Franziskus, der neue Papst (German Edition)
ZUR WAHL VON PAPST FRANZISKUS
D ie Wahl von Jorge Mario Bergoglio hat die Welt überrascht. Die Gläubigen auf dem Petersplatz brauchten einige Zeit, ehe sie realisierten, wer ihr neuer »Heilige Vater« sein würde. Anfangen konnten die wenigsten mit seiner Person etwas, und das, obwohl er vor acht Jahren bei der letzten Papstwahl die zweitmeisten Stimmen auf sich vereinen konnte. Umso interessanter sind die Einschätzungen von Weggefährten oder auch Kardinälen, die diesen Papst gewählt haben. Die dabei waren, als er seine Mitbrüder in den Generalkongregationen begeisterte. Kardinäle wie Reinhard Marx oder Joachim Meisner haben erzählt, welche Eigenschaften sie an dem Neuen beobachten konnten. Zu Wort haben sich natürlich auch Politiker gemeldet, die Staatsoberhäupter gratulierten dem Oberhaupt der Kirche. Eine Auswahl prominenter Gratulanten und Persönlichkeiten, die die Person und den Charakter des neuen Papstes näherbringen, soll hier gezeigt werden.
Reinhard Kardinal Marx (Erzbischof von München und Freising):
Mich hat die Entscheidung Bergoglios für den Namen Franziskus sehr beeindruckt. Wir waren alle sehr überrascht. Wenn man den heiligen Franz von Assisi als Leitfigur seines Pontifikats aussucht, dann hat er den Heiligen der Armut gewählt, der Erneuerung der Kirche. Für Europa bedeutet das erst einmal, wir sind nicht allein Kirche in Europa, sondern die Weltkirche ist größer als Europa. Das ist sehr wichtig, und es ist auch wichtig, dass wir von Europa aus auf die anderen Kontinente blicken. Da ist Lateinamerika von außerordentlicher Bedeutung. Auch Nordamerika, aber es gibt viele europäisch-amerikanische Verbindungen – auch durch die nicht immer leichte Geschichte der Eroberungen, die bitter war; es gibt auch eine Leidensgeschichte zwischen Amerika und Europa, und es gibt eine Einwanderungsgeschichte, für die der neue Papst auch steht, die Eltern stammen aus Italien. Es gibt viele Beziehungen zwischen Lateinamerika und Europa, und das wird vielleicht auch noch einmal deutlich, wenn ein Papst aus Lateinamerika hier in Rom Bischof von Rom wird. Ich finde das wunderbar, großartig!«
(Domradio, AZ, Radio Vatikan)
Karl Kardinal Lehmann (Bischof von Mainz):
»Ich war eigentlich ganz froh, dass es fast so aussah in den letzten Tagen, also ob man Bergoglio eigentlich vergessen hätte. Über ihn war nicht so viel die Rede wie von anderen. Das ist immer ganz interessant, es gibt immer ein Auf und Ab. Erst in den letzten zwei oder drei Tagen spürte man – auch durch die Art und Weise, wie er geredet hat –, dass da Potenz hinter steckt. Ich war dann zwei Plätze neben ihm gesessen und habe ihn bewundert, mit welcher Ruhe er den ganzen Tag alles hat über sich ergehen lassen. Und dann geht ein Mann durch die Türe und kommt nach einer halben Stunde als Papst in Weiß gekleidet wieder heraus. Und er weiß sich sofort zu benehmen. Weiß sofort die richtige Sprache, das hat mir sehr imponiert. Das erste Umwerfende war natürlich, dass der erste Jesuit als Papst auf die Frage nach seinem Namen sagte: ›Franziskus, in Erinnerung an Franz von Assisi. ‹ Das war natürlich eine eigene Marke, die sichtbar geworden ist. Bevor er die Kardinäle im Einzelnen begrüßt, hat er entdeckt, dass ganz hinten ein behinderter kränklicher Mitbruder aus Indien sitzt – Kardinal Ivan Dias –, der auch hier schon in Rom gewesen ist in der Missionsabteilung. Da ist er extra zu ihm hin, hat ihn als Ersten begrüßt und das war ein wichtiges Zeichen. Er war außerordentlich unkompliziert und dabei sind die Gesten sehr individuell und expressiv. Sodass ich glaube, dass er sich nicht schwertun wird mit den Menschen.«
(Radio Vatikan)
Joachim Kardinal Meisner (Erzbischof von Köln):
»Da fragt man die, die Bescheid wissen, und kommt ins Gespräch – und dann sagt man: Tatsächlich! Das ist der Richtige! Ich habe mir das natürlich vorher anders vorgestellt; man geht ja mit irgendwelchen Vorstellungen hinein. An den Kardinal Bergoglio habe ich nicht gedacht. Doch siehe da … Das ist ja das Schöne, dass wir eigentlich nicht die Macher sind, wir sind eigentlich nur so die ausführenden Organe. Jetzt können wir sagen: Die Arbeit war gut, wir haben einen Papst! Und es ist eigentlich ein gutes Zeichen, dass er ganz anders ist, als ich ihn mir vorgestellt hätte! Ich glaube, die meisten, die aus dem Konklave herausgekommen sind, werden sagen: Das hätten wir nicht gedacht! Der ist uns wirklich geschenkt, und
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