Franzosenliebchen
einen von
den französischen Behörden ausgestellten Ausweis, der Sie
berechtigt, im besetzten Gebiet herumzureisen und dieses auch
wieder zu verlassen. Mein Assistent wird Ihnen die Details
erläutern.« Er lehnte sich in seinem Bürosessel
zurück. »Ach ja, zu Ihrer Bezahlung.« Sander
blätterte in einem Aktenordner. Dann sah er wieder auf.
»Hier haben wir es ja. Natürlich erhalten Sie wie
gewohnt Ihr Gehalt. Selbstverständlich wird in Goldmark
abgerechnet. Als Ausgleich für die Geldentwertung sozusagen.
Dazu kommt noch eine Prämie von fünf Goldmark die Woche.
In Ordnung?«
Peter Goldstein
bejahte überwältigt. Die Bezahlung war mehr als
großzügig. Seine finanziellen Probleme waren auf einen
Schlag beseitigt. »Wie wird das Geld ausbezahlt? Ich meine,
ich kann ja nicht regelmäßig nach Berlin
kommen.«
»Natürlich
nicht. Wir werden Ihnen das Gehalt über eine
vertrauenswürdige Person zukommen lassen. Noch
Fragen?«
Goldstein dachte einen
Moment nach. »Nein. Oder … doch. Welche Strafe
würde mich in dem Fall erwarten, dass die Franzosen mich wegen
Spionage vor Gericht stellen?«
Der Kriminaldirektor
säuberte sein Monokel und ließ sich viel Zeit mit der
Antwort. Dann sagte er: »Das kommt darauf an, was man Ihnen
im Detail vorwirft.«
»So ganz
verstehe ich nicht …«
Sander räusperte
sich und sagte dann in vorwurfsvollem Tonfall: »Nun stellen
Sie sich doch nicht so dumm an. Sie haben doch gedient. Also wissen
Sie ja, wie im Kriegsfall Militärgerichte Spione
verurteilen.« .
»Todesstrafe?«
»Selbstverständlich.
Aber es wird schon nicht so weit kommen. Sie wollen Ihre
Entscheidung doch wohl nicht noch einmal überdenken,
oder?«
Todesstrafe. Allein
das Wort … Aber eine solche Karrieremöglichkeit konnte
und wollte Goldstein sich nicht entgehen lassen. Mit trockenem Mund
erwiderte er deshalb: »Nein. Natürlich
nicht.«
Sander stand auf und
reichte ihm zum Abschied die Hand. »Wie ich schon sagte. Sie
sind ein guter Mann. Wirklich.« Dann zeigte er zur
Tür.
*
Hofer stand auf, als
Goldstein Sanders Büro verließ. Der Sekretär hielt
einen großen Briefumschlag in der Hand. »Ich nehme an,
Sie haben den Auftrag angenommen?«, sagte er.
»Selbstverständlich.«
»Sehr
gut.« Hofer reichte Goldstein das Kuvert. »Hier finden
Sie den Bericht aus Herne. Bitte studieren Sie ihn sorgfältig.
Aber nehmen Sie ihn oder irgendwelche Notizen unter keinen
Umständen mit in die besetzten Gebiete. Schließlich
möchten wir Sie ja wohlbehalten wieder in Berlin
begrüßen können, oder?« Hofer lächelte
schief. »Lernen Sie die Fakten auswendig, soweit
erforderlich. Dann benötige ich ein Lichtbild von Ihnen.
Lassen Sie eines anfertigen und sorgen Sie dafür, dass ich die
Fotografie bis morgen habe. Sie wohnen
möbliert?«
Goldstein war der
spöttische Unterton der Frage nicht entgangen. Ja, er wohnte
möbliert. Die zwei winzigen Zimmer, die er seit seiner
Anstellung bei der Polizei gemietet hatte, stellten eine deutliche
Verbesserung gegenüber seiner vorherigen Behausung dar. Fast
drei Jahre hatte er als Schlafbursche zur Untermiete gewohnt, eine
Kammer, zwei Betten und unruhige Träume mit zwei
halbwüchsigen Söhnen einer Arbeiterfamilie im Wedding
geteilt. Er hatte lange gesucht, um eine bezahlbare Wohnung zu
finden, durch deren Fenster er nicht auf dunkle, schmutzige
Berliner Hinterhöfe blicken musste, sondern die wenigstens
etwas Licht einfallen ließen.
Gelassen antwortete
er: »Das ist richtig.«
»Dann
können Sie Ihren Hausstand ja schnell auflösen. Sprechen
Sie mit dem Vermieter und zahlen Sie ihm die ausstehende Miete. Sie
ist wie hoch?«
Goldstein sagte es
ihm.
Hofer trug den Betrag
in ein Formular ein und unterschrieb es. »Dies ist der
Entnahmebeleg. Einen entsprechenden Vorschuss erhalten Sie an der
Kasse im Erdgeschoss. Sie haben den Rest der Woche frei. Eine
Rückkehr in Ihre alte Dienststelle ist nicht erforderlich. Das
haben wir bereits für Sie geregelt. Ich erwarte Sie
übermorgen um zwölf Uhr.
Dann klären wir
die restlichen Details. Sie können dann kommenden Montag
aufbrechen. Noch Fragen?«
Goldstein
schüttelte nur den Kopf.
»Schön.
Dann bis Donnerstag. Ach ja, dieses Gespräch mit Flerrn
Kriminaldirektor Sander war selbstverständlich streng
vertraulich. Auf Wiedersehen, Herr Kollege.«
*
Zur letzten Instanz
war das wohl älteste Lokal der Stadt und nicht weit von der
Roten Burg entfernt. Goldstein war schon häufiger hier gewesen
und hatte einige
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