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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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Zeit der
Niederschrift dieser Seiten, ist sie Abgeordnete in der Parlamentskammer des
Staates New York, die Ehrenwerte Joyce Emerson, bekannt als Fürsprecherin von
Grünanlagen, benachteiligten Kindern und der Kunst. Das Paradies ist für sie
eine Grünanlage, in der sich benachteiligte Kinder aufhalten und auf Staatskosten
künstlerisch betätigen können. Joyce wurde 1934 als Joyce
Markowitz in Brooklyn geboren, aber Jüdin zu sein scheint ihr von Anbeginn
ihres bewussten Lebens an missfallen zu haben. (Die Autobiographin fragt sich,
ob einer der Gründe, warum die Stimme ihrer Mutter immer zittert, der ist, dass
sie sich ihr Leben lang angestrengt hat, bloß nicht wie jemand aus Brooklyn zu
klingen.) Joyce bekam ein Stipendium, um Geisteswissenschaften in den Wäldern
von Maine zu studieren, wo sie Pattys über die
Maßen nicht-jüdischen Vater kennenlernte, den sie in der All Souls Unitarian Universalist Church an der
Upper East Side von Manhattan heiratete. Die
Autobiographin ist der Meinung, dass Joyce für die Mutterrolle emotional noch
nicht reif genug war, als sie ihr erstes Kind bekam, allerdings sollte die
Autobiographin selbst in dieser Hinsicht wohl besser keine Steine werfen. Als
Jack Kennedy i960 zum Präsidentschaftskandidaten der
Demokraten nominiert wurde, hatte Joyce jedenfalls einen so ehrenhaften wie
aufregenden Grund, das Haus, das mit Kindern zu füllen sie an scheinend
nicht vermeiden konnte, Morgen für Morgen zu verlassen. Dann kamen die
Bürgerrechtsbewegung, Vietnam und das Attentat auf Bobby Kennedy - noch mehr gute Gründe, außerhalb jenes Hauses zu weilen, das
für vier kleine Kinder, plus eine barbadische Kinderfrau im Keller, nicht
annähernd groß genug war. Joyce, die sich dem toten Bobby verpflichtet fühlte, nahm 1968 zum ersten Mal als Delegierte an einem
Nominierungsparteitag teil. Sie wurde Bezirksschatzmeisterin und später
Bezirksvorsitzende der Partei und organisierte 1972 und 1980 Teddys Wahlkampf.
Jeden Sommer gingen von morgens bis abends Scharen von Freiwilligen mit Kisten
voller Wahlkampfmaterialien bei ihnen ein und aus. Patty konnte sechs Stunden am
Stück Dribbeln und Liegestütz trainieren, ohne dass irgendjemand es bemerkt
oder sich darum geschert hätte.
    Pattys Vater, Ray Emerson, war Anwalt und ein Amateurhumorist, dessen
Repertoire Furzwitze und gemeine Parodien von Nachbarn, Freunden und den
Lehrern seiner Kinder einschloss. Besonders gern triezte er Patty damit, dass
er die Barbadierin Eulalie nachäffte, wenn diese eben außer Hörweite war:
«Schluss jetzt mit die Spiele, Schluss mit die Quatsch», sagte er dann zum
Beispiel, immer lauter und lauter, bis Patty gekränkt vom Tisch aufsprang und
ihre Geschwister vor Begeisterung kreischten. Grenzenlosen Spaß verhieß es
auch, Pattys Trainerin und Mentorin Sandy
Mosher zu verulken, die er meistens Saaaandra nannte. Ständig fragte er Patty,
ob Saaaandra in letzter Zeit nicht irgendwelchen Herrenbesuch empfangen habe
oder vielleicht, hihi, hihi, doch eher Damenbesuch? Ihre
Geschwister skandierten: Saaaandra, Saaaandra! Eine andere lustige Methode,
Patty zuzusetzen, bestand darin, den Familienhund Elmo zu verstecken und vorzugeben, Elmo sei
eingeschläfert worden, während Patty beim abendlichen Basketballtraining gewesen
sei. Oder Patty wegen bestimmter Irrtümer, die ihr vor Jahren einmal
unterlaufen waren, auf die Schippe zu nehmen - sie etwa zu fragen, wie es denn
den Kängurus in Austrien gehe und ob sie den neuen Roman
der berühmten zeitgenössischen Autorin Louisa May Aleott
schon gesehen habe und ob sie immer noch glaube, Pfif ferlinge
gehörten ins Reich der Tiere. «Ich habe neulich einen von Pattys Pfifferlingen einen Lkw jagen sehen», sagte ihr Vater etwa. «Schaut
mal, schaut mal her zu mir, so jagt Pattys Pfifferling
einen Lkw.»
    An den
meisten Abenden ging ihr Vater nach dem Essen noch einmal aus dem Haus, um sich
mit armen Leuten zu treffen, die er für wenig oder gar kein Geld vor Gericht
vertrat. Sein Büro lag dem Gerichtsgebäude in White Plains gegenüber. Zu den Mandanten, die seine Dienste umsonst in Anspruch
nahmen, gehörten Puerto-Ricaner, Haitianer, Transvestiten und geistig oder
körperlich Behinderte. Manche von ihnen steckten in so schlimmen
Schwierigkeiten, dass er nicht mal mehr hinter ihrem Rücken über sie herzog;
aber soweit es irgend möglich war, fand er ihre Probleme amüsant. In der zehnten
Klasse hörte Patty im Rahmen eines Schulprojekts bei zwei Verhandlungen zu,

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