Frau Bengtsson geht zum Teufel
setzte Rakels Körper in Bewegung.
Im Supermarkt schlenderte Rakelmirakel zwischen den Regalen herum, untersuchte Konserven, roch an Fleischbällchen und las die Aufschriften von Tetrapaks, während sie heimlich Frau Bengtsson belauschte, die tatsächlich an der Kasse saß, wie Yersinia berichtet hatte. Nur jemand wie Frau Bengtsson ging direkt zu einem Geschäft und saß noch am selben Tag bei der Arbeit.
»… wie ich schon sagte. Meine Mutter war eine elende Köchin. Mit der Hälfte dieser Dinge hätte sie nichts anfangen können, ich schwör’s Ihnen. Eine schlimmere Mutter kann man sich kaum vorstellen. Ganz zu schweigen von meinem Vater. Er trank, wissen Sie. Macht dreihundertsechzehn fünfzig, Frau Hansson. Vielen Dank und auf Wiedersehen.«
»Keine Rast, keine Ruhe?«, fragte Satan, der gewartet hatte, bis sie unter sich waren.
»Ach, hallo! Stimmt genau. Es ist ja Sonntag, also meine einzige Chance, das dritte Gebot zu brechen. Ich wollte ein bisschen Dampf machen. Warum bist du nicht in der Kirche?« Sie lachte.
»Ach so. Und wie ich höre, kombinierst du es mit Gebot Nr. 4 ?« Er ignorierte ihre Frage und hoffte, sie würde sie vergessen.
»Ja. Ich hab lange überlegt, wie ich das tun soll. Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren. Sie leben nicht mehr, also kann ich höchstens schlecht über sie reden. Zuerst wollte ich einen Leserbrief an irgendeine Kummerspalte schreiben, aber das wäre irgendwie zu langlebig. Stell dir vor, ich würde es in ein paar Jahren bereuen.«
Offenbar trug Frau Bengtsson immer noch Scheuklappen im Hinblick auf die unwiderruflichen Konsequenzen ihres Projektes. Anders könnte sie es kaum zu Ende bringen, dachte der Teufel und sagte nur: »Klug. Aber wie in aller Welt hast du es fertiggebracht, hier hereinzuschneien und sofort einen Job zu kriegen?«
Frau Bengtsson lachte. »Ja, schlau muss man sein. Ich habe mich nicht umständlich beworben, sondern bin direkt zum Chef gegangen. Ich kenne ihn seit Jahren und habe ihm erzählt, dass ich von nun an jeden Sonntag ohne Lohn arbeiten wolle. Ich habe ihm weisgemacht, dass es zu einem Wohltätigkeitsprojekt gehört: Wenn der ICA -Håkan – so heißt der Chef hier, weißt du – wöchentlich einen Hunderter ans Rote Kreuz spendet, sitze ich im Gegenzug jeden Sonntag kostenlos an der Kasse. Er wäre ja dumm, wenn er nicht darauf eingegangen wäre, so viel Geld, wie er damit spart. Er konnte Ida, die Kassiererin, zum Warenstapeln aufs Lager schicken, und ich habe gleich angefangen.«
Der Böse grinste. »Was hat die arme Ida gesagt?«
»Weiß ich nicht, und ist mir ehrlich gesagt auch egal. Hauptsache, ich arbeite am Sonntag und ziehe über meine Eltern her. Macht nichts, wenn ich den Gerechtigkeitssinn von irgendeinem jungen Ding verletzt habe, oder? Fies sein ist doch unchristlich?«
»Ja, sicher«, gluckste Satan. »Ich nehme die hier.« Er legte ein Päckchen Einwegrasierer auf das Band.
»Zeit, die Körperbehaarung unter Kontrolle zu bringen?«
»Ja, du sagst es.«
»Igitt, meine Mama hat sich nie die Beine rasiert. Haarig wie eine ostdeutsche Gewichtheberin war sie. Wenn sie Nylonstrümpfe trug, stachen die Haare durch. Und was nicht durchstach, wurde zu dunklen Kringeln platt gedrückt. Am Ende hatte sie sogar einen Bart. Und mein Vater! Der hat seine Rasierklingen immer geklaut. Fand sie zu teuer, sagte er. Tatsächlich war er der Anführer einer Bande, die jedes Jahr Rasierklingen im Wert von etlichen Millionen stahl.«
Rakel sah sie verwundert an. »Wirklich?«
»Nein, aber was soll’s. Meine Mama war auch nicht haarig. Das spielt doch in diesem Zusammenhang keine Rolle, oder?«
»Da hast du natürlich recht«, lachte Satan, bezahlte und ging, bevor sie sich an die Frage nach dem Gottesdienst erinnern würde.
Auf halbem Weg nach Hause traf er Yersinia, die sich schmatzend für die Mahlzeit bedankte. Sie genoss die Sonne, die auf ganz andere Art wärmte als der Wanderer. Voller Neid fuhr der Teufel mit einem Teil von sich in die Miezekatze, um ebenfalls heimlich die Sonnenstrahlen zu genießen.
Um ein Uhr klingelte Frau Bengtssons Handy. Herr Bengtsson fragte, wo seine Frau bliebe. Als sie erklärte, dass es nur noch eine Stunde dauern würde – der Supermarkt schloss um zwei – und dass sie an einem Wohltätigkeitsprojekt teilnehme, eine Hausfrauensache, für die er sicher Verständnis habe, und dass sie dies ein paar Sonntage lang tun werde, legte er zufrieden den Hörer auf. Er fegte sogar die
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