Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
einen sollte man nicht mehr von der Leine lassen.«
»Da hast du recht«, stimmten ihr die beiden anderen zu.
Alles, was ich will
Als Oruela in Paris ankam, fühlte sie sich erschlagen und erschöpft. Sie ging die Treppe hinauf und überließ es Euska, die Post zu holen. Nachdem sie die Wohnungstür geöffnet hatte und ins Wohnzimmer ihrer Mutter gegangen war, wurde ihr auf einmal bewusst, wie sehr sie diese Wohnung hasste. Sie stand für ein Leben, das sie verpasst hatte, eines, das sich nicht ersetzen ließ. Sie traf eine Entscheidung und beschloss, auszuziehen. Sie würde sich eine Arbeit suchen und dieses schreckliche Verlustgefühl abschütteln, das sie in diesen Räumen überkam.
»Du hast einen Brief bekommen«, sagte Euska, als sie das Zimmer betrat. »Aus Biarritz.«
Oruela ging in ihr Zimmer und riss den Umschlag auf. Sie machte es sich auf dem Sessel neben dem Fenster bequem und las. Er wirbelte einiges in ihr auf. Als sie seinen Namen auf der letzten Seite sah, wo sie natürlich zuerst nachsah, machte ihr Herz einen Sprung, und sie hoffte auf gute Neuigkeiten. Doch je länger sie las, desto wütender und trauriger wurde sie. Wenn ihr Charme und die Liebe, die sie zwischen ihnen gespürt hatte, nicht ausreichten, um ihn von seinem Verantwortungsgefühl in Bezug auf eine tote Beziehung zu erlösen, was konnte sie dann noch tun? Was brachte es ihr zu warten? Nur ein nettes Mädchen würde warten, und sie fühlte sich nicht wie eins. Sie fühlte sich verraten. Sie warf den Brief auf den Tisch und ließ ihn dort liegen. Beim Abendessen teilte sie Euska mit, dass sie sich eine eigene Wohnung suchen und wieder Modell stehen wollte, um die Miete bezahlen zu können.
Euska hielt das für eine gute Idee. »Aber du musst dir keine Arbeit suchen«, sagte sie. »Ich kann dir Unterhalt zahlen. Bitte lass mich das tun, dann hast du Zeit, um dich zu entscheiden, was du wirklich machen möchtest.«
Dieses Angebot ließ sich kaum ausschlagen. Warum arbeiten, wenn man es vermeiden konnte? Am nächsten Morgen stand Oruela früh auf, um auf Wohnungssuche zu gehen.
Der nette junge Portier hielt sie auf, als sie gerade gehen wollte. Es war noch ein Brief für sie gekommen. Als sie Pauls Handschrift erkannte, ging es ihr gleich besser. Das war ein gutes Zeichen. Sie steckte den Brief in ihre Manteltasche.
Sie sah sich eine Wohnung an, für die sie eine Anzeige in der Zeitung gesehen hatte, doch die gefiel ihr nicht. Dann las sie den Brief bei einem Kaffee in ihrem Lieblingscafé.
Er schrieb ihr, wie das Rennen ausgegangen war, berichtete von Kim und dass er in etwa einer Woche in Paris ankommen würde. Ferner hoffte er, sie dann besuchen zu dürfen.
Lächelnd schob Oruela den Brief wieder in den Umschlag und trank ihren Kaffee aus. Ja, dachte sie, du darfst mich besuchen. Aber du wirst dich sehr anstrengen müssen, wenn du mehr willst.
Als sie wieder in der Wohnung war, holte sie den ersten Brief hervor und las ihn erneut. Sie konnte seine Stimme hören, als sie die Worte las, und sein Gesicht sehen. Es war alles echt, das wurde ihr jetzt klar, als ihre Wut langsam verflog. Er hatte es tatsächlich bis zum bitteren Ende mit Renée ausgehalten, bis er sie ehrenhaft verlassen konnte. Ein solcher Mann würde immer da sein, sich im Schatten halten, während seine Frau ihre eigenen Fehler beging, darauf hoffend, dass es nicht zu viele waren, so ein Mann würde einen sein Leben leben lassen … So einen Mann konnte man heiraten.
Etwa zehn Minuten später erwachte sie aus einem angenehmen Tagtraum und schlug die Hände vor den Kopf. Ihr war klar, dass sie an der Angel saß. Bleib ganz ruhig, sagte sie sich. Du wirst dich nicht so ohne Weiteres einfangen lassen.
Mit der Nachmittagspost kam noch ein Brief, dieses Mal von Kim, die besorgt war, dass Oruela Paris verlassen haben könnte und nicht mehr da wäre, wenn sie ankam. Sie fragte das nur ungern, hoffte jedoch, eine Weile bei ihr unterkommen zu können. Sie brauchte einen Ort, an dem sie für gewisse Zeit untertauchen konnte. Sie hatte die Idee aufgegeben, direkt zurück in die Karibik zu fahren, weil das nächste Schiff mit einer karibischen Crew erst in sechs Wochen ablegen würde. Da Paul nach Paris ging, wollte sie sein Angebot annehmen und ihn begleiten.
Oruela berichtete das alles Euska, die Kim nur zu gern aufnehmen wollte. Sie schlug außerdem vor, Paul einzuladen, bis er eine eigene Wohnung gefunden hatte. Das hielt Oruela für keine gute Idee. »Wie soll ich
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