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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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der Zunge die Blutung zu stillen.
Fieberhaft dachte er nach. Wer waren diese Männer? Was wollten
sie von ihm? Er hatte es mit Deutschen zu tun, das stand fest. Und
sie wussten nichts von seiner Aufgabe. Arbeiteten sie für den
Widerstand? Oder waren sie Kollaborateure, die mit den Franzosen
paktierten? Aber warum hatten sie ihn dann nicht der
französischen Militärpolizei ausgeliefert? Nein, keine
Kollaborateure. Kriminelle vielleicht. Oder aber

    Der Große
näherte sich wieder. Langsam, fast bedächtig zog er eine
Pistole aus der Tasche seines Mantels, lud durch und entsicherte
sie. Dann hielt er die Waffe an Goldsteins Schläfe.
    »Spiel nicht den
Helden.« Er drückte den Lauf fester an den Kopf des
Polizisten. »Tja, du hast es so gewollt.«
    Goldstein fasste einen
Entschluss. Er hatte die Knochenmühle Verdun nicht
überlebt, um in diesem Pferdestall zu krepieren. Er eignete
sich tatsächlich nicht zum Helden.
    »Warte!«,
rief er mit zitternder Stimme. »Ich bin
Polizist.«
    Sein Gegenüber
senkte die Pistole. »Ach nee. Ein Polizist. Du siehst aber
nicht aus wie einer. Kann sich einer von euch diesen Kerl als
Polizisten vorstellen?« Der Mann schaute auffordernd zu
seinen Begleitern hinüber, die beide den Kopf
schüttelten.
    »Ich komme aus
Berlin«, stieß Goldstein hervor. »Ich bin von
meiner Dienststelle nach Herne geschickt worden, um den Mord an
Agnes Treppmann aufzuklären.«
    Für einige
Sekunden sprach niemand. Goldstein atmete tief durch und setzte
alles auf eine Karte. »Ich bin inkognito hier. Wenn die
Franzosen erfahren, wer ich bin, lande ich vor einem
Militärgericht.«
    Der groß
gewachsene Mann schob die Waffe zurück in seine Tasche.
»Kannst du das beweisen?«
    »Ich führe
keinen Dienstausweis mit mir, wenn du das meinst.«
    »Arbeitest du
allein oder unterstützen dich Herner
Polizisten?«
    Goldstein zögerte
mit der Antwort. Wenn er sich irrte und er doch in der Gewalt von
Kollaborateuren war, lieferte er mit der Antwort womöglich
Kameraden ans Messer.
    »Na, was
ist?«, drohte der, der ihn mit den Schlägen traktiert
hatte.
    Nun gut. Er hatte
keine Alternative. Wenn er aus dem Stall wieder herauswollte,
musste er kooperieren. »Ewald Wiedemann. Er kennt
mich.«
    »Wiedemann?«
    »Ja. Er ist bei
der Herner Stadtverwaltung …«
    »Wir wissen, wer
er ist. Aber du kannst den Namen auch von seiner Schwester erfahren
haben. Schließlich bist du ja bei ihr
untergekrochen.«
    »Das könnte
in der Tat so sein. Ist es aber nicht. Erkundigt euch bei Wiedemann
und ihr werdet bestätigt bekommen, dass ich die Wahrheit
sage.«
    Die drei Männer
zogen sich in eine Ecke des Stalls zurück und flüsterten
miteinander. Dann trat der Große von ihnen wieder an
Goldsteins Stuhl. »Wir werden Wiedemann holen. Bis dahin
bleibst du hier.«
    Goldstein seufzte
erleichtert. Also keine Kollaborateure. Und vermutlich auch keine
Kriminelle.
    Stunden vergingen.
Bald war sich Goldstein sicher, ganz in der Nähe eines
Bergwerks zu sein. Er hörte Geräusche, die er zuordnen
konnte: Kohlewagen stießen beim Entleeren mit einem
metallischen Scheppern zusammen. Leise Glockenschläge gaben am
Förderschacht das Signal zur Seilfahrt. Und ganz in der
Nähe ratterte gleichmäßig eine Fördermaschine.
Er hatte keinen Zweifel. Möglicherweise befand er sich sogar
auf der Zeche Teutoburgia.
    Goldsteins Bitte,
wenigstens die Fußfesseln zu lockern, war ignoriert worden.
Immer mehr staute sich das Blut in Armen und Beinen. Auch
kontinuierliches Bewegen der Zehen und Finger brachte keine
Erleichterung. Hunger und Durst quälten. Außerdem wurde
Goldstein sich mehr und mehr der Schmerzen in seinem Kiefer
bewusst. Zwei Zähne waren locker und die Lippen stark
geschwollen. Er verlor jedes Zeitgefühl.
    Goldstein musste
eingenickt sein, das Geräusch der sich öffnenden Tür
riss ihn aus einem leichten Schlaf.
    »Seid ihr von
allen guten Geistern verlassen?«, blaffte Wiedemann, als er
Goldstein erkannte. »Bindet den Mann sofort
los.«   
    Der Große kam
der Aufforderung unverzüglich nach. Goldstein massierte seine
geschwollenen Finger und machte vorsichtig ein paar Schritte. Dabei
wandte er sich an Wiedemann. »Vielen Dank für Ihr
Kommen.«
    Wiedemann nickte und
stellte mit einem schiefen Grinsen fest: »Sie haben ja ganz
schön etwas abbekommen. Aber ich hatte Sie gewarnt. Warum
mussten Sie im Fässchen
herumschnüffeln.«
    Der große Mann
streckte Goldstein die Hand entgegen. »Wilfried Saborski. Ich
glaube, wir

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