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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Waren Sie dabei?«,, erkundigte
sich Sander.
    »Ja. Ich wurde
aber nicht angeklagt.«
    »Glück
gehabt. Denn sonst säßen Sie ja wohl kaum hier.«
Der Kriminalrat lachte leise. »Sie sind im Polizeidienst
seit…«
    »1921«,
beeilte sich Goldstein zu versichern.
    Der Kriminaldirektor
blickte milde. »Na ja, das mit dem Kapp-Putsch sollten Sie
nun nicht gerade jedem auf die Nase binden. Passt nicht so ganz in
die Zeit. Die Sozis haben zu großen Einfluss im Moment, wenn
Sie verstehen, was ich meine.«
    »Jawohl.«
    »Gut. Sie
sprechen Französisch, entnehme ich Ihrer
Akte.«
    »Wie meine
Muttersprache.« Was, wunderte sich Goldstein, sollte diese
ganze Fragerei? Warum kam Sander, wenn es um seine unerlaubte
Nebentätigkeit ging, nicht endlich zur Sache?
    »Sie wissen,
warum Sie hier sind?«
    »Um ehrlich zu
sein: Nein.«
    »Dann will ich
es Ihnen sagen.«
    Goldstein atmete tief
durch.
    »In Herne, das
liegt im Ruhrgebiet, wurde vor nicht ganz drei Wochen ein junges
deutsches Mädchen ermordet. Der Tat verdächtigt waren
zwei französische Soldaten, die aber von einem
Militärgericht der Besatzer freigesprochen worden sind. Die
ganze Sache hat ziemliches Aufsehen erregt. Sie haben davon
gehört?«
    Peter Goldstein
schüttelte den Kopf.
    »Macht nichts.
Sie werden Gelegenheit bekommen, sich über den Fall zu
informieren, sofern Sie sich entscheiden, uns zu helfen. Also, die
örtlichen Polizeibehörden …«, Sander lachte
trocken auf, »… beziehungsweise das, was von denen noch vorhanden
ist, glauben, ach was, sind sich sicher, dass die Franzosen die
Täter waren. Nur: Sie können es nicht beweisen.
Diejenigen unserer Kollegen, denen die Militärbehörden
die Ausübung ihres Dienstes noch gestatten, stehen unter
ständiger Beobachtung. Sie können sich nicht frei
bewegen. Schon gar nicht dürfen sie gegen französische
Militärs ermitteln. Wir brauchen also jemanden, der den
Franzosen nicht bekannt ist. Jemanden, der sich inkognito in das
besetzte Gebiet begibt und vorsichtig und unauffällig
Erkundigungen einholt. Also jemanden wie
Sie.«   
    Goldstein hatte das
Gefühl, dass eine Zentnerlast von ihm genommen wurde. Er
sagte: »So ganz verstehe ich Sie nicht. Sie erwarten also von
mir, dass ich Beweise für die Schuld der Soldaten
finde?«
    »So ist
es.«
    »Aber wie wollen
Sie diese verwenden? Sie können die Franzosen doch nicht vor
ein deutsches Gericht stellen?«
    »Warum
nicht?« Sander wirkte gelassen.
    »Weil die
Franzosen uns ihre Soldaten nicht überlassen
werden.«
    »Müssen sie
auch nicht. Der Prozess an sich reicht. Sehen Sie, wir befinden uns
nicht in einem offenen Krieg mit den Franzosen. Unsere Waffe ist
nicht die Artillerie, sondern die Propaganda. Und der Adressat
unserer Propaganda ist nicht Deutschland oder Frankreich, sondern
der Völkerbund. Dort wird unsere Schlacht geschlagen. Einfache
Behauptungen oder schlichte Unterstellungen reichen vielleicht, um
die öffentliche Meinung in Berlin zu beeinflussen, nicht aber,
um in London oder New York zu überzeugen. Ein einfaches
Mädchen, nachweislich von französischen Soldaten ermordet
- und die Mörder werden freigesprochen. Darin besteht das
eigentliche Verbrechen. Was ist von einem Land zu halten, dessen
Militärjustiz so handelt? Und, nebenbei, deutschen Boden
besetzt hält. Das ist die Botschaft! Sozusagen ein
Artilleriegeschoss in unserem internationalen Propagandakrieg. Es
entscheidet sicher nicht die Schlacht, ist aber ein Mosaikstein zum
Sieg. Dabei sollen Sie
helfen!«      
    Sander erhob sich von
seinem Schreibtisch, ging zu Goldstein und legte seine Hand auf
dessen Schulter. »Die Angelegenheit ist nicht ganz
ungefährlich. Wenn Sie enttarnt werden sollten, besteht die
Gefahr, dass Sie von den Franzosen als Spion angeklagt werden. In
einem solchen Fall haben Sie natürlich ohne Auftrag gehandelt.
Wenn Sie uns jedoch die Beweise für die Schuld der Franzosen
liefern …«
    Der junge Polizist
verstand. Das war seine Chance. Die musste er nutzen. Er
nickte.
    »Sie sind
einverstanden?«
    »Jawohl.«
    Kriminaldirektor
Sander klopfte ihm väterlich auf die Schulter und setzte sich
wieder. »Guter Mann. Freut mich, dass ich mich nicht in Ihnen
getäuscht habe. Es wird Ihnen sicher nicht zum Nachteil
gereichen. Darauf mein Wort.« Er griff zu einer Mappe, die
vor ihm auf dem Schreibtisch lag, und reichte sie Goldstein.
»Sie werden im besetzten Gebiet als Handelsvertreter agieren.
Für Werkzeugmaschinen oder so etwas. Sie erhalten

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