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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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setzen würden.“
    Obwohl sie sonst alles andere als auf den Mund gefallen war, fehlten ihr nach dieser eindeutigen Beleidigung die Worte. Oder genauer gesagt höfliche Worte. Ihr kam schon einiges in den Sinn, was sie gern erwidert hätte, wenn sie nicht befürchtet hätte, dass Gott sie dann tot umfallen lassen würde. Ihre Antwort verlor sich irgendwo zwischen Kopf und Mund. Was bildete sich dieser Nieselpriem eigentlich ein? Zweifellos litt er an purer Selbstüberschätzung. Vor so einem würde sie erst Angst haben, wenn die Pilze blühten und die Hölle gefror!
    Lediglich seine Größe schreck te sie etwas ab, schränkte sie vorsichtig ein. Und vielleicht seine grimmige Miene. Und würde er zu brüllen anfangen, würde er wahrscheinlich die Murmeltiere im Barnstorfer Wald am anderen Ende der Stadt aufwecken. Und überhaupt, gelangte sie endlich zu dem Schluss, gefiel er ihr gar nicht. Er hatte von allem ein bisschen zu viel. Seine Augen waren zu blau und bestimmt konnte er mit einem einzigen Blick einen Gegner in die Knie zwingen. Sein schön geformter Mund strahlte für ihren Geschmack zu viel Sinnlichkeit aus. Sogar seine Hände waren …
    „ Nun, da bin ich aber gespannt, wer sich hier zu uns verirrt hat“, äußerte er gelangweilt. Ein Lächeln, scharf wie eine Rasierklinge, überflog sein Gesicht. Mit einer lässigen Handbewegung nahm er das Papier vom Tisch und warf einen flüchtigen Blick auf den Heuerschein. „Ah, die Frau Reichelt also, Susanne.“
    Er grinste schmierig. Die Kleine sah zum Anbeißen aus.
    „Angenehm, Susanne Reichelt. Seeehr angenehm.“
    Sie schenkte ihm ihr freches Na-wen-haben-wir-denn-da-Schnuckeliges-Lächeln und er plusterte sich auf wie ein Truthahn. Doch unvermittelt holte er keuchend Luft, sein Kopf schoss in die Höhe und erstarrte mitten in der Bewegung. Sein Gesicht schien sich zur Faust zu ballen, als er das Schreiben dicht unter seine Nase hielt und es erneut studierte, diesmal mit gebührender Aufmerksamkeit. War die Miene des Alten bei ihrem Eintreten schon alles andere als herzlich gewesen, so erschien sie Susanne in dieser Sekunde geradezu mörderisch. Der Moment dehnte sich in die Länge – und ihre Nerven dehnten sich mit.
    „Funker? Sie? Sie sind … Funker?“, quetschte er gefährlich leise zwischen seinen perlweißen Zähnen hervor. „Aber Sie sind eine … eine Frau! Verdammt!“
    Stahlharte Augen wanderten über die halbe Portion vor seinem Tisch, die sich gerade unauffäl lig reckte und gehörig Mühe gab, selbstbewusst zu wirken. Die gehörte in einen Kindergarten und nicht in eine Horde von sechsundzwanzig gestandenen Männern! Zum Teufel mit diesem Weib! Er konnte keine Frau hier gebrauchen! Alle in der Reederei wussten, dass er Frauen an Bord seines Schiffes nicht duldete! Niemals! Unter keinen Umständen!
    Nachdem er der Direktion in einem vielseitigen Pamphlet die Gründe für seinen Entschluss in mehr als deutlichen Worten klargemacht hatte, die Jungs da oben aber vor allem von seinem Temperament und Durchsetzungsvermögen wussten, war seinen Wünschen für die Zusammensetzung der Besatzung bislang stillschweigend entsprochen worden. Folgerichtig war er davon ausgegangen, man hätte seine Bedingungen inzwischen akzeptiert. Welcher Traumtänzer wollte ihn jetzt unbedingt zum Feind haben?
    Eine innere Stimme warnte Susanne eindringlich flehend davor, seiner geistlosen Bemerkung mit gleichem Kaliber zu begegnen, in diesem Fall hingegen musste sie sich einfach taub stellen. Ihr Lächeln war zuckersüß und genauso unaufrichtig, als sie erwiderte: „Ganz richtig, ich bin eine Frau. Und es freut mich zu hören, dass dieses Schiff nicht von einem Blinden befehligt wird.“
    E inen Wimpernschlag später konnte sie die explosive Spannung, die sich zwischen ihnen aufbaute, mit körperlicher Schwere fühlen. Die Luft in der geräumigen Kabine war geladen wie vor einem gewaltigen Gewitter, das jeden Moment losbrechen wollte. Fröstelnd zog sie die Schultern hoch und bemerkte mit einer gewissen Besorgnis, wie es fieberhaft hinter der Stirn des Alten arbeitete. Inzwischen hatte sie die Hoffnung fahren lassen, dass er aufstehen und sie zur Begrüßung begeistert in seine Arme schließen würde.
    Also wirklich, dabei hätte es so schön sein können, hatte ich mir doch immer eingebildet, Funker seien Mangelware, dachte sie beleidigt. So ein Doofkopp! Alter Griesgram! Als ob er noch nie etwas davon gehört hätte, dass Frauen auch für diese Reederei als Funker

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