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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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sich. Sanft zog er Suse an sich und nahm sie in seine Arme.
    „Was ist passiert, Susanne? “, fragte er leise, während er ihr beruhigend über den Rücken strich. „Wovor hast du Angst? Sag es mir.“
    Die Jakobsleiter pendelte mit einem kratzenden Geräusch über die Bordwand des gekenterten Schiffes. Simone war verschwunden und die blinkenden Lichter der Rettungskragen verblassten irgendwo in der Dunkelheit.
    Suses Körper durchlief ein heftiger Schauder. „Wie werden wir von Bord kommen?“
    „Aber das weißt du doch.“
    „Wie werden wir von Bord kommen?“, schrie sie dem verblüfften Koch mit bebender Stimme ins Gesicht. Sie betonte jedes einzelne Wort, als hätte sie es bei ihm mit einem besonders begriffsstutzigen Menschen zu tun.
    Und tatsächlich realisierte Adrian nur langsam, worum es ihr ging.
    „Über die Leiter selbstverständlich.“
    Selbstverständlich. Suse stöhnte auf und flüsterte: „Das kann ich nicht.“
    „Du willst es nicht versuchen?“
    Ehe sie antworten konnte, klopfte es erneut. Widerwillig gab Adrian Suse frei, als sie mit dünnem Stimmchen krächzte: „Ja?“
    Wie zuvor der Koch erschien jetzt die schlanke Gestalt des Kapitäns in der Tür, bereit zum Ausflug, erwartungsvoll lächelnd. Überrascht zog er die dichten, schwarzen Augenbrauen in die Höhe. Sein fragender Blick wanderte von Suse zu seinem Freund und wieder zurück zu der Funkerin. In seinen blauen Augen blitzte es kalt.
    Nachdem er seinen Koch nirgends auf dem Deck entdecken konnte, hatte er ihn in dem Motorboot vermutet, das als erstes zu Wasser gelassen und bereits besetzt worden war. Mit Ossis Anwesenheit in der Kammer seiner Funkerin hatte er dagegen nicht gerechnet.
    Der hätte in diesem Moment schwören können, dass der Ausdruck auf Clausin gs Gesicht einem triumphalen Hab-ich’s-doch-gewusst! ähnelte. Na schön, nun hatte das Versteckspiel wenigstens ein Ende.
    „Ossi, mein Freund, hast du dich verlaufen? Was machst du denn hier?“ Clausings Stimme klang belustigt, der harte Gesichtsausdruck dagegen strafte seine Gelassenheit Lügen.
    „Ich wollte Susanne fragen, ob sie mit nach Lerwick fährt.“
    „Natürlich fährt sie mit. Sie steht auf meiner Liste gleich an erster Stelle.“ Der Kapitän streckte Suse seine Hand entgegen. „Kommen Sie?“
    Mit angehaltenem Atem erwartete Adrian ihre Reaktion. Clausing entging die angespannte Haltung seines Freundes nicht.
    „Ist irgendetwas?“, erkundigte er sich misstrauisch.
    „Was sollte sein?“ Suse zwang ein – wie sie hoffte – reizendes Lächeln auf ihre Lippen und schaute den Kapitän herausfordernd an. „Alles in bester Ordnung. Gehen Sie ruhig schon vor. Ich bin gleich fertig.“
    Auch der Koch wandte sich zum Gehen, Suse indes hielt ihn am Ärmel zurück. „Adrian, einen Augenblick, bitte.“
    Sie kümmerte sich nicht um den durchdringenden Blick des Alten, sondern schloss resolut die Tür hinter ihm. Dann fiel sie Adrian um den Hals und küsste ihn mit einer verzweifelten Leidenschaft, die ihn alarmierte.
    Sanft schob er Suse eine Armlänge von sich , ohne sie loszulassen, und betrachtete sie besorgt. „Was hast du vor, Sanni?“
    „Ich werde mitkommen , was sonst? Ich stehe auf der Landgangsliste, du hast es selbst gehört, und die anderen wissen das. Sie würden sich totlachen, wenn ich einen Rückzieher mache. Sie würden … Ich muss mitkommen, koste es, was es wolle.“
    „Bist du dir sicher?“
    „Nein, natürlich nicht“, fuhr sie ihn aufgebracht an und schlug seine Hand von ihrem Arm. Sie erstickte fast an dem Schluchzer, der in ihrer Kehle aufstieg. „Ich … ich habe eine Scheißangst, aber wenn ich das heute nicht durchziehe, werde ich es nie schaffen. Dann werde ich mein Leben lang vor dieser Nacht davonlaufen, das verstehst du doch, oder? Deswegen muss ich es tun. Dem Kapitän zuliebe. Und um mich nicht vor den anderen zu blamieren. Und überhaupt …“
    „Dem Kapitän zuliebe?“
    „Hat er dir nicht erzählt, dass ich drauf und dran war, wieder abzusteigen, weil ich als Funkstellenleiter und nicht bloß als zweiter FO fahren sollte? Ich habe es mir nicht zugetraut, aber er hatte keinen anderen Funker. Also hat er mich quasi auf Knien zum Bleiben überredet, obwohl es ihm sicher lieber gewesen wäre, ich wäre sofort wieder abgehauen.“
    Adrian war bei ihren Worten unmerklich zusammengezuckt.
    „ Er hat dich überredet?“, murmelte er mehr zu sich als zu Suse. „Eigentlich sollte mich das nicht wundern. Er hat

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