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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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betreten
können.
    Goldstein musterte den
Ausweis und hoffte, dass die Fälschung so gut war, dass die
französischen Grenzkontrollen ihn nicht
behelligten.
    Langsam verspürte
er Hunger. Er war in aller Frühe in Berlin aufgebrochen und
hatte erst den D-Zug nach Hamburg genommen, um dort in den Zug nach
Münster umzusteigen. Im Westfälischen angekommen hatte er
seine Fahrscheine nach Hamburg und Münster weggeworfen, um bei
einer eventuellen Durchsuchung nur das Billett von Münster
nach Herne in der Tasche zu tragen. Darüber hinaus führte
er die Rechnung eines Münsteraner Hotels mit sich, laut der er
sich die letzten drei Nächte in der Stadt aufgehalten
hatte.
    Hundemüde, wie er
heute früh gewesen war, hatte er es dummerweise versäumt,
etwas Essbares einzupacken. Platz genug wäre gewesen. Der
größere der beiden Koffer, mit denen er reiste, war
seiner privaten Garderobe Vorbehalten und nur zu zwei Dritteln
gefüllt. Der kleinere dagegen war randvoll bepackt mit
Schrauben und Muttern in verschiedenen Größen und
Ausführungen, diversen Verkaufsprospekten und
Bestellformularen. Goldstein sollte als freier Handelsvertreter
für Eisenwaren auftreten und hatte das vergangene Wochenende
damit verbracht, sich Produktnamen einzuprägen und sich durch
die technischen Beschreibungen zu quälen, allerdings ohne
wirklichen Erfolg. Die Beschaffenheit und Anwendungsbereiche der
meisten der Erzeugnisse in seinem Musterkoffer waren für ihn
ein Buch mit sieben Siegeln geblieben.
    Die Abteiltür
wurde aufgeschoben und der Kontrolleur verlangte, die Fahrkarte zu
sehen. Goldstein kam der Aufforderung nach. Der Uniformierte
beäugte das Pappstückchen lange.
    »Sie wollen nach
Herne?«, fragte er dann skeptisch.
    »Ja.«
    »Das dürfte
nicht so einfach werden.«
    »Warum
nicht?«
    »Sie
benötigen zur Einreise ein besonderes
Dokument.«
    »Das habe
ich.«
    Misstrauisch musterte
der Schaffner den Reisenden. »Wohnen Sie in
Herne?«
    »Nein. Ich habe
dort beruflich zu tun.«
    »Sie machen
Geschäfte mit den Franzosen?« Der Tonfall machte
deutlich, was der Mann von den Besetzern des Ruhrgebietes
hielt.   
    »Selbstverständlich
nicht«, gab Goldstein entrüstet zurück.
    Die Miene des
Kontrolleurs hellte sich auf. »Nichts für ungut, der
Herr. Aber es reisen in diesen Tagen nicht sehr viele ins besetzte
Gebiet. Ist ja auch ziemlich beschwerlich.«
    »Inwiefern?«,
erkundigte sich Goldstein.
    »Der
Hauptbahnhof in Recklinghausen wurde von den Franzosen stillgelegt.
Die meisten Passagiere steigen in Haltern aus. Auch dieser Zug
fährt nur bis Sinsen. Ist eine Station nach Haltern. Wenn Sie
Glück haben, können Sie dort in den Pendelzug zum Block
Börste umsteigen. Da ist der Grenzbahnhof.«
    Da Goldstein ein
fragendes Gesicht machte, ergänzte der Beamte:
»Börste ist ein Stadtteil von Recklinghausen. Liegt im
Norden.«
    »Und wie komme
ich von da nach Herne?«
    »Straßenbahn. Und wenn
die nicht fährt, zu Fuß.«
    Das sind ja
schöne Aussichten, dachte Goldstein. »Wie weit ist es
denn von diesem Börste nach Herne?«, fragte er
misstrauisch.
    »Genau kann ich
Ihnen das nicht sagen. Aber es werden schon zehn Kilometer
sein.«
    »Zehn
Kilometer?«, echote Goldstein, obwohl er den Mann gut
verstanden hatte.
    »Wenigstens.« Der
Schaffner grinste, lochte die Fahrkarte und gab sie zurück.
»Weiter gute Fahrt«, wünschte er und verließ
das Abteil.
    Vielleicht war es doch
keine so gute Idee gewesen, vom Norden kommend ins Ruhrgebiet
einzureisen. Hofer hatte gemeint, dass die West-Ost-Verbindung
zwischen Köln und Berlin sehr viel stärker frequentiert
und daher von den französischen Soldaten auch intensiver
kontrolliert würde.
    Wie der Kontrolleur
prophezeit hatte, ergoss sich in Haltern eine große Anzahl
Reisender auf den Bahnsteig. Goldstein fragte sich, wo diese Leute
alle Platz gefunden hatten, war sein Abteil doch
eigentümlicherweise von Münster bis hier völlig leer
geblieben.
    Nach dem Pfiff des
Fahrdienstleiters fuhr die Dampflok wieder an, gewann schnell an
Tempo, um nach nur wenigen Minuten kreischend abzubremsen. Der Zug
näherte sich der
Endstation.      
    »Sinsen, Bahnhof
Sinsen«, war eine laute Stimme zu vernehmen. »Bitte
alles aussteigen. Der Zug endet hier.«
    Goldstein streifte
seine Jacke über, packte seine beiden Koffer und verließ
den Waggon. Schneidende Kälte schlug ihm entgegen. Er sah sich
um. Außer ihm hatten nur noch eine Handvoll Reisender den Zug
verlassen.
    »Wo wolln Se
denn

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