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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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was hätten Sie denn davon? Ich bin doch schon jetzt halb tot!«
    »Sehen Sie! Jetzt fragen Sie, was ich davon hätte, als würde man lieben, weil man irgendetwas davon hat, irgendeine Belohnung, eine Prämie, einen Bonus, was weiß ich. Alle reden andauernd von dem großen, unfassbaren Ding, behandeln es aber letztlich wie einen Bausparvertrag, bei dem jeder Paragraph geklärt sein will.«
    »Aber Sascha, Sie waren es doch, der eben gesagt hat, dass manche Sachen einfach nicht funktionieren können.«
    »Da meinte ich Lina. Das ist eine ganz andere Geschichte.«
    Schweigend spazierten sie weiter. Selbst in den Häusern war kaum noch Licht zu sehen. Spätabends unter der Woche. Die glücklichen Paare lagen in ihren Ehebetten und schnarchten oder stritten sich in den Schlaf. Immerhin verhinderten die Frauen so, dass die Männer auf noch dümmere Gedanken kamen. Letztlich war damit schon viel gewonnen fürs Familienglück. Vielleicht ging es genau darum, bescheiden zu werden, nicht zu viel zu erwarten, um überhaupt etwas zu bekommen. Man konnte froh sein, wenn man das Schlimmste verhinderte. Nur wenige hatten das Glück, sich im Hobbykeller mit Peitsche und Latexmaske zum Schäferstündchen mit dem Nachbarn zu treffen und dabei auch noch Spaß zu haben, aber die Kellerfenster waren von der Straße aus nicht zu sehen. Und auch das war nicht jedermanns Sache.
    »Sagen Sie, Frau Ella, wollen wir noch einen Absacker nehmen?«, fragte er, um seinen unschönen Gedanken ein Ende zu bereiten.
    »Sie meinen es ja wirklich gut mit mir!«
    »Kommen Sie, nur einen Kleinen. Auf die Liebe.«
    »Einen Klitzekleinen.«
    »Ein Pfützchen.«
    »Einverstanden. Aber nur, wenn Sie versprechen, nicht schlecht von Ihrer Freundin zu denken.«
    »Noch nicht einmal denken?«
    »Zumindest nicht reden.«
    »Versprochen«, sagte er und musste lächeln.

    In der Kneipe saßen noch die üblichen Nachtschwärmer, die so ganz und gar nichts Schwärmerisches an sich hatten. Er war seit Monaten nicht mehr hier gewesen, nachdem er vorher fast jeden Abend an diesem Tresen verbracht hatte. An der Kneipe war seine Abwesenheit spurlos vorübergegangen. Ein paar der Flaschen, die hinter dem Tresen die Wand verkleideten, waren vielleicht etwas leerer, andere waren ersetzt worden.
    Das Holz an den Wänden war unwesentlich nachgedunkelt vom Zigarettenrauch, die Zapfanlage glänzte wie ein Schrein inmitten all der Schummrigkeit, es lief die Standardkassette Nummer drei, Ende der Achtziger zusammengestellt für eine Autobahnfahrt durch die Republik, wie ihm Dobbi, der Besitzer, einmal mit nostalgischen Tränen in den Augen erzählt hatte.
    »Is schon wieder Geisterstunde?«, rief der weißhaarige Uwe aus seiner Ecke. »Oder warum seh ich Gespenster?«
    Sechs glänzende Augenpaare sahen in ihre Richtung, und Sascha war sich nicht mehr sicher, ob dieser Absacker auf die Liebe eine gute Idee gewesen war.
    »Hey Jungs«, sagte er.
    »Habt ihr das gehört?«, fragte Uwe. »Das Gespenst spricht! Klingt fast wie unser alter Freund Sascha, nich?«
    »Was hatter denn mit dem Auge gemacht?«, fragte von hinter dem Tresen Pete, der also immer noch mittwochs arbeitete.
    »Ja, und was hatter mit seiner Keule gemacht? Irgendwie sah die mal frischer aus, oder?«, rief Uwe, der langsam in Fahrt kam, glücklich, zu so später Stunde noch ein neues Thema gefunden zu haben.
    »Die musser aber ordentlich rangenommen haben, der Kleine! Mannomann, so’n Neuwagen hält heute auch überhaupt nichts mehr aus.«
    »Hören Sie einfach nicht hin«, sagte Sascha leise zu Frau Ella. »Die langweilen sich nur.«
    Zum Glück war das linke Ende des Tresens wie üblich unbesetzt, wohin er Frau Ella schnell führte. Dann winkte er Pete.
    »Na ihr Einaugen, was darf’s sein?«, fragte der.
    »Habt ihr Klosterfrau da?«, flüsterte Sascha.
    »Was?«, rief Pete und starrte ihn an, als habe er im Vatikan nach Kondomen gefragt.
    »Na, Melissengeist. Klosterfrau Melissengeist.«
    »Samma, hab ich’n weißen Kittel an, oder was? Das is doch keine Apotheke hier!«, rief Pete. »Hört ma, Jungs, der Dünne will ’ne Klosterfrau!«
    »Noch eine? Der hat doch schon eine dabei!«, brüllte Uwe.
    »Na, dann halt was Ähnliches«, sagte Sascha, der auf keinen Fall auf irgendeinen der Sprüche eingehen durfte. Sonst wäre er verloren, und Frau Ella mit ihm.
    »Das sind ja mal Wünsche, die man da von draußen aus der Welt mitbringt«, seufzte Pete. »Wisst ihr einen Drink, der was Ähnliches wie ’ne

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