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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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zuredeten, zur Welt zurückzukehren.
    Es vermehrte noch eine Person die Gesellschaft, und niemand anders als Leopold , der ausgereiset war, seinen Freund aufzusuchen. Ferdinand erzählte ihm sein Glück und stellte ihm Leonoren als seine Braut vor. Leopold freute sich mit ihm und sagte: ›Aber, liebster Freund, danke dem Himmel, denn du hast bei weitem mehr Glück als Verstand gehabt.‹ – ›Das begegnet jedem Sterblichen‹, erwiderte Ferdinand, ›und wie elend müßte der Mensch sein, wenn es irgendeinmal einen solchen geben sollte, der mehr Verstand als Glück hätte?‹«
    Hier schwieg Rudolph. Einige von den Herren waren während der Erzählung eingeschlafen; Franz war sehr nachdenkend geworden. Fast alles, was er hörte und sah, bezog er auf sich, und so traf er in dieser Erzählung auch seine eigene Geschichte an. Sonderbar war es, daß ihn der Schluß beruhigte, daß er dem Glücke vertraute, daß es ihn seine Geliebte und seine Eltern würde finden lassen.
    Franz und Rudolph wurden im Verfolg der Reise vertrauter, sie beschlossen miteinander nach Italien zu gehn. Rudolph war immer vergnügt, sein Mut verließ ihn nie, und das war für Franz in vielen Stunden sehr erquicklich, der fast beständig ein Mißtrauen gegen sich selber hatte. Es fügte sich, daß einige Meilen vor Antwerpen das Schiff eine Zeitlang stilliegen mußte, ein Boot ward ausgesetzt, und Franz und Rudolph nahmen sich vor, den kleinen Rest der Reise zu Lande zu machen.
    Es war ein schöner Tag. Die Sonne breitete sich hell über die Ebene aus, Rudolph war willens, nach einem Dorfe zu gehn, um ein Mädchen dort zu besuchen, das er vor sechs Monaten hatte kennen lernen. »Du mußt nicht glauben, Franz«, sagte er, »daß ich meiner Geliebten in Italien wahrhaft untreu bin, oder daß ich sie vergesse, denn das ist unmöglich, aber ich lernte diese Niederländerin auf eine wunderliche Weise kennen, wir wurden so schnell miteinander bekannt, daß mir das Andenken jener Stunden immer teuer sein wird.«
    »Dein frohes Gemüt ist eine glückliche Gabe des Himmels«, antwortete Franz, »dir bleibt alles neu, keine Freude veraltet dir, und du bist mit der ganzen Welt zufrieden.«
    »Warum sollte man es nicht sein?« rief Rudolph aus; »ist denn die Welt nicht schön, so wie sie ist? Mir ist das ernsthafte Klagen zuwider, weil die wenigsten Menschen wissen, was sie wollen, oder was sie wünschen. Sie sind blind und wollen sehen, sie sehn, und sie wollen blind sein.«
    »Bist du aber nie traurig oder verdrießlich?«
    »O ja, warum das nicht? Es kehren bei jedem Menschen Stunden ein, in denen er nicht weiß, was er mit sich selber anfangen soll, wo er herumgreift, und nach allen seinen Talenten, oder Kenntnissen, oder Narrheiten sucht, um sich zu trösten, und nichts will ihm helfen. Oft ist unser eigenes närrisches Herz die Quelle dieser Übel. Aber bei mir dauert ein solcher Zustand nie lange. So könnt ich mich grämen, wenn ich an Bianca denke, sie kann krank sein, sie kann sterben, sie kann mich vergessen, und dann mache ich mir Vorwürfe darüber, daß ich mich zu dieser Reise drängte, die auch jeder andre hätte unternehmen können. Doch, was hilft alles Sorgen?«
    Sie hatten sich unter einen Baum niedergesetzt, jetzt stand Rudolph auf. »Lebe wohl«, sagte er schnell, »es ist zu kalt zum Sitzen; ich muß noch weit gehn, das Mädchen wird auf mich warten, ich sprach sie, als ich nach England hinüberging. In Antwerpen sehn wir uns wieder.«
    Er eilte schnell davon und Franz setzte seinen Weg nach der Stadt fort, da aber die Tage schon kurz waren, mußte er in einem Dorfe vor Antwerpen übernachten.

Sechstes Kapitel
    Die große Handelstätigkeit in Antwerpen war für Franz ein ganz neues Schauspiel. Es kam ihm wunderbar vor, wie sich hier die Menschen untereinander verliefen, wie sie ein bewegtes Meer darstellten, und jeglicher nur seinen Vorteil vor Augen hatte. Hier fiel ihm kein Kunstgedanke ein, ja wenn er die Menge der großen Schiffe sah, die Betriebsamkeit Geld zu gewinnen, die Spannungen aller Gemüter auf den Handel, die Versammlungen auf der Börse, so kam es ihm als etwas Unmögliches vor, daß irgendein Mensch aus diesem verwirrten Haufen sich der stillen Kunst ergeben könne. Er hörte nichts anders, als welche Schiffe gekommen und abgegangen waren, so wie die Namen der vornehmsten Kaufleute, die jedem Knaben geläufig waren, es entging ihm nicht, wie selbst auf den Spaziergängen die Handelsleute ihre kaufmännischen

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