Frau Bengtsson geht zum Teufel
wie die Bibel sie beschreibt.«
»Welche Grundlage?«
»Na ja, Adam und Eva. Die Schöpfungsgeschichte. Die Erschaffung der Welt und der Menschen. Wie ich es auch drehe und wende, ich komme immer wieder zu dem Schluss, dass die Schöpfungshistoriker auf einer symbolischen Ebene erzählen. Dass man den Sinn des Ganzen zwischen den Zeilen lesen muss. Man soll schon glauben, dass Gott die Welt und den Menschen erschaffen hat, aber das mit den sechs Tagen und Adams Rippe darf man wohl kaum buchstäblich verstehen, oder?«
Der Rakelteil ihres Gegenübers dachte, dass Frau Bengtssons Worte ein fast perfekt wiedergegebener Lehrsatz der Schwedischen Kirche waren. Um den wissenschaftlichen Fortschritt wegzuerklären, behauptete man einfach, dass die Menschen es damals nicht besser gewusst hätten. Sie wollten sagen, dass Gott unser Schöpfer war, wussten aber nicht, wie dies geschehen war, und erfanden einfach eine Geschichte, die dem Wissensstand ihrer Zeit entsprach. Der Satansteil dagegen wusste, wie es sich wirklich zugetragen hatte. Er sagte: »Aber genau so war es.«
»Wie? Aber …«
Rakelsatan unterbrach sie: »Die Menschen wollen es sich immer leichtmachen. Sie wollen an allen widersprüchlichen Überzeugungen festhalten, auch wenn sie damit eines der wichtigsten Kapitel ihrer allerheiligsten Schrift wegerklären. In der Schwedischen Kirche behaupten einige dasselbe wie du. Sie sagen, man solle den geistigen Sinn des Wortes in der Schöpfungsgeschichte herauslesen. Aber es sind nur wenige«, log er. »Wir Insider, die tiefer in die Religion eindringen, wissen, dass man nicht einfach aus Bequemlichkeit Teile der Heiligen Schrift abstreiten darf, wenn man Christ sein will und wirklich an Gott glaubt.«
Frau Bengtsson begann zu schwitzen. Immerhin hatte das Mädchen gesagt, dass einige in der Schwedischen Kirche wie sie dachten. Ihre Denkweise war also zumindest anerkannt.
Aber Rakel hatte so sicher geklungen, als sie sagte, dass es genau so zugegangen sei, wie es im Buche stand. So sicher, dass man ihr kaum misstrauen konnte.
»Man ist sich also nicht einmal in der Kirche darüber einig?«
»Doch. Kein wahrer Christ stellt die Schöpfungsgeschichte in Frage. Ebenso wenig bezweifeln wir, dass Gott grausam ist, wie du selbst gesagt hast. Wir hier unten sind zu klein und mickrig. Warum bilden wir uns ein, wir könnten Gottes Wort umdeuten, oder malen uns aus, dass er ganz anders sei? Gott ist, wie er ist. Die Welt und die Menschen wurden so erschaffen, wie es in der Bibel steht, und entweder man glaubt es, oder man sollte sich nicht Christ nennen.« Satan nahm einen Schluck.
»Aber das ist wirklich grausam. Ich mag ja weniger verstehen als Gott, aber ich kann verdammt noch mal den Sinn meiner Fragen verstehen! Es ist doch total fies, mich mit der Fähigkeit, zu hinterfragen, zu erschaffen, aber ohne jede Begabung, eine Antwort zu finden.«
»Das kann so scheinen. Andererseits ist die Antwort schon gegeben. Wir reden hier über Glauben. Nicht über Wissen. So funktioniert Gott nicht.«
»Aber du scheinst es zu wissen?«
Satan ließ Rakel an der Antwort teilhaben. »Ja, ich wollte noch sagen, dass ich es weiß. Aber auch für mich begann es als Glaube. Und das ist der einzige Weg für den Menschen. Erst der Glaube und dann trotz allem Gewissheit.«
Die Bengtsson grübelte. Was sollte sie nun tun? Fiel damit ihre neu gefundene Spiritualität in sich zusammen? Sie fühlte sich klein vor Rakels starker Überzeugung und blätterte schweigend in ihren Notizen. Wie wir bereits wissen, mochte Frau Bengtsson es nicht, wenn sie sich kleiner als andere fühlte oder schlechter informiert war.
Und als sie so dasaß und in ihrem gesammelten Zweifel blätterte, wurde ihr plötzlich klar, dass alles, was sie gerade gesagt hatte, dem widersprach, was sie aufgeschrieben hatte.
Wenn sie zum Beispiel nicht an Adam und Eva glaubte, dann hätten sich ihre Notizen genau um diesen Zweifel drehen müssen, um den Zweifel an Gottes Wort. Aber das war nicht der Fall. Sie hatte unter anderem geschrieben:
In 1 Mose 2 , 16 – 17, heißt es, dass dem Menschen im Paradies ein einziges Gebot auferlegt war, nämlich nicht vom Baum der Erkenntnis zu essen, denn an jenem Tag sollte er sterben.
Als Adam und Eva schließlich davon gegessen hatten und mit Sterblichkeit bestraft wurden, warum aßen sie da nicht rasch vom Baum des Lebens, um wieder unsterblich zu werden? Das hätten sie sich doch ausrechnen können, nachdem sie vom Baum
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