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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Flugblätter. Ansonsten Fehlanzeige. Der
Gefangene hat bis zuletzt seine Unschuld beteuert und behauptet,
wir hätten ihm die Beweise untergeschoben.«
    Der General wandte
sich an einen Offizier, der in der zweiten Reihe saß und sich
bisher noch nicht geäußert hatte. »Colonel
Prión, haben Sie die Verhöre persönlich
geführt?«
    Der Kommandeur der
Militärpolizei straffte sich. »Oui.«
    »Halten Sie
Schafenbrinck für schuldig?«
    Prión,
sichtlich verlegen, rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Dann
rang er sich zu einer Antwort durch. »Ich bin mir nicht
sicher.«
    »Sie sind sich
nicht sicher?!«, bellte Caron. »Dann lassen Sie mich
meine Frage anders formulieren: Hätten Sie, wären Sie in
der Rolle des Vorsitzenden des Militärgerichts, Schafenbrinck
zum Tode verurteilt?«
    Prión dachte
erneut lange nach. Schließlich sagte er: »Unter
Berücksichtigung der rechtsstaatlichen Grundsätze auch
der Militärgerichtsbarkeit — nein. Nicht nach den
Ergebnissen der Verhöre und der vorliegenden
Beweise.«
    »Ist jemand der
Anwesenden anderer Meinung?« Carons Augen blitzten.
»Na?«
    Niemand wagte es, sich
zu äußern. Caron stand auf und sagte mit leiser Stimme:
»Er war schuldig, haben Sie verstanden? Ohne Wenn und Aber.
Schafenbrinck war verantwortlich für den feigen Mord an
unseren Soldaten. Möglicherweise hat er das Attentat nicht
selbst ausgeführt, aber er war einer der
Hintermänner.« Unvermittelt wurde der General laut.
»Meine Offiziere werden jede Diskussion darüber, ob wir
den richtigen Mann verhaftet haben, unterbinden. Ist das klar? Und
es ist mir völlig egal, ob dieser Deutsche - wie haben Sie das
so schön formuliert, Prion? - unter Berücksichtigung der
rechtsstaatlichen Grundsätze der Militärgerichtsbarkeit
schuldig ist. Wir befinden uns im Krieg, meine Herren. Da kann es
Vorkommen, dass Grundsätze wie die Rechtsstaatlichkeit auf der
Strecke bleiben. Nur eines dürfen wir nie vergessen: unseren
soldatischen Fahneneid. Wir dienen Frankreich. Und Frankreich, das
ist das französische Volk. Und das möchte wissen, ob der
grausame Tod seiner Söhne gesühnt worden ist. Und das ist
er, ohne jeden Zweifel. Dieser Kaufmann war schuldig. Allerdings
hat Gott uns die Vollstreckung des Urteils aus der Hand
genommen.« Langsam ließ sich Caron zurück auf
seinen Stuhl fallen. Als ob es seinen emotionalen Ausbruch nicht
gegeben hätte, fragte er: »Was gibt es sonst
noch?«
    Colonel Dupont ergriff
das Wort: »In einem Lokal hier in Herne hat ein Deutscher,
der unsere Sprache perfekt beherrscht, Kontakt zu einigen unserer
Soldaten gesucht. Es könnte der Polizist gewesen sein, der den
Mord an der Treppmann untersuchen soll. Dafür spricht, dass er
sich besonders intensiv mit Sergeant Julian Solle unterhalten
hat.«
    »Ich nehme an,
Sie haben den Soldaten befragt?«
    »Selbstverständlich.
Sollé hat angegeben, dass er sich in der Tat mit einem
Deutschen unterhalten habe. Sie hätten sich über Wein und
französische Literatur ausgetauscht, sagt
er.«
    Der General verzog das
Gesicht. »Ein deutscher Polizist, der über Literatur
spricht?«
    »Wenn der Mann
denn der Polizist ist. Die anderen Soldaten haben die Aussage
Sollés bestätigt. Zwar haben sie die Unterhaltung
natürlich nicht komplett verfolgt, aber den
Gesprächsfetzen nach, die sie aufgeschnappt haben, war es
so.«
    »Und Sie
glauben, dass dieser Mann der Gesuchte sein
könnte?«
    »Möglicherweise.
Allerdings ist der Deutsche, der das Gespräch mit unseren
Soldaten gesucht hat, noch recht jung. Und eigentlich gingen wir ja
davon aus, dass die Deutschen eher einen erfahrenen Mann
schicken.«
    »Hm. Haben Sie
eine Beschreibung des Mannes?«
    »Ja. Allerdings
ist sie nicht sehr präzise. Die Soldaten haben an dem Abend
getrunken und gefeiert, wenn Sie verstehen, mon
Général.«
    »Und sich mehr
für die leichten Mädchen interessiert, nicht
wahr?«
    Der Colonel
nickte.
    »Geben Sie das,
was Sie haben, weiter. Unsere Männer sollen Ausschau halten,
ob dieser Deutsche noch einmal' auffällig wird. Sonst noch
etwas?«
    Capitaine Mirrow
ergriff das Wort. »Heute Abend wird Schillers Teil in einem
Herner Theater aufgeführt. Wahrscheinlich wird diese
Aufführung zu Kundgebungen gegen unsere Anwesenheit genutzt
werden.«
    »Greifen Sie
durch! Wenn es sein muss, mit Gewalt.«
    Mirrow nahm Haltung
an: »Wie Sie befehlen.«
    General Caron stand
auf. »Ich danke Ihnen. Das war’s für
heute.«

37
    Samstag, 3. März
1923
    Hilfst du mir?«
Martha

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