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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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ein verdammt langer Tag, nachdem ich gestern bis spät in der Nacht die Übergabe auf der ‚Frances’ vorbereitet habe, weil ich heute Morgen absteigen wollte. Nur für den Fall, dass es dich interessiert: Ich hatte vor, drei Wochen Urlaub zu machen. Ich bin in der Wohnung nicht mal dazu gekommen, meine Tasche auszupacken, weil Harry mittags anrief, um mir von dem Wahnsinnsglück“, er schrieb mit beiden Händen Gänsefüßchen in die Luft, „zu berichten, unter deinem Kommando fahren zu dürfen. Und dann überraschst du mich mit einem Bordabend gleich am ersten Abend.“
    „ Tut mir leid, Ossi. Ich war überzeugt, du würdest es auf die Reihe bekommen. Und ich habe mich nicht in dir getäuscht, du hast es wirklich perfekt gemanagt. Alle waren hellauf begeistert. Danke dafür.“
    Ossis Versuch, ihm ein schlechtes Gewissen wegen seines geplatzten Urlaubs einzureden, konnten ihn nicht vom Grund seines Besuches ablenken. Er bedachte den Koch mit einem seiner langen, kompromisslosen Blicke. „So, und nun raus mit der Sprache: Irgendwas muss zwischen euch gewesen sein. Ich weiß, was ich gesehen habe.“
    Als selbst dann noch keine Reaktion von Ossi kam, schlüpfte er in seine Lieblingsrolle und kehrte den allmächtigen Kapitän heraus. „ Darf ich dich daran erinnern, dass ich keinen Ärger auf meinem Dampfer wegen irgendwelcher Weibergeschichten dulde? Es ist meine Pflicht, für Ruhe und Ordnung an Bord zu sorgen.“
    „Ich weiß, Matt ’n. Ich weiß sehr wohl, was deine Aufgaben sind und wie ernst du sie nimmst. Sei versichert, ich werde dir dabei keine Steine in den Weg legen. Es wird kein Problem mit Susanne geben, mein Wort darauf.“
    Mit einer gereizten Bewegung wischte er sich eine störrische Haarsträhne aus der Stirn. Dann gähnte er übertrieben auffällig und hoffte , damit den Kapitän loszuwerden.
    Na, das hättest du wohl gerne, du sturer Esel! fluchte Clausing in Gedanken. Ich werde nicht wanken und weichen, bis ich eine klare Antwort von dir habe.
    Erwartungsgemäß würde er es schwer haben, seinem Freund Details aus der Nase zu ziehen, doch er musste um jeden Preis herausfinden, in welchem Verhältnis die Reichelt und Ossi zueinander standen. Mit seinem beharrlichen Schweigen machte sich dieser Kerl nur umso verdächtiger. Merkte er denn nicht, dass er damit seinen Vermutungen neue Nahrung gab?
    „Weißt du, das ist so typisch für uns Seefahrer: Die Probleme, von denen du glaubst, du wärest sie endlich los, weil du hunderte von Meilen zwischen dich und diesen Ärger gebracht hast, die schwimmen dir hinterher“, philosophierte der Kapitän.
    „Ich werde mich nicht wiederholen, Matt’n.“
    Clausing verdrehte die blauen Augen, als er spitz bemerkte: „Aaah, der große Kenner schweigt wie so oft und genießt im Geheimen. Da fällt mir passenderweise ein seanfhocal ein: Is minic a bhíon ciún ciontach. Du kennst du es bestimmt.“
    Natürlich kannte er es und er fragte sich beunruhigt, w as Matt’n zu dieser Vermutung gebracht hatte.
    „Ver dammt, Matt’n, hör auf mit diesem Kauderwelsch! Ich möchte nicht über Susanne reden, kapiert? Im Gegensatz zu dir habe ich mich nie mit Ruhm bekleckert, wenn es um Frauen ging. Und das ist bei Susanne nicht anders gewesen. Oder was hast du erwartet?“ Mit finsterer Miene schaute Ossi zu seinem Freund auf. Er war aufgebracht, zornig und kampfbereit. „Was?“
    Hätte sich der Kapitän bloß die Mühe gemacht, einen Moment seinen Egoismus in den Hintergrund zu stellen, hätte er vielleicht das Ausmaß von Ossis Seelenqual erkannt. So jedoch hielt er dessen Schweigen für eine unerklärliche Laune und drohte ihm spielerisch mit dem Zeigefinger. „Ah! Ah! Ah! Du hast dich also in sie verliebt“, behauptete er und drängte Ossi mit dieser bewusst provokatorischen Äußerung zu einer Antwort.
    Blitzschnell schoss der Koch von der Backskiste auf. Ehe sein Freund in irgendeiner Weise reagieren konnte, hatte Ossi ihn mit beiden Fäusten am Revers der Uniformjacke gepackt und an sich gezogen.
    „ Welchen Teil von ‚hör auf’ hast du nicht verstanden?“, fauchte er Clausing an und blanke Mordlust, die den Kapitän zutiefst erschreckte, blitzte in seinen Augen auf.
    Einige Sekunden schwiegen sie, den Blick starr auf den anderen gerichtet. Clausing versuchte sich loszureißen, doch Ossis Griff lockerte sich nicht. Stattdessen fand er sich dicht vor das Gesicht seines Freundes gezerrt.
    „ Lass mich in Ruhe. Ich meine es bitterernst,

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