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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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steckte
in Schwierigkeiten, fiel in einen unerwarteten Spalt in der normalen Welt, und
er ertrug es nicht, zu ihrem Gesicht hinaufzuschauen. Sie legte ihm die Hände
auf den Kopf und leistete keinen Widerstand, als er sich Stück um Stück
vorarbeitete und das Gesicht auf ihren denimbedeckten Reißverschluss drückte.
«Ist ja gut», wusste sie zu sagen, während sie ihm übers Haar strich. «Warte
nur ab, Baby. Alles wird gut.»
    In seiner
Dankbarkeit schälte er ihr die Jeans herunter und bettete das Gesicht mit
geschlossenen Augen auf ihre Unterhose, dann zog er auch die aus, sodass er
Lippen und glattrasiertes Kinn in ihre kratzigen Haare drücken konnte, die sie,
wie ihm auffiel, für ihn gestutzt hatte. Er spürte, wie eine der Katzen um
Aufmerksamkeit bettelnd auf seine Füße stieg. Muschi, Muschi.
    «Ich will
hier einfach nur rund drei Stunden bleiben», sagte er, ihren Geruch einsaugend.
    «Du kannst
die ganze Nacht da bleiben», sagte sie. «Ich hab nichts vor.»
    Aber da
klingelte sein Telefon in der Hosentasche. Als er es herauszog, um es
auszuschalten, fiel sein Blick auf seine alte St. Pauler Nummer, und vor Wut
auf seine Mutter hätte er das Handy am liebsten zertrümmert. Er spreizte Connies Beine und bearbeitete sie mit der Zunge, grub und grub, suchte sich
mit ihr zu füllen.
    Zur
dritten und beunruhigendsten ihrer Enthüllungen kam es während eines
postkoitalen Zwischenspiels später am Abend. Zuvor abwesende Nachbarn in der
oberen Etage trampelten über dem Bett, vor der Tür jaulten bitterlich die
Katzen. Connie erzählte ihm gerade von dem Zulassungstest, den er schon völlig
vergessen hatte, und ihrer Überraschung darüber, dass die echten Fragen so viel
einfacher waren als die Übungsfragen in ihren Lehrbüchern. Sie fühlte sich
bestärkt darin, sich an Colleges im Umkreis weniger Stunden von Charlottesville zu bewerben, auch am Morton College, das der geographischen
Ausgewogenheit halber Studenten aus dem Mittleren Westen suchte, weswegen sie
nun glaubte, dort angenommen zu werden.
    Joey fand das alles falsch. «Ich dachte, du schreibst dich an der University
of Minnesota ein», sagte er.
    «Das mach
ich vielleicht noch», sagte sie. «Aber ich habe gedacht, wie viel schöner es
wäre, dir näher zu sein, dann könnten wir uns an den Wochenenden sehen.
Vorausgesetzt natürlich, alles läuft gut und wir wollen es dann noch. Meinst du
nicht, das wäre schön?»
    Joey
entwirrte seine Beine aus den ihren und bemühte sich um eine gewisse Übersicht.
«Mag sein», sagte er. «Aber Privatschulen sind doch unglaublich teuer.»
    Das sei
schon richtig, sagte Connie. Aber das Morton habe finanzielle Unterstützung
angeboten, und sie habe mit Carol über ihr Ausbildungskonto gesprochen, und
Carol habe eingeräumt, dass da noch eine Menge Geld drauf sei.
    «Wie viel
denn so?», sagte Joey.
    «Eine
Menge. So fünfundsiebzigtausend. Wenn ich eine finanzielle Unterstützung
bekomme, könnte das für drei Jahre reichen. Und dann gibt's ja noch die
zwölftausend, die ich gespart habe, und jeden Sommer gehe ich arbeiten.»
    «Das ist
ja super», zwang Joey sich zu sagen.
    «Eigentlich
wollte ich warten, bis ich einundzwanzig bin, und dann erst das Geld nehmen.
Aber dann habe ich darüber nachgedacht, was du gesagt hast, und habe
eingesehen, dass ich tatsächlich eine gute Ausbildung haben muss.»
    «Aber wenn
du dich an der Uni einschreiben würdest», sagte Joey, «würdest du eine gute
Ausbildung kriegen und trotzdem noch das Geld haben, wenn du fertig bist.»
    Oben
bellte ein Fernseher los, und das Trampeln ging weiter.
    «Das
klingt ja so, als wolltest du mich nicht in deiner Nähe haben», sagte Connie
neutral, ohne Vorwurf, einfach eine Tatsache benennend.
    «Nein,
nein», sagte er. «Überhaupt nicht. Das könnte potenziell super sein. Ich denke
nur praktisch.»
    «Ich halte
es in dem Haus schon jetzt nicht mehr aus. Und Carol kriegt ja ihre Kinder, und
dann wird alles noch schlimmer. Ich kann da nicht bleiben.»
    Nicht zum
ersten Mal verspürte er einen obskuren Groll gegen ihren Vater. Der Mann war
nun schon einige Jahre tot, und Connie hatte nie eine Beziehung zu ihm gehabt
und kaum je seine Existenz erwähnt, aber für Joey hatte ihn das irgendwie nur
noch mehr zum Rivalen gemacht. Der Vater war der Mann, der als Erster da
gewesen war. Er hatte seine Tochter verlassen und Carol mit einem mietgünstigen
Haus abgefunden, sein Geld aber war weitergeflossen, unter anderem in Connies katholische

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