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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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Rundung ihres Hinterns und
war getränkt von dessen Schweiß. «Auf meinem Treuhandkonto lagen noch
einundfünfzigtausend. Also fast genau das, was du brauchst. Auch das war ein
Zeichen, findest du nicht?»
    Er faltete
den Scheck auseinander, ein Betrag von fünfzigtausend Dollar zahlbar an joseph r.
berglund . Normalerweise war er nicht abergläubisch, aber er musste
zugeben, dass diese Zeichen eindrucksvoll waren. Sie hatten etwas von den
Zeichen, die Geistesgestörte aufforderten: «Töte den Präsidenten SOFORT», oder
Depressiven nahelegten: «Stürze dich SOFORT aus dem Fenster.» Hier nun schien
der drängende, irrationale Imperativ zu lauten: «Vermählt euch SOFORT.»
    Am Grand Central
stand der Verkehr stadtauswärts still, stadteinwärts floss er jedoch reibungslos, das Taxi trieb darin mit, und auch das war ein
Zeichen. Dass sie für ein Taxi nicht hatten Schlange stehen müssen, war ein
Zeichen gewesen. Dass der nächste Tag sein Geburtstag war, war ein Zeichen. Er
konnte sich nicht mehr daran erinnern, in welchem Zustand er bloß eine Stunde
davor, auf dem Weg zum Flughafen, gewesen war. Es gab nur die Gegenwart mit
Connie, und während es sich früher, wenn sie durch einen kosmischen Spalt in
ihre Zwei-Personen-Welt gefallen waren, nur nachts ereignet hatte, in einem
Schlafzimmer oder einem anderen geschlossenen Raum, ereignete es sich nun am
helllichten Tag, unter einer stadtweiten Dunstglocke. Er hielt sie in den
Armen, und auf ihrem schweißnassen Brustbein, zwischen den feuchten Trägern
ihres Tops, lag der Scheck. Eine ihrer Hände drückte flach auf eine seiner
Brüste, als könnte sie Milch geben. Der Erwachsene-Frau-Geruch ihrer
Achselhöhlen berauschte ihn, er wünschte ihn sich viel stärker, merkte, dass
ihre Achselhöhlen für ihn gar nicht genug stinken konnten.
    «Danke,
dass du mit einem anderen gevögelt hast», murmelte er.
    «Es war
nicht leicht für mich.»
    «Ich
weiß.»
    «Also, in
einer Hinsicht war es sehr leicht. Aber in einer anderen nahezu unmöglich. Das
weißt du doch, oder?»
    «Und wie
ich das weiß.»
    «War es
auch schwer für dich? Was auch immer du letztes Jahr gemacht hast?»
    «Eigentlich
nicht.»
    «Weil du
ein Mann bist. Joey, ich weiß, wie es ist, du zu sein. Glaubst du mir das?»
    «Ja.»
    «Dann wird
alles gut.»
    Und das
war es während der nächsten zehn Tage auch. Später sah Joey natürlich ein, dass
die ersten, hormongetränkten Tage nach einer Phase langer Abstinenz nicht
gerade die ideale Zeit waren, um gewichtige Entscheidungen bezüglich seiner
Zukunft zu treffen. Er sah ein, dass er, statt zu versuchen, das untragbare Gewicht
von Connies 50 ooo-Dollar-Geschenk mit etwas
so Schwerem wie einem Heiratsantrag aufzuwiegen, eher einen Schuldschein mit
einem Rückzahlungsplan für Zinsen und Tilgung hätte aufsetzen sollen. Er sah
ein, dass er, hätte er sich von ihr auch nur für eine Stunde getrennt, um
allein spazieren zu gehen oder mit Jonathan zu sprechen, vielleicht eine
nützliche Klarheit und Distanz gewonnen hätte. Er sah ein, dass postkoitale
Entscheidungen weit realistischer waren als präkoitale. In dem Moment jedoch
hatte es kein post- gegeben,
alles war prä-, prä-, prä-, Ihr Verlangen nacheinander kreiste und kreiste Tag
und Nacht wie der Kompressor von Abigails schwer
arbeitender Klimaanlage im Schlafzimmerfenster. Die neuen Dimensionen ihrer
Lust, der Erwachsenenernst, den ihnen ihr gemeinsames geschäftliches
Unternehmen und Connies Krankheit
und Untreue verliehen, ließen ihre vorherige Lust im Vergleich dazu unbedeutend
und kindlich erscheinen. Ihre Lust war so groß und ihr Bedürfnis danach so
abgrundtief, dass Joey, als sie an ihrem dritten Morgen in der Stadt für kaum
eine Stunde nachließ, den nächstbesten Knopf drückte, um mehr davon zu
kriegen. Er sagte: «Wir sollten heiraten.»
    «Dasselbe
habe ich auch gerade gedacht», sagte Connie. «Willst du es gleich machen?»
    «Du
meinst, heute?»
    «Ja.»
    «Ich
glaube, es gibt eine Wartefrist. Irgendeinen Bluttest?»
    «Na, dann
machen wir den eben. Willst du?»
    Sein Herz
pumpte Blut in seine Lenden. «Ja!»
    Aber erst
mussten sie vögeln vor lauter Aufregung, dass sie den Bluttest machen würden.
Dann mussten sie vögeln vor lauter Aufregung, als sie erfuhren, dass sie ihn
gar nicht brauchten. Dann bummelten sie die Sixth Avenue entlang wie zwei, die so betrunken sind, dass es sie nicht
kümmert, was andere von ihnen denken, frischgebackenen Mördern ähnlich, Connie
ohne BH

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