Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
Daumen in die Höhe. Dann brachten sie das Gitter wieder an. Kim zog sich an, und sie krochen nach draußen. Nachdem sie auch das Außengitter wieder befestigt hatten, gingen sie zurück zum Frauenflügel, wobei Kim wie ein glorreicher Feuerdämon Dampfschwaden hinter sich herzog.
Während sie darauf warteten, dass die Wärter ihnen das Tor öffneten, sagte Marthe: »Du blöde Kuh.« Kim grinste sie bloß an. Nach einer Minute meinte sie: »Es tut mir leid, Marthe. Ich konnte nicht anders.«
Marthe grinste.
Paul hatte durch pures Glück die Erlaubnis erhalten, Oruela zu besuchen. Nun war der Tag gekommen, und er stand vor dem Spiegel und fragte sich, ob sein Hemd auch die richtige Farbe hatte. Renée sah ihm vom Bett aus zu. In den letzten Tagen hatte ihre unterwürfige Haltung einige Risse bekommen, die von Tag zu Tag größer wurden.
»Was machst du denn für einen Aufstand?«, fauchte sie ihn an.
Er wusste verdammt gut, warum er so einen Aufstand machte. Es lag daran, dass er Oruela sehen würde. Falls es je einen Zweifel gegeben hatte, so war dieser ausgeräumt. Er gab Renée keine Antwort, sondern sah sie nur über die Schulter hinweg an. Ihr kurzes braunes Haar war zerzaust, und sie griff nach einer Zigarette. Sie wirkte zerbrechlich, und man konnte ihre Rippen unter der Haut sehen.
»Fahr mich raus nach St. Trou«, sagte er.
»Ist das ein Befehl?«, erwiderte sie und sah ihn fragend an.
»Ja«, erwiderte er so herrisch, wie er nur konnte. Warum nicht?, dachte er. Er wollte nur ungern mit dem Zug fahren.
»Na gut«, sagte sie und lächelte.
Während er darauf wartete, dass sie sich anzog, ging er in die Dunkelkammer und sah sich die Fotos an, die er in der Nacht zuvor entwickelt hatte. Es waren die Aufnahmen, die er im Badezimmer der Bruyeres gemacht hatte. Sie waren alle verschwommen, was er nicht begreifen konnte.
Er wühlte in einer Schublade herum und holte einige Fotos von einer glücklichen Familie heraus. Seine Schwester Marguerite wohnte in der Nähe von St. Trou, und er wollte ihr die Bilder vorbeibringen.
»Was meinst du?«, rief Renée. Sie stand in der offen stehenden Tür der Dunkelkammer und trug eine senffarbene Kniebundhose aus Seide, eine weiche karierte Jacke und ein vanillefarbenes Hemd mit Krawatte. Sie schlug die Hacken ihrer braunen Herrenschuhe zusammen und salutierte.
»Wir fahren in ein Gefängnis, verdammt noch mal«, erwiderte er wenig galant.
Sie sah ihn fragend an.
Er wusste, dass er das Spiel nicht richtig spielte, weil er andere Dinge im Kopf hatte. »Zieh dich gesetzter an«, fuhr er fort. »Und bring mir einen Kaffee.«
»Hol ihn dir doch selbst«, entgegnete Renée und zog die Jacke aus.
Eine Stunde später stand er wartend auf dem Hof der Garage in der Avenue de la Marne, während sie mit dem Gehilfen zu einer der kleinen grünen Garagen ging. Er fuhr den Wagen heraus und reichte Renée die Schlüssel. Ihr Wagen war ein Panhard-Lavassor, flach, dunkelgrün und mit Weißwandreifen. Die Speichen glänzten im Sonnenlicht.
»Spring rein«, rief Renée.
Aber Paul hatte etwas gesehen. Der glänzende schwarze Hispano-Suiza war eben vorgefahren. Raoul stieg aus und schraubte den Tankverschluss auf.
Renée warf die Schlüssel auf den Vordersitz und fragte ihn, ob er den ganzen Tag da rumstehen wolle.
»Sieh mal«, meinte er und deutete auf den Hispano-Suiza.
»Wunderschön«, erwiderte sie. »Das ist der H6. Van-Buren-Karosserie und Vierradbremsen. Er hat eine 18,5-Liter-Maschine, weißt du. Die Motoren werden zweieinhalb Jahre lang patiniert.«
»Der Chauffeur«, meinte Paul. »Das ist derselbe Wagen, den ich auch vor dem Friedhof in Bayonne gesehen habe.« Aber ihm hörte niemand mehr zu. Renée war bereits auf den Hispano-Suiza zugeeilt.
Paul sah, wie Raouls Gesicht sanfter wurde, als er Renée erblickte. Offensichtlich hielt er sie für einen gut aussehenden jungen Mann, womit Paul wusste, dass er sich hinsichtlich der sexuellen Orientierung des Chauffeurs nicht getäuscht hatte.
Er ging zu den beiden hinüber. Raoul warf Paul einen zickigen Blick zu und sagte dann, dass er spät dran sei und losmüsse.
Die Straße, die aus der Stadt herausführte, wand sich durch das Tal der Nive. Jenseits von Bayonne begann der Wald, ein grüner Korridor, der bis zum Fuß der Berge reichte. Die frischen jungen Blätter leuchteten wie Buntglas über ihren Köpfen. Nach etwa einer Stunde bogen sie auf Pauls Bitte hin ab und tranken vor einer Bar in einem kleinen Dorf einen
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