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Fratze - Roman

Titel: Fratze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Wäscheleine flatterten die Sachen in der Luft. Kleider und Pullis, Hosen und Blusen, alles in Flammen und im Wind zerbröselnd. In wenigen Sekunden war alles, was ich liebte, verschwunden.
    Blitz.
    Springt ein paar Jahre weiter, als ich alt genug bin, um auszuziehen. Gib mir einen neuen Anfang.
    Springt zu einem Abend, jemand ruft von einem Münztelefon aus bei meinen Eltern an und fragt, ob sie die Eltern von Shane McFarland seien? Meine Eltern sagen: Könnte sein . Der Anrufer will nicht sagen, wo, aber er sagt, Shane ist tot.
    Eine Stimme hinter dem Anrufer sagt: Erzähl ihnen auch den Rest .
    Eine andere Stimme hinter dem Anrufer sagt: Erzähl ihnen, Miss Shane hätte sie von Herzen gehasst und ihre letzten Worte wären: Es ist noch nicht vorbei, noch lange nicht . Dann jemand, der lacht.
    Springt zu uns, allein hier im Dunkeln mit diesem Auflauf.
    Mein Vater sagt: »Also, Liebes, wirst du mit deiner Mutter und mir mitmarschieren?«

    Meine Mom sagt: »Es würde für die Rechte der Schwulen so viel bedeuten.«
    Gib mir Mut.
    Blitz.
    Gib mir Toleranz.
    Blitz.
    Gib mir Weisheit.
    Blitz.
    Springt zur Wahrheit. Und ich sage:
    »Nein.«

15
    S pringt zu ein Uhr morgens in Evies großem stillem Haus, als Manus zu schreien aufhört und ich endlich nachdenken kann.
    Evie ist in Cancún, wahrscheinlich wartet sie darauf, dass die Polizei anruft und sagt: Die Frau, die Ihr Haus hütet, das Monster ohne Unterkiefer, die hat Ihren heimlichen Geliebten erschossen, als er mit einem Schlachtermesser da eingebrochen ist, nehmen wir jedenfalls an.
    Evie ist inzwischen hellwach. In irgendeinem mexikanischen Hotelzimmer versucht Evie herauszufinden, ob es drei oder vier Stunden Zeitunterschied sind zwischen ihrem großen Haus, wo man mich erstochen hat, und Cancún, wo Evie zu Katalogaufnahmen sein sollte. Nicht dass Evie zu den allergrößten Leuchten zählt. Kein Mensch geht in der Hauptsaison für Katalogaufnahmen nach Cancún, schon gar nicht mit starkknochigen Trampeln wie Evie Cottrell.
    Aber da ich ja tot bin, ergeben sich ungeahnte neue Möglichkeiten.
    Ich bin eine unsichtbare Null, sitze auf einem weißen Damastsofa, ein zweites weißes Sofa befindet sich auf der anderen Seite eines Couchtischs, der aussieht wie ein großer Malachitblock aus dem Einführungskurs in Geologie.
    Evie hat mit meinem Verlobten geschlafen, also kann ich jetzt alles mit ihr machen.

    In diesem Film, wo jemand plötzlich unsichtbar wird - durch einen radioaktiven Glücksfall oder weil ein irrer Wissenschaftler was erfunden hat - und wo du dir überlegst, was würde ich machen, wenn ich unsichtbar wäre …? Zum Beispiel in die Männerumkleide im Gold’s Gym oder besser noch bei den Oakland Raiders gehen. Solche Sachen. Sich alles genau ansehen. Zu Tiffany’s gehen und Diamantdiademe klauen und so was.
    Nur weil er so blöd ist, hätte Manus mich heute Nacht beinahe erstochen, weil er dachte, ich bin Evie, weil er dachte, Evie hat mich erschossen, wo ich doch bloß im Dunkeln in ihrem Bett geschlafen habe.
    Mein Dad würde zu meiner Beerdigung gehen und allen Leuten erzählen, ich hätte vorgehabt, wieder aufs College zu gehen und den Abschluss in Personal Fitness Training zu machen, und dann hätte ich garantiert ein Medizinstudium angefangen. Dad, Dad, Dad, Dad, Daddy. Ich bin nicht mal über den Schweinefötus im Biologie-Grundkurs hinausgekommen. Und jetzt bin ich der Kadaver.
    Tut mir leid, Mom. Tut mir leid, Gott.
    Evie wäre gleich neben meiner Mom, neben dem offenen Sarg. Evie würde auf Manus gestützt herumwanken. Natürlich hätte sie irgendwas total Bizarres gefunden, in das der Bestatter mich eingekleidet hätte. Jedenfalls schlingt Evie einen Arm um meine Mom, und Manus kann gar nicht schnell genug von dem offenen Sarg wegkommen, und ich liege da in diesem mit blauem Velours ausgeschlagenen Sarg, der aussieht wie der Innenraum eines Lincoln Town Car. Natürlich, vielen Dank, Evie, trage ich diesen bis zur Hüfte geschlitzten gelbseidenen chinesischen Konkubinen-Kimono und schwarze Netzstrümpfe,
und auf die Beckenregion und meine Brüste sind rote chinesische Drachen gestickt.
    Und rote Stöckelschuhe. Und keinen Unterkiefer.
    Natürlich sagt Evie zu meiner Mom: »Sie hat dieses Kleid immer geliebt. Dieser Kimono war ihr Lieblingskleid.« Die einfühlsame Evie würde sagen: »Schätze, Ihnen geht es genauso.«
    Ich könnte Evie umbringen.
    Schlangen anheuern, dass sie sie beißen.
    Evie würde das kleine schwarze Cocktailkleid

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