Franz Eberhof 05 - Sauerkrautkoma
direkt aus der Gisela ihrer Kehle heraus.
Der Wolfi stellt dem Simmerl ein Bier hin. Und zwar mit den Worten: »Wo sie recht hat, hat sie recht. Wohl bekomm’s!«
Anschließend erzählt mir der Simmerl im Flüsterton und mit dem Arm um meine Schultern von all dem Horror eines ehelichen Zusammenlebens. Er schöpft dabei wirklich aus dem Vollen. Nichts lässt er aus – nichts von seinen eigenen ehelichen Höllentrips, nichts von denen vom Flötzinger. Der auch wie auf Kommando und wie zum Beweis Augenblicke später hier aufschlägt. Er geht gleich rüber zum Frauentisch.
»Du, Mary, kannst du mich bitte mal ablösen? Die Amy-Gertrud, die weint jetzt schon seit zwei Stunden. Ich muss da echt unbedingt mal kurz raus. Bitte, nur für eine Stunde!«, fleht er seine Gattin an.
»Du siehst doch, dass ich grade beschäftigt bin«, sagt sie knapp, ehe sie sich wieder den Brautkleidern widmet. Der Flötzinger schnauft tief durch, dreht sich um, schnappt sich mein Bierglas und leert es in einem einzigen Zug. Und dann ist er auch schon wieder weg.
Die ganze Nacht lang wälz ich mich hin und her und habe Albträume der übelsten Sorte. Herzlichen Dank, Herr Simmerl! Wirklich, herzlichen Dank. Nur: Raus komm ich aus der Nummer jetzt wohl nicht mehr?
Kapitel 9
Das Frühstück am nächsten Tag ist keinen Deut besser. Der Leopold glänzt freilich wieder durch Anwesenheit, und als ob das nicht schon genug wäre, hält er auch noch einen ausführlichen Monolog über die Ehe. Ob ich mir das auch wirklich gründlich überlegt hab, will er wissen. Und ich soll doch bitte schön einmal nachdenken. Weil sich Frauen nämlich total verändern, wenn sie erst mal verheiratet sind. Das kann ich ihm ruhig glauben, sagt er, denn schließlich weiß er, wovon er spricht. Erst gestern, sagt er weiter und fuchtelt dabei wie wild mit den Armen, erst gestern war er wieder dort, bei seinem aktuellen Eheweib, und hat versucht, mit ihr zu reden. Aber nix. Da führt wohl kein Weg mehr zurück. Schade nur um die süße kleine Tochter, sagt er und blickt dabei auf seine Fingernägel. Aber es hilft alles nix, andere Kinder sind schließlich auch scheidungsgeplagt. Da muss sie halt jetzt durch, die Kleine. Und überhaupt, was uns nicht umbringt, das macht uns nur stärker. Ja, das härtet sie vermutlich ab fürs ganze restliche Leben.
Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass der Leopold ein Arschloch ist?
Aber jetzt pressiert’s ihm auf einmal ganz furchtbar. Weil nämlich gleich der Karl-Heinz hier aufschlagen wird. Und dann … dann wollen sie zum Snowboarden fahren. Weil akkurat jetzt ausnahmsweise schon der erste Schnee liegtdort in Kitzbühel. Anfang Oktober! Das muss man sich einmal vorstellen! Viel früher als sonst. Ist das nicht toll? Zum Snowboarden! Der Leopold! Dass ich nicht lache. Der Leopold, der war ja als Kind schon mit seinem Schlitten total überfordert. Von Skiern mag ich gar nicht erst reden. Und jetzt will er zum Snowboarden. Na, viel Spaß!
Sekunden später fährt auch schon ein Wagen in den Hof rein und hupt. Aber nicht mit so einer normale Hupe, so hup, hup, wie halt Hupen so hupen. Nein, es ist eine Fanfare, die uns jetzt hier entgegenbläst. Und die dem Leopold ein ganz stolzes Lächeln in die Visage zaubert.
»Ah, da ist er ja schon. Pünktlich wie die Maurer«, sagt er und erhebt sich. »Geh, Franz, bist so gut und räumst mein Geschirr mit ab. Ich will den Karl-Heinz nicht so lange warten lassen.«
Ja, der Franz ist so gut. Schließlich will er den Karl-Heinz auch nicht so lange warten lassen. Nicht, dass der hernach noch reinkommt zu uns. Und mir damit mein restliches Frühstück auch noch ruiniert.
»Mach dich vom Acker«, sag ich deswegen. Der Leopold lächelt dankbar und klopft mir noch kurz auf die Schulter, ehe er seinem Busenfreund erwartungsfroh entgegenwirbelt.
Gegen Mittag kommt dann der Anruf aus dem Krankenhaus. Der Leopold liegt dort mit gebrochenem Fuß. Nichts Kompliziertes, einfach einmal quer durch. Er sei schon ärztlich versorgt, eingegipst und mit Krücken versorgt, und man möge doch so gut sein und ihn abholen kommen. Auf die Nachfrage nach seinem werten Begleiter müssen wir erfahren, dass dieser wohl noch auf der Piste rumhängt. Jedenfalls wisse man nichts über seinen Verbleib. Ein echter Freund, das muss man schon sagen.
Also werf ich mich notgedrungen und ziemlich angefressen in mein Auto. Der Papa will auch mit. Schließlich istman um die Gesundheit eines Erstgeborenen immer ganz
Weitere Kostenlose Bücher