Frau Bengtsson geht zum Teufel
»Hihi, so ein Spaß!« Seine Speckfalten schwabbelten vor Lachen. Er stand auf, nahm Frau Bengtssons Hand und öffnete mühsam die Krebsschere. Frau Bengtsson war ebenfalls aufgestanden und sah ihm mit glasigem Blick dabei zu.
»Tadaa!«, rief Ove stolz, als er den Krebs losbekommen hatte. Er hielt ihn in die Luft und winkte triumphierend mit dem armen, schwarzäugigen Tierchen, das nicht wusste, wie ihm geschah. »Mann, war das lustig. Das hab ich im Internet gefunden. Man malt einfach einen lebendigen Krebs mit Nagellack an und legt ihn mit auf die Platte.« Er klopfte sich auf den Schenkel und lachte, und viele stimmten ein. »Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen. Herrgott, sah das komisch aus. Es hat doch nicht weh getan?«
Frau Bengtsson massierte sich den Daumen. »Ne … war halb so schlimm. Aber ich habe mich zu Tode erschrocken. Er sah ja gekocht aus.«
»Ja, genau.« Ove begann wieder zu kichern. Dann hob er sein Schnapsglas: »Auf Frau Bengtsson, ein Prachtkerl – oder soll ich Prachtkerlin sagen? Und auf den Krebs. Prost!«
Alle prosteten ihr zu, also nahm sie ihr Schnapsglas und trank mit.
Den Krebs hatte Ove auf den Tisch gesetzt, und er begann eine mühsame Reise. Zuerst krabbelte er bis zur Tischkante, sah in den Abgrund, hielt die Luft an und stürzte sich hinab. Nach einer geglückten Landung streckte er seine empfindlichen Fühler in alle Richtungen aus, bis er einen Teich mit einem kleinen Wasserfall witterte – ein Koi-Teich sogar –, der nur wenige hundert Meter entfernt lag. Zwei ganze Tage lang krabbelte er, bis er endlich ins Wasser glitt.
Die Koi hielten das wunderschöne, knallrote Tier für ein übernatürliches Wesen aus einer anderen Welt, riefen ihn einstimmig zum König des Koi-Teiches aus und teilten großzügig ihr Futter mit ihm. Dort verlebte er den Rest seiner Tage in majestätischem Glanz und klapperte fröhlich mit seinen leuchtend roten Scheren, wenn die Koi ihn darum baten, und nur selten vermisste er seine eigene Art.
Auf der Krebsparty sah Frau Bengtsson ihren Mann an, der prostete und lachte, und als sie sich setzte, sagte er vergnügt: »Siehst du, manche Sünden straft Gott sofort.«
Frau Bengtsson zweifelte keine Sekunde daran, dass er recht hatte. Ihr Daumen war geschwollen. Sie musste einen neuen Plan schmieden. Und wenn es um ihr Leben ginge, niemals würde sie mit Ove schlafen.
Gegen Mitternacht kam ihr Gastgeber angeschlendert (die Schnapsfahne war ihm vorausgeeilt) und stülpte ihr ein Paar rote Grillhandschuhe über die Hände. Er wollte ein Foto machen, um es als Dankeskarte an alle Gäste zu verschicken. Da hatte sie die Nase voll, sagte Herrn Bengtsson, dass sie Kopfschmerzen habe, und bat ihn, ein Taxi zu rufen. Sie schlief während der kurzen Fahrt im Auto ein, und im Traum entschied sie, dass Beggo die weitaus bessere Wahl für einen Ehebruch war.
24
A m Sonntag, dem heiligsten aller Tage, wachte Herr Bengtsson auf und bemerkte verdutzt, dass seine Frau nicht neben ihm lag. Er horchte, aber das Haus war still. Kein rauschendes Wasser im Badezimmer, keine raschelnde Zeitung in der Küche, kein murmelnder Fernseher im Erdgeschoss. Seltsam. Laut Radiowecker war es zwanzig nach zehn, er hatte also allen Grund, sich zu wundern.
Er setzte sich auf. Die Kleider vom vorangegangenen Abend lagen im Wäschekorb oder waren zum Lüften vor das gekippte Fenster gehängt.
Er hatte es anders in Erinnerung.
Soweit er sich erinnerte, waren die Kleider in einer langen Spur von der Haustür bis zum Bett liegen geblieben. Sie hatten wohl …? Oder etwa nicht? Er betastete sein Geschlechtsteil. Doch, sie hatten. Sex im Suff. Eine lustige Variante, die leider immer seltener vorkam, seit das Erwachsensein sie im Griff hatte. Aber. Sie war also schon aufgestanden und hatte aufgeräumt. Er murmelte etwas Unverständliches, kroch langsam aus dem Bett und schlurfte ins Bad. Wenn er sich vorsichtig bewegte, würde er vielleicht die Kopfschmerzen überlisten, die hinter seiner Stirn lauerten.
Aber als er sich schwerfällig aufs Klo plumpsen ließ, schlugen sie zu, und der Durst begann zu brennen. Es war also wieder so weit. Herr Bengtsson fühlte sich alt. So einen Kater hätte ich früher höchstens nach einer Woche Mallorca bekommen. Als er spülte, bemerkte er, dass es nach frischem Reinigungsmittel roch. Hatte sie sich übergeben? Warum sonst sollte sie am frühen Sonntagmorgen die Toilette putzen?
Er zog den Morgenrock an und rief:
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