Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
seitdem sie nach Paris gekommen war, und sie war erneut wütend auf Paul, dass er sie so lange hatte warten lassen. Sie suchte die Adresse des Poeten heraus und besuchte ihn.
Es war ein seltsamer Nachmittag. Er sprang sie nicht gerade an. Vielleicht spürte er, dass sie nicht wirklich auf Sex aus war. Stattdessen rauchten sie Haschisch und sprachen über die Liebe. Seine Ansichten waren Euskas nicht unähnlich. Frauen wussten viel mehr darüber, wie Menschen tickten, sagte er, zumindest im Allgemeinen. »Einige natürlich nicht, und manche Männer tun es ebenfalls.« Er hing seinen Gedanken nach.
Oruela zog einen Band von Baudelaire aus dem Bücherregal und las Gedichte, die ihre Sinne zu erweitern schienen. »Leih es dir aus«, sagte er. »Bring es mir demnächst wieder vorbei.« Sie las es in den Tagen danach und fing dann selbst an zu schreiben. Ihre Zeilen kamen ihr kindisch vor, und sie warf sie weg.
An dem Tag, an dem Paul und Kim ankommen sollten, regnete es. Schon beim Aufstehen war Oruela nervös. Die beiden fuhren nachts, damit Kim nicht gesehen wurde. Endlich sah sie so gegen zehn Uhr einen Wagen im strömenden Regen vorfahren. Paul stieg aus und schlug den Kragen seines Regenmantels hoch. Sie sah seine vertraute Gestalt, sein Haar, seine Schultern. Ihr Herz jubilierte, und ihr Bauch kribbelte.
Kim wartete nicht, dass er ihr aus dem Wagen half. Sie stieg aus und streckte sich. Paul legt seine Hand auf ihren Rücken und führte sie ins Gebäude. Etwas an ihrer Körpersprache machte Oruela nervös.
Sie rannte ins Schlafzimmer und zog das Kleid an. Sie sah umwerfend aus. Das lag nicht nur an dem Kleid. Ihre Haut strahlte, ihre Augen glänzten, ihr Mund sah aus wie zum Küssen gemacht.
Ernesto öffnete die Tür, und sie kamen herein. Kim lief zu ihr und umarmte sie als Erste, während Paul Euska auf die Wange küsste und Ernestos Hand schüttelte. Dann kam er ins Wohnzimmer, in dem Kim und sie standen. Falls Oruela bis dato noch Zweifel geplagt hatten, was sie für ihn empfand, dann stellte sie in diesem Moment erleichtert fest, dass in ihrem Inneren alles zu vibrieren schien, als wäre dort ein Geist eingesperrt, der herausgelassen werden wollte.
Er kam zu ihr.
»Hallo«, sagte er.
»Hallo«, erwiderte sie.
Dann standen sie einander eine gefühlte Ewigkeit gegenüber und sahen sich an. Doch es war keine Ewigkeit, es waren gerade mal Sekunden. Das Dienstmädchen kam, um ihm den Mantel abzunehmen, und der Zauber war gebrochen.
Als sie durch die Wohnung gingen, sie ihm sein Zimmer zeigte, Kaffee bestellte und sich mit verschränkten Beinen auf das Sofa setzte, war ihr deutlich bewusst, dass er sie die ganze Zeit ansah.
Euska fiel es ebenfalls auf, und sie sorgte dafür, dass die beiden nie alleine waren.
»Was ist los?«, fragte Ernesto leise, als sie im Schlafzimmer waren. »Soll ich dir nicht beim Packen helfen?«
»Das ist viel wichtiger«, sagte Euska und schob ihn in Richtung Wohnzimmer.
An diesem Abend, als sie im Bett lagen, erzählte Oruela Kim von ihrem Plan, vorerst zu bleiben und dann mit Paul in die kleine Wohnung zu ziehen. »Du kannst hierbleiben, solange du möchtest«, sagte sie. »Euska und Ernesto kommen erst im nächsten Frühling wieder.«
»Danke«, erwiderte Kim. »Dann habe ich ein wenig Zeit. Ich bezweifle, dass es dir schwerfallen wird, das zu bekommen, was du willst. Es ist ihm wirklich sehr ernst mit dir.«
»Aber es muss auf die richtige Weise passieren. Ich will nicht wieder so lange warten müssen. Es muss auf meine Art passieren.«
Kim grinste. »Schön für dich.«
Oruela überlegte, Kim zu fragen, ob zwischen ihnen etwas vorgefallen war, aber sie entschied sich dann doch dagegen.
Paul lag in seinem Bett im Nachbarzimmer und dachte nach. Er mochte verliebt sein, aber er war nicht dumm. Er durchschaute Euskas Manöver und vermutete, dass es eine milde Strafe dafür war, dass er sich all die Wochen nicht gemeldet hatte. Jede Frau, die er kannte, fand, dass er falsch gehandelt hatte, und tief in seinem Inneren wusste er, dass sie recht hatten. Er ließ sich die Fakten durch den Kopf gehen. Wenn sie ernsthaft beleidigt wäre, dann würde sie ihn nicht bei sich wohnen lassen, oder? Da er im Nebenzimmer schlafen dufte – allein bei dem Gedanken bekam er eine Erektion –, ging er davon aus, dass sie ihn nur zappeln ließ. Er hoffte, dass es nicht zu lange dauern würde.
Die nächsten Tage waren eine intensive Mischung aus Glück und Frustration für sie beide. Sie
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