Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
ihr, dass sie wunderbar wäre, und sie fühlte sich auch so. Er holte zwei Stück Schokolade aus seiner Tasche.
»Hier«, sagte er. »Eins ist für dich.«
»Wo hast du die her?«, fragte sie erstaunt.
Er sah sie mit seinen tiefblauen Augen an, und sie verrieten ihr, dass diese Geste dieselbe Bedeutung hatte, als wäre er an einem Tag nach Russland und wieder zurück geflogen, nur um ihr den besten Kaviar der Welt zu besorgen. Dann tippte er sich mit einem Finger an seine beeindruckende Nase und biss in die Schokolade.
»Du solltest deine lieber essen«, forderte er sie auf und leckte sich die Lippen.
Aber sie konnte es nicht, weil ihr Mund so trocken war. Sie wünschte sich vielmehr, dass er in ihre Haut beißen würde. Das schien er zu wissen. Er grinste, nahm ihr die Schokolade aus der Hand und brach ein kleines Stück ab. Das steckte er ihr in den Mund, wobei er ihre Lippen mit seinen langen, schmalen Fingern berührte.
Sie arbeitete in der Bibliothek und dachte an ihn. Andere Insassen kamen herein und schienen ihren Charme ebenfalls zu bemerken. Sie flirteten wie verrückt mit ihr, Männer und Frauen gleichermaßen. Pierre sagte ihr, dass die Bibliothek auf einmal viel häufiger besucht wurde und es sich herumsprechen würde. Aber keiner von ihnen war so geschickt wie Caspar. Sie alle wurden irgendwann dabei erwischt, wie sie sich mit ihr in einem der Gänge unterhielten.
Dann öffnete Gerard eines Tages die Türen, und wie üblich drängte die Meute, die sich davor versammelt hatte, herein. Das Licht im Freien sah beinahe weiß aus. Die Wolken hingen hoch am Himmel und bildeten einen lockeren Teppich, und das Licht schmerzte in den Augen. Dennoch war die Silhouette unverkennbar. Die letzte. Groß und dunkel vor dem Himmel. Sie erkannte ihn sofort. Sie spürte ihn. Er wirkte auf sie bis hinab in die geheimen Bereiche ihrer Seele.
Er kam direkt auf sie zu. Sein Gesicht war undurchdringlich, doch seine Augen gehörten ihr, und zwar ihr allein. Sie glaubte, dass jeder in ihrer Nähe die sexuelle Spannung zwischen ihnen spüren musste. Aber nein. Gerard der Wärter knurrte die Schlange vor sich wie immer missmutig an.
»Kannst du mir das System erklären?«, bat Caspar. »Ich möchte mir die Regale mit Literatur ansehen, bin aber noch nie hier gewesen.«
Ein oder zwei Insassen bemerkten etwas, aber sie machten ihm Platz, ohne sich zu beschweren.
Oruela kam hinter dem Tresen hervor, wobei ihre Knie zitterten, und forderte ihn auf, ihr zu folgen. Sie fanden einen Gang, in dem sich sonst niemand aufhielt.
»Ich habe dich gefunden«, flüsterte er. »Jetzt kann ich dich jeden Tag sehen.« Dann stellte er sich dicht vor sie und berührte zärtlich ihr Gesicht.
»Sei vorsichtig!«, wisperte sie.
»Ich weiß, was ich tue«, erwiderte er. »Das Geheimnis ist, dass man es direkt vor ihrer Nase tun muss.«
Sie wusste, dass er sie küssen wollte. Sie wünschte es sich so sehr. Er senkte den Kopf und berührte ihre Wange mit den Lippen. Dann roch er an ihrem Haar. Es war die verzweifelte Geste eines Mannes, der in der Wüste Wasser entdeckt, und schnell wieder vorbei. Sie hatten keine Zeit für Romantik. Seine Sinne nahmen alles von ihr in sich auf. Sie berührte den Jungen in ihm und spürte es zum ersten Mal, dieses sanfte Verlangen nach dem Jungen, der sich unter dem Mann verbarg, den die Geschichte und das raue Leben geprägt hatten. Es war fast so, als würde er auf der Stelle kommen. Sie hätte ihn zu gern gespürt, aber es war verboten.
An jedem Tag, an dem sie nicht zum Arzt musste, kam er in die Bibliothek. Sie begann, nach einer Nische, einem Schrank, einer Ecke zu suchen, in der sie vor den Augen der anderen versteckt wären und zusammen sein konnten. Er hatte seinen Körper gegen ihren gedrückt, und sie hatte seine Konturen, seine Masse gespürt.
Worte wurden zu Liebkosungen. Sie sprachen flüsternd miteinander über die Welt, über die Bücher, die sie gelesen hatten, und jedes Wort war voller Leidenschaft. Er lehrte sie, ein Buch nach dem anderen zu lesen, sodass sie sich in eine Richtung weiterbildete und nicht abschweifte. Auf diese Weise bekam er ihren Verstand und ihre Seele. Nur ihr Körper gehörte ihm nicht. Doch eines Tages würde es so weit sein, das versprach er ihr.
In der Zwischenzeit, und vor allem sonntags, wenn alles geschlossen hatte und sie in ihrem Flügel festsaß, fragte sie sich, warum sie nichts von Jean gehört hatte. Es war nicht nur so, dass Jean schwieg, sie bekam auch
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