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Frau des Windes - Roman

Frau des Windes - Roman

Titel: Frau des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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eine Katze aus, der sie einen Marlene-Dietrich-Kopf aus Harper’s Bazaar anklebt. Dann montiert sie eine Schildkröte auf ein Flugzeug, von dem aus eine Treppe in einen Kessel hinabführt, aus dem zwei uniformierte Zwillinge herausschauen. Remedios klebt Papierblumen auf ein blaues Meer. Sie amüsieren sich. Remedios’ Lachen tut Leonora gut.
    Den Gesprächszirkeln in der Calle Gabino Barredas schließt sich der Peruaner César Moro an, ein kleiner, schlanker Mann mit Filzhut. Er schreibt seine Texte auf Französisch, der Sprache, die er sich während seiner neun Pariser Jahre im Schatten Bretons zu eigen gemacht hat.
    »Als Breton verkündet hat, die einzig gültige Form, in der Liebe sich äußert, sei die heterosexuelle, habe ich mich von ihm distanziert.«
    Sehnsuchtsvoll erinnert er sich an die Verse aus seinem ersten Gedichtheft, das er damals Éluard geliehen hat.
    »Er hat es auf einer Bahnfahrt verloren.«
    »Schreib die Gedichte doch noch einmal.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Dann bring Éluard um.«
    Auf Einladung von César Moro stoßen Xavier Villaurrutia und der Maler Agustín Lazo zu der Runde. Paalen ist ein großer Freund von Totemkunst und will alles über das Mexiko aus der Zeit vor der Konquista wissen. Leidenschaftlich diskutiert er über Freuds Totem und Tabu . Die gab es schon vor den Göttern, Tabus sind älter als jede Religion. Der Peruaner indessen kennt nicht einmal Machu Picchu und hat sich nie dafür interessiert, diese Kultstätte zu besichtigen. Er klagt darüber, dass man ihn in Frankreich nicht veröffentlicht, weil er kein Franzose sei, und in Lima schon gar nicht, weil man ihn dort erst übersetzen müsse.
    »Warum schreibst du auch auf Französisch? Du machst dir das Leben ganz schön schwer«, sagt seine enge Freundin Alice Rahon.
    Paalen, der Moros Streitgespräche mit Huidobro bewundert, lädt ihn zur Mitarbeit an seiner Zeitschrift Dyn ein.
    »Vicente kopiert nur«, behauptet Moro.
    »Was bedeutet denn dieses Dyn ?«, will Leonora wissen.
    » Dynaton : das, was möglich ist … Du hast wohl dein Griechisch schon vergessen. Dyn will die Kunst aus Alaska und die der Mayas und Azteken fördern und die Werke jener Maler würdigen, die den mexikanischen Muralismus verabscheuen.«
    »Welche Maler denn? Hier betreiben doch alle diese bescheuerte Wandmalerei«, ruft Péret.
    »Ich habe einen jungen Mann kennengelernt, der anders malt als die Muralisten, und seine Frau ebenfalls: Rufino Tamayo und María Izquierdo. Sie arbeiten beide sehr ähnlich«, sagt Paalen.
    Benjamin Péret fühlt sich nicht wohl in Mexiko. Er lebt rückwärtsgewandt, begeistert sich für die yukatekischen Chilam-Balam-Bücher, vertieft sich ins Popol Vuh, forscht in Handschriften und Manuskripten. Gleichwohl sind seine Gedanken häufiger bei der Kapitulation Frankreichs vor den Nazis als bei den Erzählungen der Maya und Quiché.
    »Darüber schreibe ich zwar, aber im Grunde lässt Frankreich mich nie los«, klagt er.
    »Die Halluzinationen, die ich in den Höhlen von Altamira hatte, haben mich von Grund auf verändert. Wahres Genie findet man nur bei den primitiven Völkern«, meint Paalen.
    Immer wenn irgendwo in der Stadt eine Straße aufgerissen wird, kommen Fundstücke aus der Zeit vor Cortés ans Tageslicht, man braucht nur hinter den Bulldozern herzulaufen und sie einzusammeln. Sogar auf Friedhöfen tauchen Schalen und Gefäße auf, springen einem wie Puffreis entgegen. Angesichts der beschädigten Objekte und der vielen vergrabenen Obsidianpfeile rings um die Pyramiden von Teotihuacán gerät Paalen vollkommen aus dem Häuschen.
    »Ich verstehe deine ganze Begeisterung nicht. Mexiko ist doch eine furchtbar triste Stadt«, findet Péret. »Eine tote Stadt ohne Cafés und ohne Kneipen.«
    »Und was ist mit dem Sanborn’s in der Calle Madero?«, sagt Remedios, um ihn zu trösten.
    »Ich meine die Café-Terrassen auf den Bürgersteigen, die Tische im Freien, die das ganze Umfeld mit Energie aufladen, all die Zufallsbegegnungen, eine plötzlich auftauchende Nadja, die einen um Feuer bittet.«
    Die Einzige, die Arbeit hat, ist Remedios. »Ihr müsst etwas unternehmen«, spornt sie die anderen an. Paalen und Alice Rahon lassen sich von der vermögenden Eva Sulzer aushalten.
    »Ich mache alles Mögliche, Etiketten, Werbung, entwerfe Kleider und Möbel und restauriere Paalens präkolumbische Keramik«, erzählt Remedios stolz.
    »Ich geb dir Arbeit bei Dyn «, verspricht ihr Paalen.
    »Und wer bezahlt

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