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Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)

Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)

Titel: Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angel Strand
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Ihnen. Sie müssen sich keine Sorgen machen«, erklärte der Arzt.
    »Wogegen denn?«, erwiderte Paul. »Wie lautet Ihre Diagnose?«
    »Tja«, entgegnete der Arzt. »Ich erstelle keine Diagnose im herkömmlichen Sinne des Wortes. Sagen wir einfach … Nun ja, eine derart promiskuitive Frau wie Ihre Nichte ist vermutlich zu allem fähig, sogar zu Mord. Andererseits ist sie eine Vorzeigepatientin, seitdem sie hier ist. Sie macht keinerlei Probleme und ist so keusch wie eine Nonne.«
    Paul kämpfte gegen eine Woge des Ekels an, der in ihm aufstieg. »Ist sie eines Verbrechens angeklagt?«, fragte er.
    Der Arzt schniefte. »Es steht mir nicht zu, die rechtlichen Vorgänge dieses Falls zu besprechen«, antwortete er. »Meine Aufgabe ist es, die Patientin zu beobachten. Im Moment weiß ich nur, dass Mademoiselle Bruyere hier ist, weil es ihre Mutter für das Beste hält. Es obliegt der Polizei zu entscheiden, ob und wie sie weiter vorgeht.«
    So langsam war Paul das Gespräch leid. Er wollte viel lieber Oruela sehen. Inzwischen saß er schon fast auf der Stuhlkante.
    »Aber genug davon«, fuhr der Arzt fort. »Möchten Sie meine neueste Erfindung zur Heilung des Geistes sehen, Monsieur Phare? Ich würde diese Gelegenheit gern nutzen, um sie einem kultivierten Mann zu zeigen. Wie ich schon sagte, haben wir hier nicht viele Besucher. Die Menschen interessieren sich …«
    Paul fiel ihm ins Wort. »Das würde ich gern«, meinte er. »Nachdem ich Oruela gesehen habe.«
    »Natürlich«, erwiderte der Arzt. »Entschuldigen Sie mich für einen Moment.« Als er in dem mit Büchern vollgestellten Büro des Arztes alleine war, konnte Paul nicht mehr stillsitzen. Er trat ans Fenster. Die Reihe der Zellenfenster im Nachbarblock sah ihn an, als wären es eingekerkerte Augen, und Angst wallte in Pauls Brust auf. Er fürchtete sich fast davor, sie zu sehen. Was hatte dieser Ort aus ihr gemacht?
    Als Oruela aufgefordert wurde, nach unten zu kommen, versuchte sie gerade ihre Haaren zu richten. Sie kämmte sie mit einer Bürste vor einem alten Stück Blech, das sie als Spiegel benutzte. Sie hatte Angst davor, Paul zu sehen. Sie fühlte sich wie ein ungelenker Teenager. Was würde er jetzt von ihr halten? Diese Unsicherheit hatte sie nicht mehr verlassen, seitdem er per Brief seinen Besuch angekündigt hatte, und Kim hatte sie ständig deswegen geneckt.
    Sie hatte beschlossen, ihre Männerhose zu tragen. Sie hatte sie im Schritt wieder zugenäht, und sie saß sehr knackig an ihrem Hintern, aber sie hasste sie. Sie hatte den Gürtel so eng gezogen, dass er ihre Taille einzwängte, aber wenigstens hatte sie eine Taille. Ihr Hemd war frisch gebügelt, aber sie konnte nichts tun, damit es weiblicher aussah. Sie war der festen Überzeugung, dass sie ganz und gar widerlich aussah.
    Doch sie hatte keine Zeit, um etwas zu verändern. Also ging sie die Eisentreppe hinunter und sagte sich, dass das alles dumm war und er sie vermutlich ohnehin nicht mochte. Das war nur eine Geschichte, die sich Michelle ausgedacht hatte, damit sie sich besser fühlte.
    Als sie am Tor ankam, glaubte sie selbst daran. Und dann, als sie hinaus ins Sonnenlicht trat, musste sie auf einmal an Caspar denken und wie sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Sie dachte daran, wie sie sich geliebt hatten, und das machte ihr Mut. Es war, als wäre sein Geist bei ihr, ein freundlicher Geist, der ihr sagte, dass alles möglich war.
    Der Arzt erwartete sie am Eingang des Hauptgebäudes, und sie ging hinter ihm die Treppe hinauf. Inzwischen war sie zuversichtlich. Sie hatte ohnehin keinen Einfluss darauf, was geschehen würde.
    Dann öffnete der Arzt die Tür zu seinem Büro, und da stand Paul am Fenster. Ihre Seele öffnete sich wie eine Blume.
    Sie sahen einander eine oder zwei Sekunden lang an und brachten keinen Ton heraus, woraufhin sich der Arzt diskret entfernte. Paul lächelte.
    Sie setzte sich, und er ließ sich auf dem Stuhl ihr gegenüber nieder, sodass er das Licht im Rücken hatte. Er wirkte so frisch, sauber und normal.
    »Wie geht es dir?«, erkundigte er sich. »Du siehst viel besser aus als alle anderen hier.«
    »Oh, vielen Dank«, erwiderte sie. »Es tut gut, das zu hören. Es gibt hier drin keine vernünftigen Spiegel.«
    Es gefiel ihr, dass er einen gewissen Abstand zu ihr hielt. Sie wäre gestorben, wenn er ihre Hand genommen oder sich in diesem Moment leidenschaftlich gezeigt hätte. Ein Teil von ihr wünschte sich zwar, dass er das tat, aber sie wollte ihn auch

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