Franz G. - Thriller (Wegners schwerste Fälle) (German Edition)
ich. Wenn du fahren willst, dann sag es gefälligst vorher.«
Rex lief
die Treppen vorweg und wartete geduldig auf sein Herrchen, das ihm die Tür
öffnen sollte. Mit langen entschlossenen Schritten gingen die beiden Kommissare
dem Empfang entgegen, an dem der typische Drachen saß: eine eisgraue
Endfünfzigerin, die sie mit skeptischem Blick ansah. Ihr Lippenstift war zu rot
und ihr Lidschatten bei weitem zu üppig aufgetragen. Freundlichkeit schien ein
Wort zu sein, bei dem sie im Duden hätte nachschlagen müssen.
»Hunde
sind hier verboten«, begann sie unterkühlt, »können Sie nicht lesen?«
Wegner
musterte sie herablassend und stellte zufrieden fest, dass die Frau, zumindest
innerlich, ein wenig zusammenzuckte.
»Das ist
kein Hund, sondern ein Polizeibeamter im Einsatz.« Jetzt knallte er seinen
Dienstausweis auf den Tresen und starrte den Drachen unverändert giftig an.
»Falls Sie lesen können, dann tun Sie es.«
Als ob
es sich um ein schmieriges Stück Butterbrotpapier handelte, nahm die Frau
seinen Ausweis mit spitzen Fingern auf und beäugte ihn widerwillig. »Und was
kann ich für Sie tun?«, erkundigte sie sich mürrisch.
»Wir
möchten mit Ihrem Chef sprechen, Herrn Gerber. Und zwar sofort!«, informierte
Sie nun Hauser in ebenso kühlem Ton. »Mein Name ist Hauser, Oberkommissar
Hauser.« Er setzte sein gezwungenes Lächeln auf, das Wegner nur zu gut kannte.
»Herr
Gerber ist nicht im Hause. Aber Sie können gerne Ihre Rufnummer hinterlassen,
dann ruft er Sie zur Terminabsprache an.«
Wegner
beugte sich über den Tresen und schaute dem Drachen mitten in die Augen. »Haben
Sie ernsthaft das Gefühl, dass wir gekommen sind, um einen Termin
abzusprechen?«
Die Frau
schüttelte nur müde den Kopf, hielt dem Blick jedoch eisern stand.
»Wissen
Sie, ob Herr Gerber zuhause ist?«, erkundigte sich Hauser genervt.
»Herr
Gerber informiert mich in der Regel nicht über seine privaten Aktivitäten. Das werden
Sie schon selbst herausfinden müssen. Die Adresse haben Sie doch sicher.«
Wegner
nickte stumm und machte auf dem Absatz kehrt. Eine Verabschiedung, geschweige
denn ein Dankeschön, hatte dieser silbergraue Kühlschrank nicht verdient.
22
» G abriele
Schmidt hier, Herr Gerber.«
»Was
gibt es – Probleme?« Er war schon seit langem mehr als abkömmlich in seinem
Unternehmen. Oft genug hatte er den Eindruck, dass seine Anwesenheit im Büro
bestenfalls für unnötige Verzögerungen sorgte. Jede Abteilung hatte ihren
Vorgesetzten und der Geschäftsführer, ein Mann Ende dreißig, lenkte die
Geschicke der Firma mit eiserner Hand. Gerber selbst hatte festgestellt, dass
er müde war und viel zu oft nach bequemen Kompromissen suchte, die kaum zum
dauerhaften Wohle des Unternehmens beitrugen.
»Die
Polizei war hier und hat nach Ihnen gefragt«, flüsterte Gabriele Schmidt
geheimnisvoll, »jetzt sind sie auf dem Weg zu Ihrem Haus«, fügte sie wie eine
Drohung hinzu.
Franz
Gerber zuckte zusammen. Dass es eines Tages so weit kommen würde, war ihm schon
seit dem ersten Mord klar – zumindest hatte er es befürchtet. Nur dass es so
schnell passierte, und das ausgerechnet jetzt, versetzte ihn in Panik.
»Sind
Sie noch dran, Herr Gerber?«, die krächzende Stimme seiner Angestellten riss
ihn aus den Gedanken.
»Jaja
... haben die gesagt, was sie wollen?«
»Nein!
Aber besonders freundlich wirkten die nicht.«
Ohne ein
weiteres Wort beendete Franz Gerber nun das Gespräch. Eine Minute, vielleicht
sogar zwei, stand er völlig regungslos in seiner Küche und starrte zum Fenster
hinaus. Er begutachtete den massiven Holzschuppen, den er erst im vergangenen
Jahr ganz allein gebaut hatte; betrachtete die kleinen strahlend weißen Bänke,
die den exakt geschnittenen Rasen so geschmackvoll säumten. Nachdenklich schaute
er auf all das, was er in den letzten Jahrzehnten selbst errichtet oder aber
mühsam gepflegt hatte. Dann gab er sich einen kräftigen Ruck und machte sich
eilig in die Garage auf. Dort lagerten mindestens fünfzig Liter Superbenzin,
das im Alltag seinen Aufsitzmäher versorgte. Sein Blick fiel auf das edle
Gefährt, welches eigentlich viel zu schade war, um damit nur den Rasen zu
mähen. Letzten Monat hatte er noch ein Schneeräumschild gekauft. Im Winter
wollte er es nutzen, um mit dem Traktor die Auffahrt freizuschieben.
***
»Wenn
der Kerl da vorne nicht gleich Platz macht, steig ich aus und knall ihn ab!«,
brüllte Wegner und fuhr dem Wagen vor ihnen fast auf die
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