Frau Edelweiß und der Nato-Gipfel: Ein Schulkrimi - Der erste Fall von Frau Edelweiß (German Edition)
hörte tatsächlich etwas. Im Rektorat ging es recht laut zu. Natürlich hörte sie nur die grelle Stimme von Frau Herrmann, während das beschwichtigende Murmeln von Herrn Wehrdorf völlig unterging. „Das lasse ich mir nicht bieten. Was bilden Sie sich eigentlich ein. Wenn Sie es in Ihrer Laufbahn zu etwas bringen wollen, dann müssen Sie schon anders reagieren. Wir haben sehr gute Kontakte zum Schulamt und zum RP, Sie wissen schon Herr Meier ist der ehemalige Schulkamerad meines Mannes. Außerdem sind die beiden jeden Freitag im Schachclub. Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, welche Kontakte mein Mann zum Regierungspräsidium hat. Die Edelweiß ist sowieso eine völlig unfähige Person. Will unseren Jungen nicht auf dem Gymnasium sehen. Spricht von Überforderung. Die ist überfordert.“ Das waren ganz schön heftige Worte. Frau Edelweiß schluckte. Die kämpft mit allen Mitteln. Wieder vernahm sie leises Murmeln von Herrn Wehrdorf. Frau Herrmann antwortete mit wildem Kreischen. Sie brauchte erst gar nicht dicht an die Türe zu gehen, sie konnte die Worte laut und deutlich vernehmen, so wie jeder Passant der sich im Umkreis von 200 Metern vom Schulgebäude entfernt aufhielt. „Was heißt hier, es gibt keinen Tatverdacht mehr! Es geht um das Wohl unserer Kinder! Wenn diese Person nur noch eine Minute länger in diesem Schulhaus weilt, werde ich zur Presse gehen und die macht dann aus Ihnen und Frau Edelweiß Hackfleisch. Ihre Karriere können Sie vergessen!“ Jetzt wurde Herr Wehrdorf laut. „Ich bitte Sie, Sie können nicht… Auch ich muss mich an die Vorschriften halten.“ „Papperlapapp. Wer hält sich in so einem Fall schon an Vorschriften!“ „Wenn Sie meinen, ich versuche…“, den Rest konnte Frau Edelweiß nicht mehr verstehen. Sie konnte sich denken, worauf das ganze hinauslief. Nun hatte sie genug gehört. Schnell schlich sie sich in ihr Klassenzimmer zurück, in dem ihre Schüler ganz zu ihrer Überraschung immer noch sehr konzentriert arbeiteten. Sie spürten auch, dass da ein Damoklesschwert über Frau Edelweiß hing. Inzwischen nervös geworden, schaute sie angespannt auf die Uhr. Wann würde er kommen und die frohe Botschaft verkünden. Wie sollte sie reagieren? Wollte er bis zur Pause warten, damit es vor den Schülern kein Aufsehen gab? Die kleine Jana kam zu ihr. „Du, Frau Edelweiß, musst du wirklich ins Gefängnis?“ „Nein, ich habe nichts gemacht, weswegen man ins Gefängnis gehen müsste.“ „Dann bin ich beruhigt, denn ich komme gerne zu dir.“ Das Herz ging ihr auf. Wenn es überhaupt einen Grund dafür gab, Lehrerin zu werden, dann war es für diese Momente, die immerhin ein paar Male in einem Lehrerleben kamen. Diese kostbaren Momente, in denen man das Gefühl vermittelt bekommt, es war nicht alles für die Katz. Man hat seine Aufgabe richtig erfüllt. Kinder wussten sicherer als Erwachsene, wer sich um sie bemühte und wer es ernst mit ihnen meinte. Das war nicht immer so. Es gab natürlich auch Kinder, die musste man erst einmal hart in ihre Schranken verweisen, da die Eltern versäumt hatten, es zu tun. In den meisten kritischen Fällen gab es sowieso nur ein Elternteil, der sich für die Kinder zuständig zeigte. Mit Kindern, die nur noch nach dem Lustprinzip erzogen wurden, konnte man ein normales Arbeiten kaum aufnehmen. Entweder man gestaltete den Unterricht so, dass man wild gestikulierend vor der Tafel als Fernsehersatz rumhüpfte, ständig in Bewegung blieb und nach zehn Minuten Arbeit eine Werbepause einlegte, oder man folgte seinem Gewissen und versuchte die Kinder wieder zu regenerieren. Alles was früher verpönt war, stellte sich heute geradezu als Heilsbotschaft dar. Das gute alte Abschreiben, Arbeiten nach Ritualen, Lesen in Silben. Alles alte Hüte und doch wieder die Klassiker. Frau Edelweiß hatte keine Lust eine Ergänzung zum Fernseher und all den anderen Dingen mit Stromstecker zu sein. Die Kinder waren kaum in der Lage zuzuhören. Höflichkeitsformen waren ganz verschüttet. Man unterbricht kein Gespräch, man sagt „Bitte“, man wartet bis man an der Reihe ist. Nein, im Gegenteil. Manche Eltern kamen dann und beschwerten sich: „Mein Sohn kommt bei Ihnen nie dran. Er hat keinen Spaß dabei jeden Tag eine Übung abzuschreiben. Meine Tochter möchte nicht so viele Aufsätze schreiben. Die Hausaufgaben sind zu viel. Der Spaßfaktor ist zu gering.“ Ein Vater hatte sich sogar darüber bei dem Schulleiter darüber beschwert, dass sich die Kinder
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