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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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zurechtgekommen, alleine, die ganzen letzten Jahre. Man brauchte keine Menschen, um zu überleben. Trotzdem hatte sie sich verführen lassen. Hatte sich Hoffnung machen lassen. Warum tat er das? Warum gab er ihr erst das Gefühl, dass er für sie da war, um sie gleich darauf zu enttäuschen? Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie ihn für bösartig gehalten.
    Bei allem Ärger war es nicht nötig, den Müll noch länger auf dem Tisch stehenzulassen. Sie beugte sich vor, langsam, weil sie spürte, dass auch ihr Rücken seinen Teil von all der Aufregung abbekommen hatte, griff nach den Schalen, stapelte sie, legte das Besteck obenauf.
    »Lassen Sie, ich mach das schon«, sagte das Mädchen, als sie aufstehen wollte.
    »Ich mach das gerne.«
    »Ach Quatsch. Bleiben Sie bitte sitzen.«
    So dünn das Mädchen war, natürlich war sie flinker auf den Beinen und räumte den Tisch ab. Dabei hätte Frau Ella genau das gebrauchen können. Ein wenig für Ordnung sorgen. Abspülen. Sich ablenken.
    »Ich hole Ihnen noch eine Zahnbürste beim Asiaten«, sagte Sascha.
    »Wir machen uns dann auch gleich auf den Weg«, sagte Klaus.
    »Brauchen Sie sonst noch etwas?«
    »Danke. Es ist ja nur für eine Nacht.«
    »Ja genau. Für eine Nacht«, sagte er, stand auf und ging aus der Küche.
    »Nehmen Sie’s ihm nicht übel«, sagte Klaus, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten. »Eigentlich mag er Sie.«
    »Was hat er denn nur? Er wirkt so, so unglücklich.«
    »Er leidet am Leben«, sagte Klaus, und sie verstand nicht, wie ernst er das meinte.
    »Und an der Liebe«, sagte das Mädchen von der Spüle her. »Seit Lina weg ist, ist mit Sascha nichts mehr anzufangen.«
    »Als sie noch da war, war’s noch schlimmer. So ’ne Art fatale Leidenschaft, wenn Sie verstehen, was ich meine. Großes französisches Kino. Blumentöpfe vom Balkon werfen, heimliche Treffen mit älteren Herren, Morddrohungen und so weiter. Nicht so gut für die Nerven. Na ja, irgendwas muss an der sein, und wenn’s nur die Titten sind.«
    »Mann, Klaus«, sagte Ute und lächelte ihr entschuldigend zu.
    »’tschuldigung, Frau Ella. Sie sollten ihn da jedenfalls nicht drauf ansprechen. Irgendwann geht’s auch dem wieder besser.«
    »Die ist aber auch wirklich so was von bescheuert, die Alte«, sagte das Mädchen und lächelte ihr schon wieder zu. »Nicht Sie natürlich, Frau Ella, sondern Saschas Ex.«
    »Sie meinen, er ist unglücklich verliebt? Wie heißt sie denn?«
    »Lina«, seufzte Klaus.
    »Ein seltsamer Name«, fand sie. »Nicht Lisa, nicht Tina.«
    »Passt eigentlich ganz gut«, sagte das Mädchen. »Die Alte weiß nicht, was sie will.«
    »Wie alt ist sie denn? Viel älter als er?«
    »Quatsch. Die ist mal gerade Mitte zwanzig.«
    »Und warum nennen Sie sie dann immerzu die Alte? Das bin dann ja wohl eher ich.«
    Die beiden sahen sich an und grinsten.
    »Ach, Frau Ella«, sagte Klaus. »Sie wissen gar nicht, wie knufte Sie sind. Das sagt man heute so. Das heißt so viel wie Typ, Freund, Kollege.«
    »Aha«, sagte sie.
    »Ja, so ist das.«
    Das Mädchen setzte sich wieder zu ihnen. Sie schwiegen und lächelten vorsichtig.
    »Sag mal, was heißt denn knufte?«, fragte das Mädchen nach einer Weile, und Frau Ella war beruhigt, dass sie nicht die Einzige war, die ihn nicht verstand.
    »Na ja, halb knorke und halb dufte.«
    Dann hörte sie den Schlüssel in der Tür.
    »Da kommt auch schon wieder unser Ritter von der traurigen Gestalt«, sagte Klaus.
    Sascha trat in die Küche, legte eine Zahnbürste auf den Tisch, als überbringe er ihr da ein ganz besonderes Geschenk. Das war natürlich Unsinn. Sie war durcheinander. Die ganzen Erinnerungen, der Ärger des jungen Mannes und jetzt auch noch so seltsame Ideen.
    »Das wäre wirklich nicht nötig gewesen«, sagte sie.
    »Lassen Sie gut sein«, sagte er leise, erschöpft, müde.
    »Na dann mal ’ne gute erste Nacht«, sagte Klaus, stand auf und zwinkerte ihr zu. »Ich komm morgen vorbei. Dann holen wir Ihre Sachen aus dem Quacksalbertempel.«
    »Hey Klaus, das schaff ich schon«, sagte Sascha.
    »Kümmere du dich um dein Auge, Capitano. Bis morgen also!«
    »Tschüüüs«, rief Ute, die schon in der Diele stand. »Tschüs Frau Ella!«
    »Macht’s gut Kinder und fahrt vorsichtig«, rief sie. Die beiden winkten aus dem Flur und lächelten. Dann fiel die Tür ins Schloss. Sie hörte, wie die Schritte im Treppenhaus immer leiser wurden.
    »Wollen Sie zuerst ins Bad?«
    Sie schwieg und sah ihn an.
    »Was ist

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