Ich hab einen Anruf gekriegt, dass es Pfannkuchen gibt«, sagte er.
»Da bist du ja!«, kreischte Sidda, wischte sich den Teig von der Wange und strich sich mit klebrigen Fingern das Haar glatt.
Was hatte Sidda vor? Ich sah hinüber zu Mamas edlem blauen Geschirr, das für zwei Personen im Esszimmer nebenan gedeckt war. Das versetzte mir jetzt echt einen Schlag.
Ben und ich wechselten Blicke. Ein neuer Schlachtplan war gefragt. Es war schön und gut, Sidda zuzusehen,wie sie Grillenpfannkuchen verspeiste, aber Lucas? Das kam uns doch fies vor.
»Kann ich bei irgendwas helfen?«, fragte Lucas und trat an die Arbeitsfläche.
»Nein, nein.« Sidda lachte nervös und schob ihn ins Esszimmer. »Du setzt dich hier hin und ich komm gleich. Es ist fast fertig!«
Sidda kam mit einem Krug in die Küche zurückgeeilt. »Mach dich mal nützlich, Franny«, zischte sie. »Gieß uns Saft ein.« Sie wischte sich noch mal sauber und nahm schwungvoll die Pfannkuchenplatte hoch.
»Na klar«, flüsterte ich, während ich ihr zusah. »Aber vielleicht solltest du deine Spezialpfannkuchen kosten, ehe du sie auftischst. Du weißt schon, um sicher zu sein, dass sie perfekt sind.«
Sidda starrte auf die Platte in ihren Händen. »Ja, natürlich. Sie müssen wirklich ganz toll werden.« Dann sah sie Ben und mich an. »Aber wagt es nicht, euch was davon zu mopsen!«
Das war zu viel für Ben. Er musste so kichern, dass er fast vom Hocker fiel. »Nicht mal im Traum!«, japste er.
Ben und ich starben fast, als wir zusahen, wie Sidda den Sirup über die Platte goss und eine Gabel nahm. Sie schnitt sich ein winziges Stück ab und tauchte es in den Sirup. Es dauerte eine Ewigkeit. Inzwischen war Mama in die Küche gekommen und Ben und ich versuchten, so harmlose Gesichter wie möglich zu machen.
»Sidda, wie schön, dass du Lucas Frühstück machst«, sagte Mama.
»Heidelbeerpfannkuchen«, sagte Sidda. Die Gabel schwebte noch in der Luft. »Frisch aus dem Garten.«
Mama öffnete den Kühlschrank. »Hast du die Heidelbeeren vergessen?«, fragte sie und hielt die Schüssel genau in dem Augenblick hoch, als Sidda die Gabel in den Mund steckte.
Es ging alles ganz schnell. Sidda warf einen Blick auf die leere Grillenschüssel, auf die leere Gabel in ihrer Hand und dann auf mich. Ich würde zehn Dollar wetten, dass man ihren Schrei bis in die Stadt hören konnte. Das war mir egal. Lucas aß mit mir auf der Veranda kalte Cornflakes, während sich Sidda in ihrem Zimmer unter einem kalten Waschlappen erholte.
Arme Sidda. Nie wieder würde sie Pfannkuchen auch nur eines Blickes würdigen.
Postkästen
E s hatte immer noch nicht geregnet. Weder im Mai, noch im Juni, und auch bis jetzt nicht, in der dritten Woche im Juli. Jeden Tag wirbelten Staubwolken um unsere Füße auf, setzten sich zwischen unsere Zehen und bedeckten unsere Haut mit einer grauen Schicht. Die Trockenheit dauerte an. »Die schlimmste seit über dreißig Jahren«, flüsterten die Leute in der Post, auf den Stufen der Bücherei und in der Schlange bei Harland. Ich hatte das Gefühl zu vertrocknen.
»Haltet die Wassereimer immer schön
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