Frau Edelweiß und der Nato-Gipfel: Ein Schulkrimi - Der erste Fall von Frau Edelweiß (German Edition)
direkt an“, urteilte sie über ihre Kolleginnen. „Einfach widerlich. Was hat der denn schon vorzuweisen außer seiner Männlichkeit? Macht der vielleicht einen besseren Unterricht? Kann der vielleicht besser organisieren als die anderen? Ist der engagierter als alle anderen? Nur, weil er aus Unfähigkeit sich über den Stundenplan zu beschweren, den ganzen Tag im Schulhaus rumhängt, heißt das noch lange nicht, dass er engagierter ist oder mehr Zeit in die Unterrichtsvorbereitung hängt als wir. Man muss nicht den ganzen Tag und am besten noch die ganze Nacht im Schulgebäude verbringen, um seine Planung gut und effektiv gemacht zu haben. Aber es hilft wohl fürs Image. Sie konnte das nicht ausstehen. Tag und Nacht Schule. Sie hatte auch noch Familie und Freunde außerhalb der Schule. Ja, so was soll vorkommen. Ein halbes Leben ohne Schule, das gab es. Sie war zwar die Ausnahme, war sie deshalb weniger gut? Weil sie ihren Unterricht am Abend vorbereitete, ohne Schwätzereien. Effektiv, auf den Punkt, zielgerichtet. Sie konnte nicht die Zeit stundenlang damit verbringen ein passendes Bild in allen zur Verfügung stehenden Büchern und im Internet zu suchen, nur damit das Arbeitsblatt besonders nett aussah. Damit wollte sie ihre Zeit nicht vergeuden. Genauso wenig vergeudete sie ihre Zeit mit Arbeitsblättern. Sie war für Dinge aus Fleisch und Blut. Sie hatte für fast alle Themen des Unterrichts Materialien in ihrem Klassenzimmer stehen. Die Schüler konnten die Lerninhalte, die sie brauchten, praktisch aus dem Regal nehmen und mit Hand und Herz arbeiten. Die Schüler mussten auch nicht warten, bis der Halbgott Lehrer zu ihnen herabstieg und ihnen verkündete was sie heute zu lernen hatten. Sie durften selbst aktiv werden und oftmals arbeiteten sie schon intensiv, bevor Frau Edelweiß das Zimmer betrat. Aber das zählte alles nichts. Die Schleimer kamen vorwärts.
Sie war wütend und frustriert, als sie ihren Weg nach Hause antrat. Vor Wut konnte sie zu Hause keinen Bissen herunterbekommen, dass war ein untrügliches Anzeichen dafür, dass es ihr wirklich mies ging. Am späten Nachmittag kam ihre Tochter von der Schule nach Hause. Sie öffnete die Tür. „Na Mama, wie war dein Tag?“, fragte sie arglos. Nach einen Blick in ihr Gesicht, ergänzte sie nur: „Kein guter Tag, so wie du aussiehst.“ „Ja, frag mich nicht und lass mich bloß in Ruhe.“ „Okay, okay, ist schon klar. Fährst du nachher mit mir Inliner?“ „Nee, tut mir leid, ich muss noch die Aufsätze durchschauen.“ „Das ist wieder so typisch, nie hast du Zeit. Du bist schon den ganzen Nachmittag da, was hast du denn gemacht. Wieder deinen Mittagsschlaf?“ „Jetzt mach mal nen Punkt. Ich bin auch gerade erst von der Schule gekommen. Du kannst dir gar nicht vorstellen was da los ist, seit der Radeck tot ist.“ „Du hast den doch eh nicht ausstehen können.“ „Was ist denn das jetzt für ein Argument. Wir sind alle verhört worden.“ „Hört, hört, ein Verhör.“ „Lass den Quatsch, hast du deine Mathearbeit schon zurückbekommen?“ Mathe, das war das beste Schlagwort, um ihre pubertierende Tochter mundtot zu bekommen, da war sie nämlich nicht so gut. Sonst so ehrgeizig, konnte sie in Mathe einfach nicht von ihrem Vierer runterkommen. Der Trick zog. „Du bist so blöd, Mama, echt doof.“ Und damit verschwand sie beleidigt in ihr Zimmer. Dann trudelte fünf Minuten später ihr Sohn ein, er interessierte sich gar nicht für die Erlebnisse seiner Mutter, er zog eine Schnute, die länger nicht sein konnte. „Was ist denn los?“ „Oh, frag mich nicht. Im Bus – uahhh – da war es wieder so ätzend. Der Hendrik, der hat mal wieder versucht alle zu verkloppen. Der hat da rumgeschrien. Mama ich halte das echt nicht mehr aus. Und dann war es da so voll. Ich habe fast keine Luft mehr bekommen. Ein Schüler aus der zehnten Klasse hat endlich mal richtig gehandelt, der hat ihn am Kragen gepackt und hochgehoben. Er hat gesagt, er hört erst auf, wenn er sich wieder beruhigt.“ „Cool, und was hat der Hendrik dann gemacht?“ „Er hat geflennt. Typisch.“ Dann schmiss er die Schultasche in die Ecke, genauso wie es seine Mutter wünschte!!! Und die Jacke ganz ordnungsgemäß obendrauf. Sie hatte keine Kraft zu rebellieren. Es war doch jeden Tag das Gleiche. Sie wollte gar nichts mehr. Sie ließ die Aufsatzhefte liegen und legte sich einfach ins Bett. Schon um 20 Uhr im Bett! Das war seit den letzten 3 Jahren nicht mehr passiert.
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