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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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Bucht einer Business Class Lounge ortete. Sie trug eine Sonnenbrille und wurde zusätzlich noch
von einem iPod und der neuesten Ausgabe des Conde Nast
Traveler beschützt. Sie musterte Joey kurz von Kopf bis Fuß, so wie
es jemand machen würde, der bestätigt, dass ein Produkt, das er bestellt hat,
in annehmbarem Zustand eingetroffen ist, nahm dann ihr Handgepäck vom Platz neben
sich und zog - ein wenig widerstrebend, wie es schien - die iPod-Hörer aus den
Ohren. Joey setzte sich, hilflos lächelnd angesichts der Ungeheuerlichkeit, mit
ihr zu verreisen. Nie zuvor war er Business Class geflogen.
    «Was?»,
sagte sie.
    «Nichts.
Ich lächle nur.»
    «Oh. Ich
dachte schon, ich hätte einen shmutz im Gesicht
oder so.»
    Mehrere
Männer in der näheren Umgebung begutachteten ihn finster. Er zwang sich, reihum
jeden niederzustarren, um Jenna als vergeben zu markieren. Es würde anstrengend
werden, merkte er, das jedes Mal, wenn sie in der Öffentlichkeit waren, tun zu
müssen. Manche Männer stierten auch Connie an, schienen in der Regel aber ohne
übermäßiges Bedauern zu akzeptieren, dass sie zu ihm gehörte. Mit Jenna hatte
er schon jetzt das Gefühl, dass das Interesse der anderen Männer von seiner
Gegenwart nicht etwa abgeschreckt wurde, sondern nach Wegen um ihn herum
suchte.
    «Ich muss dich warnen, ich bin ein bisschen brummig», sagte sie. «Meine Periode
ist im Anmarsch, und gerade habe ich drei Tage bei alten Herrschaften verbracht
und mir Bilder von ihren Enkelkindern angesehen. Und außerdem, ist es zu
fassen, muss man in
dieser Lounge jetzt für Alkohol bezahlen. Ich so: Da hätte ich mich auch gleich
ans Gate setzen und mir dort was holen
können.»
    «Soll ich
dir was holen?»
    «Doch, ja.
Ich hätte gern einen doppelten Tanqueray-Tonic.»
    Es schien
ihr und zum Glück auch dem Barmann nicht in den Sinn zu kommen, dass er noch
minderjährig war. Als er mit den Gläsern und einer erleichterten Geldbörse
zurückkehrte, hatte Jenna die Ohrhörer wieder drin und die Nase in der
Zeitschrift. Er fragte sich, ob sie ihn irgendwie mit Jonathan verwechselte, so
wenig Aufhebens machte sie von seinem Eintreffen. Er zog den Roman hervor,
den seine Schwester ihm zu Weihnachten geschenkt hatte, Abbitte, und
bemühte sich, an den Beschreibungen von Zimmern und Pflanzungen ein Interesse
zu entwickeln, doch seine Gedanken waren bei der SMS, die Jonathan ihm am
Nachmittag geschickt hatte: viel spass dabei, den ganzen tag auf einen pferdearsch
zu glotzen. Es war das Erste, was er von sich hören ließ, seit Joey
ihn drei Wochen zuvor präventiv angerufen hatte, um ihm von seinen Reiseplänen
zu erzählen. «Dann läuft für dich ja alles bestens», hatte Jonathan gesagt.
«Erst der Aufstand und dann das Bein meiner Mutter.»
    «Es ist ja
nicht so, dass ich gewollt hätte,
dass sie sich das Bein bricht», hatte Joey gesagt.
    «Nein,
bestimmt nicht. Bestimmt hast du gewollt, dass die Irakis uns mit Blumenkränzen willkommen heißen. Bestimmt findest du es sehr
bedauerlich, wie beschissen sich alles entwickelt hat. Nur eben nicht
bedauerlich genug, um nicht auch noch abzukassieren.»
    «Was
sollte ich denn tun? Nein sagen? Sie allein fliegen lassen? Sie ist wirklich
ganz schön deprimiert und freut sich richtig auf die Reise.»
    «Und
Connie versteht das ja bestimmt. Bestimmt hast du dafür ihren Segen.»
    «Wenn dich
das was anginge, würde ich dich eventuell mit einer Antwort beehren.»
    «Hey,
weißt du was? Es ist absolut meine Angelegenheit, falls ich sie in dieser Sache
belügen muss. Ich muss sie auch schon wegen meiner Meinung zu Kenny Barties belügen, wenn ich mit ihr spreche, weil du ihr Geld genommen
hast und ich nicht will, dass sie sich Sorgen macht. Und jetzt soll ich schon
wieder lügen?»
    «Wie
wär's, wenn du nicht dauernd mit ihr sprichst?»
    «Das ist
nicht dauernd, du Arschloch. Im letzten Vierteljahr habe ich ungefähr dreimal
mit ihr gesprochen. Sie betrachtet mich als Freund, ja? Und anscheinend können
ganze Wochen vergehen, ohne dass sie von dir hört. Also, was soll ich tun?
Nicht abnehmen, wenn sie anruft? Sie ruft mich an, um etwas über dich zu
erfahren. Was ja wohl ein bisschen schräg ist, oder? Schließlich ist sie deine
Freundin.»
    «Ich fahre
nicht nach Argentinien, um mit deiner Schwester zu schlafen.»
    «Ha. Ha.
Ha.»
    «Ich
schwöre bei Gott, ich fahre als Freund mit. In dem Sinne, wie Connie und du
Freunde seid. Weil deine Schwester deprimiert ist und ich eben gern mitfahre.
Aber

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