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Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)

Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)

Titel: Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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erweist sich in seinem Verlust.
    Du liebst Vater und Mutter wie dein morgendliches Marmeladenbrot, bis du sie verlierst und erkennst, was sie waren und wie du sie brauchtest. Ich sah in meinem Leben wenige Möglichkeiten, sexuellen Ausgleich zu suchen. Ich beschreibe diese Seiten und frage mich, ob ich ein Durchschnittsmensch bin, einer, der’s schnell mal zwischendurch mit jemandem treibt, ohne auf das Danach zu lauschen. Sex als Tröster ist so abwegig wie die Flasche Wein oder das Tütchen Schnee als Tröster. So liegen die Dinge in der Welt nicht. Man kann aber durchaus die Frage aufwerfen, ob Sex ähnlich wie Alkohol und Dope zu Abhängigkeit und schließlich zu innerer Zerrüttung führt. Ich denke es nicht. Ich weiß es aber auch nicht. Wollte ich ein Bild bemühen, so sähe ich die Abhängigkeit wie einen Sattelschlepper in Überbreite auf mich zurasen, auf einer Straße, die gerade breit genug für den Laster ist und von zwei Mauern links und rechts gesäumt wird. Es gibt kein Entkommen, und du weißt es.

10. Das traute Paar
    Während sie Seite um Seite aus Idas Tagebüchern auf die Glasplatte legte und den grünen Knopf drückte, die Augen gegen die schmale Leiste gleißenden Lichts zusammenkniff, die aus dem Gerät hervorblitzte, beobachtete Katinka mit klopfendem Herzen die anderen Kunden. Die Fratzen aus ihrem Albtraum beschäftigten sie. Brittas Ahnung, ob der vermeintliche Reiter Ida nicht noch mit anderen Maskeraden einen Streich gespielt hatte … ob da etwas dran war? Das Umdrehen der Seiten, Zuklappen des Deckels, alles das machte mit seiner ganzen Monotonie Katinka so schläfrig, dass ihr Blick aus dem Fenster fiel, in den Blumenkästen mit den verrotteten braunen Stengeln hängen blieb und Gedanken von Farbe und Sommer in ihr aufstiegen wie Abendnebel.
    Als sie den blonden Lockenkopf sah, erschrak sie so heftig, dass sie sich in voller Länge über den Kopierer warf. Grit und ihr Freund standen am Kopierer gegenüber! Katinka sah den pummeligen jungen Mann noch vor sich, wie er auf dem Friedhof mit rührender Hilflosigkeit versucht hatte, sein Mädchen zu trösten. Katinka rutschte ab und riss beim Fallen das Ausgabekästchen von der Maschine ab. Die Plastikschale landete scheppernd auf dem Boden.
    Unsanft kam Katinka auf dem Hüftknochen auf, genau auf dem blauen Fleck, den sie Hassebergs Schwimmbad zu verdanken hatte. Scheiße, dachte sie, rappelte sich hoch und starrte in die belustigten Gesichter eines Pärchens, das mit einem dicken Wälzer bewaffnet vor dem Kopierer gegenüber stand und zu ihr herübergrinste. Beide waren sie blond, die Frisur des Mädchens ähnelte Grits hochgesteckten Strähnen, die Locken des Mannes erinnerten an die ihres Freundes, aber die beiden waren völlig Unbeteiligte, die nichts über Idas gruselige Erscheinungen wissen konnten.
    »Was is’ bassiert?«
    Eine Angestellte zupfte Katinka am Ärmel. Sie half ihr, die verstreuten Kopien einzusammeln. Katinka nahm sie ihr so schnell wie möglich aus der Hand.
    »Entschuldigung, ich …«, begann sie, aber die Frau winkte ab und montierte mit geschickten Händen das Ausgabefach wieder an.
    »Da sin Sie nedd die e rste, die hier am Kobierer einschläft, das kann ich Ihna aber sogn«, trompete sie. »Was ihr Studendla so mitmachen müssd…«
    Katinka fuhr sich durchs Haar. Der Blondgelockte grinste noch mal rüber.
    Sie packte die Tagebücher zusammen, wickelte um die losen Papiere ein Gummiband und nahm den Zähler aus dem Gerät.
    In der Hasengasse verstaute sie die Bücher im Waffenschränkchen, legte die Papiere oben drauf und schloss gerade zu, als die Bürotür ging.
    »Hallo?«, rief eine Stimme, die sie spontan nicht erkannte, aber in ihrem Kopf driftete die Information hin und her, dass sie sie schon einmal gehört hatte.
    »Komme!«, rief Katinka und ging hinüber.
    Vor ihr stand Philipp Hasseberg, im Anzug, blankgewienerten Schuhen und einem schicken hellen Mantel. Er war riesig, noch größer als sein Vater.
    »Grüß Gott«, sagte Katinka, bewahrte Fassung, deutete auf einen ihrer Besuchersessel und setzte sich hinter ihren Schreibtisch.
    »Wir brauchen uns nicht zu viel Zeit zu nehmen«, sagte Philipp Hasseberg gönnerhaft. Ein feiner Schweißfilm bedeckte sein Gesicht. Er wirkte übermüdet. Dunkel lagen seine Augen in ihren Höhlen. »Ich möchte Sie von Herzen bitten, meine Hochzeit nicht zu stören. Auch die Vorbereitungen nicht. Kathrin, meine Fr… – meine Braut ist sowieso schon aufgeregt

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