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Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Englisch
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allein schon die Umstände des Rücktritts Casarolis: Er sollte der einzige Kardinalstaatssekretär des 20. Jahrhunderts sein, den der Papst nicht bat, im Amt zu bleiben, nachdem er die Altersgrenze erreicht hatte.
    Der Kurs der totalen Konfrontation setzte sich schließlich durch. Die Polenreisen des Papstes, der Aufstieg der Solidarno ść -Gewerkschaft, der erste Runde Tisch des Ostblocks, der in Warschau gestanden hatte, und schließlich der Fall der Berliner Mauer waren auch ein Triumph der Politik Papst Johannes Pauls II . Er hatte gewonnen, aber er hatte nur deswegen gewinnen können, weil er die Kurie in Schach gehalten und – wenn nötig – auch mal zusammengebrüllt hatte.
    Mit seiner großen Autorität als Papst hatte Wojtyła mit dazu beigetragen, das Riesenreich Moskaus niederzuringen. Aber das hat ihm auch massive Kritik eingetragen. Weltweit rebellierten die Bischöfe gegen diesen starken Papst. Sie forderten mehr Mitbestimmung. Der Begriff »Kollegialität« wurde zum geflügelten Wort der Kritik an Papst Johannes Paul II . Die Bischöfe warfen ihm vor, alles an sich zu reißen und den Kirchen vor Ort jeden Handlungsspielraum zu nehmen. Die Kurie wagte nach Jahrzehnten der Unterdrückung durch den Papst nicht mehr aufzumucken. Sogar in extremen Fällen setzte sich Johannes Paul II . noch durch, selbst dann, als er schon schwer krank war, und auch wenn die komplette Kurie gegen ihn war, wie im Mai 2001. Er wollte als erster Papst der Geschichte in einer Moschee beten, der Umayyaden-Moschee in Damaskus. Die Kardinäle wollten nicht, dass ein Papst in einer Moschee betete. Das war aber nicht das einzige Problem: Das saudische Königshaus, das sich als Beschützer der heiligen Stätten des Islam sah, wollte das auch nicht. Karol Wojtyła setzte sich trotzdem durch mit einem Trick. Denn schließlich stand die Moschee über dem mutmaßlichen Schrein, der den Kopf Johannes des Täufers bergen soll.
    Es ist jedoch keineswegs die Wucht der Wirkung des Pontifikates Johannes Pauls II ., nicht seine Stärke, die eine Vorentscheidung bei der Wahl von Papst Franziskus herbeigeführt hat, es ist vielmehr der unglaubliche Kontrast zu Johannes Pauls II . Nachfolger. Allein schon ihre ersten Worte, das Motto des jeweiligen Pontifikates, hätten unterschiedlicher nicht sein können. Kurz nach seiner Wahl verkündete Johannes Paul II .: »Non abbiate paura.« (Habt keine Angst.) Die Menschen in Rom hatten damals den Eindruck, dass die ganze Christenheit hinter dem breiten Kreuz des Papstes Zuflucht nehmen könne und dass dieser Papst sie allesamt, die mehr als eine Milliarde Katholiken auf dieser Welt, verteidigen werde. Natürlich galt diese Botschaft in besonderem Maße den Menschen hinter dem Eisernen Vorhang. Karol Wojtyła wollte ihnen sagen, dass er sie nicht vergessen werde, nur weil er jetzt Bischof von Rom war. Dieses »Habt keine Angst« sollte sich als so wirkungsmächtig erweisen, weil es den Katholiken im Osten Europas Mut machte, gegen die Diktaturen in ihren Ländern aufzustehen.
    Wie anders kam dagegen dieser Joseph Ratzinger in seiner ersten Ansprache daher: Er sei nur ein »einfacher Arbeiter im Weinberg des Herrn«. Kein Wort mehr davon, dass die Katholiken keine Angst mehr zu haben brauchen – wie sollte auch der einfache Arbeiter Ratzinger im Weinberg des Herrn sie verteidigen können! Dass das Pontifikat von Benedikt XVI . von Anfang an verfahren war, hatte seinen Grund unter anderem auch darin, dass der wichtigste Mann an seiner Seite, Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano, ihm seine politische Unfähigkeit für den Fall eines EU -Beitritts der Türkei öffentlich bescheinigt hatte. Von Anfang an hält sich dieser Papst aus der Politik heraus. Die Herren vom Staatssekretariat können es kaum fassen, es ist wie eine Wiederauferstehung. Sie sind auf einmal wieder da, sie spielen auf einmal wieder eine Rolle.
    Die Vorentscheidung für das politische Scheitern seines Pontifikates trifft Benedikt XVI . im Frühjahr des Jahres 2006. In all den Jahren im Vatikan hat er sich nur zwei wirkliche Freunde geschaffen, auf die er sich bedingungslos verlassen kann: seinen ehemaligen Sekretär Don Joseph Clemens und seinen langjährigen Mitarbeiter aus der Glaubenskongregation Tarcisio Bertone. Bertone ist Salesianerpater, er kennt sich aus mit der Pastorale, er weiß, dass man mitklatscht, wenn Jugendliche einen Gottesdienst feiern. Er hatte sich in der Glaubenskongregation verdient gemacht, aber er hatte von

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