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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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spielen versteht. Er geht ganz offensiv mit der Säure um, bedient sich ihrer ganzen Kraft, um die Blume noch stärker blühen zu lassen. Allerdings müssen Sie einen Sinn für einen leichten Asphalt im Abgang haben.«
    »Haben Sie Sinn für Asphalt im Abgang, Frau Ella?«, fragte Klaus in ihre Richtung.
    »Entschuldigung?«, fragte sie, die fürchtete, dass er sich vor dem vornehmen Kellner über sie lustig machte.
    »Er meint, ob Sie schwere Rotweine mögen«, sagte Ute.
    »Schwere Rotweine?«
    »Ja, so dunkle, intensive, so richtige Geschmacksorgien.«
    »Aha.«
    »Und?«, fragte Klaus.
    »Was fragen Sie denn mich? Als wüsste ich etwas von gutem oder schlechtem Wein! Machen Sie nur, wie Sie mögen, mein Junge. Ich hatte in den letzten Tagen mehr Wein als in meinem ganzen Leben davor. Wenn es hier so etwas gibt, hätte ich jetzt gerne ein kleines Bier.«
    »Ein Bier?«, fragte der Kellner.
    »Ja, bitte. Am besten gut gekühlt.«
    Martini, Champagner, Wein, das war ja alles schön und gut, aber irgendwann brauchte man doch auch mal etwas Normales, dachte Frau Ella. Das Leben war schließlich kein Jahrmarkt.
    »Und eine Flasche von dem Barolo«, sagte Klaus.
    »Und Wasser, bitte«, sagte Ute.
    »Natürlich. Mit oder ohne Gas?«
    »Machen Sie Ihre schlechten Witze, wo Sie wollen«, sagte Klaus plötzlich ernst. Der Kellner wurde ganz rot, als hätte er etwas Falsches gesagt.
    »Entschuldigung, das sagt man heute einfach so.«
    »Nichts für ungut«, sagte Klaus. »Aber wehret den Anfängen, nicht wahr?«
    »Natürlich«, sagte der Kellner, machte aber keine Anstalten wegzugehen.
    »Noch was?«
    »Das Wasser.«
    »Ja, und?«
    »Wünschen Sie das mit oder ohne?«
    »Mit oder ohne was?«
    »Also, äh, ich meine Blubbern. Mit oder ohne Blubbern.«
    »Blubbern?«
    »Frizzeln eben.«
    »Frizzeln?«
    »Na ja, also ich meine Prickeln.«
    »Prickeln«, sagte Klaus. »Mögen Sie es, wenn’s prickelt, Frau Ella?«
    »Mit Sprudel, bitte«, sagte Ute. »Und nehmen Sie den bitte nicht ernst. Er macht nur Spaß.«
    »Ja, natürlich«, lächelte der Kellner gezwungen.
    »Sprudel mit Sprudel«, sagte Klaus verächtlich. »Kohlensäure heißt das immer noch. Koh-len-säu-re. So viel Zeit muss ja wohl sein.«
    Frau Ella wusste nicht, was sie mit dieser Unterhaltung anfangen sollte, und war froh, als endlich Sascha zurück an den Tisch kam. Anscheinend hatte er wirklich Probleme mit dem Auge gehabt. Jetzt wirkte er wieder entspannt, lächelte ihr zu, rieb sich die Hände, als er den Teller mit den Vorspeisen sah, die ein anderer Kellner servierte. Ein großes Durcheinander aus lauter öligem Gemüse, Wurst, Käse und anderen Dingen, die Frau Ella noch nie gesehen hatte. Der stammelnde Kellner hatte ihr ein kleines Bier serviert, herrlich kühl, so dass sich außen am Glas Kondenswasser bildete und hinunterlief, bis es von der Papierkrause aufgefangen wurde. Für Klaus hatte er eine Flasche Rotwein gebracht, ihm einen Schluck ins Glas gegossen, das der sich dann wieder mit dieser seltsam ernsthaften Grimasse unter die Nase gehalten hatte. Dann hatte Klaus probiert, geschmatzt und gegurgelt wie ein Landarbeiter und schließlich gelächelt und in Richtung des Kellners genickt. Dann kam auch Lina wieder, und auch sie sah jetzt glücklicher aus, hatte ganz rote Wangen und lächelte. Sie hatte sich sogar die Haare gemacht, zusammengebunden und hinten hochgesteckt. Wirklich ein hübsches Mädchen! Also hatte der ganze Streit endlich ein Ende. Frau Ella hoffte, dass es mit dem Essen endlich auch wieder fröhlicher würde.

12

    DAS WAR NUR EIN AUSRUTSCHER gewesen. Lina hatte ihn einfach überrumpelt. So ging das nicht. Auf der Toilette! Auch wenn er genau das gewollt hatte, kaum dass er sie gesehen hatte mit dieser weit ausgeschnittenen weißen Bluse, mit ihrer dahingehauchten Begrüßung, als wären sie in einem französischen Film, in dem die Handlung nur die eine Richtung kannte. Viel mehr konnte er wohl kaum erwarten von einer Frau, die einfach nach Spanien verschwand, Monate nichts von sich hören ließ und dann plötzlich wieder auftauchte. Und auch vorher waren doch eigentlich diese kleinen Erlebnisse der Kitt ihrer Beziehung gewesen. Nur war da jetzt Frau Ella. Nicht, dass er ihr gegenüber irgendetwas erklären musste, selbst dann nicht, wenn sie gewusst hätte, auf welches Nebengleis er sich zwischen Aperitif und Vorspeise begeben hatte. Nein, aber er fühlte sich wieder genau so wie ganz am Anfang ihrer Bekanntschaft, im

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