Fratzenmond: Katinka Palfys dritter Fall (German Edition)
übers Haar, schnappte sich die Speisekarte, legte sie zurück. Katinka wartete ab.
»Sie ist … ein guter Typ. Sensibel. Abgestürzt. Wissen Sie was? Alina und Roland hatten Gütertrennung. Das hat sie bei der Scheidung schlechter gestellt. Roland zahlt sie trotzdem großzügig. Sie kann sich schon einiges leisten. Aber das tut er freiwillig.« Roland Hassebergs zukünftige Schwiegertochter nuckelte an ihrem Trinkhalm.
Großzügig, dachte Katinka, mir kommen die Tränen.
»Ich meine, er könnte ihr das Geld ja auch jederzeit entziehen«, fügte Kathrin hinzu, als habe sie Katinkas Gedanken gelesen.
»Wer erbt eigentlich Idas Haus?«
»Ach, das könnten wir schon gut brauchen«, lachte Kathrin. Endlich lösten sich ihre Lippen von dem Trinkhalm. Dann sah sie Katinka unsicher an. »Entschuldigen Sie, das habe ich jetzt nicht so gemeint. Ich … Philipp sagt, es wäre durchaus wahrscheinlich, dass wir das Haus haben können. Soweit ich weiß, hat er öfter mal mit Ida gesprochen, ob sie vielleicht auszieht und uns das Haus überschreibt. Sie hätte auch in die Mansardenwohnung ziehen können. Darüber wollte sie nachdenken, hat sie Philipp versprochen. Aber später hat sie es sich anders überlegt.«
»Und danach haben Sie die andere Wohnung gemietet.«
»Gekauft.«
»Gekauft also. Wann?«
»Wir waren erst vor zwei Wochen beim Notar.«
Katinka löffelte den Rest Milchschaum aus ihrer Tasse. Philipp Hasseberg spukt um Idas Haus, damit sie vor lauter Angst und fertig mit den Nerven auszieht und ihm und seiner Zukünftigen die Villa überlässt. Es klappt nicht, also bringt er sie um. Aber warum bringt er sie um, wenn er schon die Wohnung gekauft hat? Zudem hatte Sieglinde Unruh so getan, als sei sie ganz sicher, dass Grit das Haus erben würde.
»Sagen Sie, was denken Sie eigentlich über die Geschichten, die Ida erzählte: Über die Spukereien und so?«
»Ach, das«, winkte Kathrin ab. »Ich denke, viele alte Leute sind ein bisschen merkwürdig, sehen Dinge, die nicht existieren … oder jedenfalls Dinge, die andere nicht sehen.« Sie zückte ein Portemonnaie. »Ich muss allmählich los«, sagte sie. »Tut mir echt leid, dass ich Ihnen nichts Nützliches sagen konnte.«
»Stimmt das eigentlich, dass bei dem Unfall damals, ich meine …«, druckste Katinka herum. Die Rechnung ging auf. Während Kathrin Brettschneider der Bedienung ein saftiges Trinkgeld verabreichte, sagte sie: »Ja, es stimmt. Eine junge Frau ist umgekommen in jener Nacht. Aber es war nicht Grits Schuld. Etwa auf gleicher Höhe auf der Bundesstraße sind Grits Wagen und das Auto der anderen von der Fahrbahn abgekommen. Grit konnte nichts dafür. Es war das Blitzeis.«
Katinka bewunderte Kathrins Dickfelligkeit und schämte sich dafür.
»Wer war denn die andere Frau?«, fragte sie, legte ein paar Münzen auf den Tisch und sagte »stimmt so.«
»Keine Ahnung. Aber wohl die Tochter von jemandem, mit dem mein Schwiegervater manchmal zu tun hatte. Es war alles ein großes Trara.«
»Ein Mandant vielleicht?«
»Jedenfalls jemand, den er nicht leiden mochte. Ich muss los. Tschüss dann.«
»Augenblick noch!« Katinka kramte den Umschlag aus ihrem Rucksack und zeigte Kathrin das Fratzenfoto. »Sagt Ihnen das was?«
Freundlich interessiert warf Kathrin einen Blick auf die 10x15 cm eingerissener, dünngeschabter, knittriger Folie.
»Ein Gesicht«, sagte sie.
»Sagen Sie, hat Philipp – ihr Verlobter, hat er einen Farbdrucker?«
»Klar«, sagte Kathrin.
»Drucken Sie Ihre Fotos selbst aus – oder er seine, meine ich?«
Kathrin schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie es geht«, sagte sie, »Technik ist nicht so meins. Und Philipp hat für so was gar keine Zeit.«
»Schöne … Feier«, stammelte Katinka und sah Kathrin Brettschneider nach, wie sie einen grünen Parka um ihre mollige Figur wickelte und durch den nassen Grauschleier aus Oktoberregen davonging.
11. Die beste Freundin
»Ich frage mich«, sinnierte Katinka, während sie von ihrem Tee nippte, »warum jemand vom Kaliber eines Philipp Hasseberg eine Frau wie Kathrin heiratet – und umgekehrt. Hm, das Gesöff ist ungemein scharf! Was hast du da reingetan?«
»Pfeffer, Nelken, Kardamom, Ingwer«, antwortete Tom. Er stand am Herd, eine Schürze mit der Aufschrift Raushalten! umgebunden, und buk Pfannkuchen. »Eine halbe Stunde köcheln lassen, und du hast den würzigsten Wintertee, den du dir vorstellen kannst.«
Katinka schmatzte anerkennend.
»Ich kann dir schon
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