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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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denn nur los mit Ihnen, mein Junge?«
    »Nichts. Wirklich. Ich bin müde. War ein anstrengender Tag. Morgen kümmere ich mich um alles, nach dem Frühstück.«
    »Mit Kaffee und Macchiato«, sagte sie und hoffte, dass das ein kleines Leuchten war, das sie in seinem Auge sah.

6

    ER LIEBTE DEN DUFT VON KAFFEE am Morgen. Das war an sich nichts Besonderes. Das ging sicher vielen so. Warum sollte man morgens Kaffee trinken, wenn man nicht auch den Geruch mochte? Nur lag er noch auf seinem Sofa, spürte das Kratzen der gestreiften Strickdecke seiner Urgroßmutter und wusste ganz genau, dass er noch nicht aufgestanden war, um Kaffee zu kochen. Und dennoch roch es nach Kaffee. Da war dieser Duft, der zeigte, dass der Tag gut war, ehe er überhaupt begonnen hatte. Gemeiner konnte man eigentlich niemanden aufs Glatteis locken, wenn man ihm Böses wollte. Zum Kaffeeduft kam eine leichte Brise, fast wie am Meer, die über sein Gesicht strich und das Liegen im Bett noch angenehmer machte. Hier war es warm. Wie im Schlafsack am Strand, wenn man es schaffte aufzuwachen, bevor die Sonne zu heiß wurde. Das Meer ganz still und der Sand noch ein wenig feucht. Draußen die Fischerboote am Horizont. Das monotone Knattern des einen oder anderen Motors. Und selbst die
    Möwen klangen ausgeruht, noch gar nicht aufgeregt. Eine frische Ruhe. Nur dass es da nicht nach Kaffee duftete.
    Er seufzte vor Wonne und machte dann vorsichtig das Auge auf, ängstlich, einen Traum zu verscheuchen. Der Duft blieb. Das Fenster stand offen. Daher die Brise. Die jungen Blätter der Kastanie schaukelten gemütlich im Wind. Der Himmel war von einem Blau, das an Abenteuer denken ließ. Sein Auge juckte. Er setzte sich auf und verstand, als er seine offene Schlafzimmertür sah, wem er das Glück der letzten Augenblicke zu verdanken hatte. Das Glück, zu Kaffeeduft in einem frisch gelüfteten Zimmer aufzuwachen. Es konnte so einfach sein. Er freute sich auf Frau Ella.
    Was war nur gestern mit ihm los gewesen? Was fiel ihm ein, vor dieser fremden und hilfsbedürftigen Frau seine Egonummer zu geben. Fehlte nur noch, dass er mit ihr über Lina sprach. Jedenfalls könnte er etwas souveräner mit ihr umgehen, ganz egal, ob er ihr nun das Leben gerettet hatte oder sie einfach zu Besuch war. Das war schließlich keine große Sache. Er war der Erwachsene. Eigentlich. Noch auf dem Sofa sitzend, versuchte er, den Tag zu planen. Sie würden frühstücken, er also erst einmal Brötchen holen gehen. Dann musste er zum Krankenhaus, damit sie schnell wieder zu sich nach Hause konnte. Klaus, ja Klaus wollte vorbeikommen und helfen. So schlecht war das nicht, dann müsste er kein Taxi nehmen, und ein wenig unwohl war ihm auch bei dem Gedanken, sich alleine im Krankenhaus blicken zu lassen. Sie sollten vielleicht für Frau Ella einkaufen, mit ihr zu Abend essen, oder Kaffee und Kuchen. Heute würde sie ihn jedenfalls von einer besseren Seite kennenlernen. Er stand schließlich auf, um sich auf den Weg in die Küche zu machen. Da fiel ihm ein, dass er wegen der Brötchen noch runter zum Asiaten musste, und er schlüpfte schnell in seine Hose. Die Flip-Flops fand er unter dem Sofa. Vielleicht gab es heute ja auch Croissants.
    Kurz war er sich sicher, dass er noch träumte, als er in die Küche schaute. Auch nachdem er sich das Auge gerieben hatte, saß da Frau Ella am ordentlich gedeckten Frühstückstisch. Ihr Kopf war gekrönt von einer vollkommen aus der Form gegangenen Lockenpracht und lag auf einer Zeitung. Davor eine prall gefüllte Brötchentüte. Jetzt sah er, dass ihr Kopf nicht auf der Zeitung lag, sondern sich knapp darüber hin und her bewegte. Er versuchte zu verstehen, was sie vor sich hin murmelte.
    »Einäugig im griechischen Mythos.«
    »Zyklop«, sagte er, amüsiert vom Spiel des Zufalls. Es gab Dinge, die konnte man sich nicht ausdenken.
    »Zett, Ypsilon, Ka, El, O, Pe, passt. Richtig«, murmelte sie vor sich hin, ohne ihn weiter zu beachten. Er ging zurück in die Stube und an seinen Schreibtisch, durchwühlte die Schublade und fand schließlich die alte Lupe, die ihm irgendein Großonkel vor Jahren einmal geschenkt hatte. Zurück in der Küche, legte er das in Metall gefasste gläserne Rund mit seinem hölzernen Griff einfach neben die Zeitung.
    »Vielleicht können Sie die gebrauchen.«
    »Ja, danke«, murmelte Frau Ella, nahm die Lupe und hing jetzt etwas höher über der Zeitung. »Nebenfluss der Isar.«
    »Iller, Lech oder Inn.«
    »Nicht der Donau. Ein

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