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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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Hälfte ihres Besitzes erben.«
    Waltraud Fromm schnäuzte in ihr Taschentuch. »Dann
profitiere ich also von ihrem Tod?«
    Mayfeld nickte.
    Sie lachte bitter. »Erstmals in meinem Leben werde ich
also eine wohlhabende Frau sein. Mal sehen, wie lange ich etwas davon habe. Die
Ärzte sind nämlich mit meinem Herzen alles andere als zufrieden.« Sie sah
Mayfeld an, als ob sie bei ihm Hilfe suchte. »Wenn ich sterbe, wird alles Basti
gehören. So wie sich sein Vater gestern Morgen bei mir aufgeführt hat, nachdem
ich ihn ins Vertrauen gezogen hatte, könnte man vermuten, dass er es darauf
anlegt, dass ich sterbe. Und dann wird Georg alles tun, um Sebastian
entmündigen zu lassen und sich das Geld unter den Nagel zu reißen. Das muss ich
verhindern.«
    Es war beachtlich, wie viel Niedertracht diese Frau
ihrem Exmann zutraute.
    »Gibt es keinen Vormund für Ihren Sohn?«
    »Das ist nicht nötig«, antwortete sie barsch.
»Außerdem heißt das heute ›Betreuer‹.«
    »Mir geht es im Moment um etwas anderes«, kam Mayfeld
auf den eigentlichen Grund seines Kommens zu sprechen. »Ich muss dringend mit
Basti reden. Nicht nur wegen des verschwundenen Mädchens, auch weil er uns
möglicherweise bei der Aufklärung des Mordes an seiner Tante wichtige Hinweise
geben kann. Wissen Sie, wie oder wo ich ihn finden kann?«
    »Sie glauben also wirklich, dass er mit Sylvias Tod
etwas zu tun hat?« Waltraud Fromms tränenfeuchte Augen blickten Mayfeld jetzt
anklagend und panisch an. Sie zerknüllte das Taschentuch in ihrer knochigen
Faust.
    Mayfeld konnte diesen waidwunden Blick kaum ertragen.
»Polizeiliche Ermittlungen sind keine Glaubensfrage, Frau Fromm. Wie kann ich
Ihren Sohn erreichen?«
    »Er kennt die Wälder ringsum wie sein Zimmer. Ich
sagte Ihnen ja schon, dass er ein phänomenales Gedächtnis hat. Keine Ahnung, wo
er sich aufhält. Ein Handy hat er nicht. Autisten kommunizieren nicht so gerne.
Ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen. Aber ich kann Ihnen versichern, mit
dem Mord hat er nichts zu tun. Dass er Georg verprügelt hat, das kann ich mir
gut vorstellen, mein Exmann wird es verdient haben. Aber nie und nimmer hätte
er Sylvia etwas angetan.«
    Was sollte sie als Mutter auch anderes sagen? »Sagen
Ihnen die Namen Marie Lachner, Annika Möller oder Kevin Möller etwas?«
    Waltraud Fromm schüttelte den Kopf.
    Es klopfte an der Tür. Eine Krankenschwester betrat
das Zimmer und schickte sich an, Waltraud Fromm eine Blutdruckmanschette
anzulegen.
    »Der Herr Kommissar muss jetzt gehen, hat die Frau
Doktor gesagt, die zehn Minuten sind um. Sie sehen ziemlich mitgenommen aus,
Frau Fromm. Und Ihr Blutdruck gefällt mir gar nicht.«
    Sie blickte vorwurfsvoll zu Mayfeld hinüber.
    Mayfeld verabschiedete sich.
    Im Präsidium ging Mayfeld in sein Zimmer und
schloss die Tür hinter sich. Der Himmel hatte sich im Verlauf des Tages
zugezogen, milchig hellgrauer Hochnebel dämpfte das Licht und ließ die Farben
des Herbstlaubs vor seinem Fenster verblassen. Mayfeld dachte nach.
    Er hatte jetzt zwei Morde aufzuklären. Vieles deutete
auf Sebastian Fromm als Täter hin. Sein Faible für Märchen passte zur
Handschrift beider Morde. Wenn er so verrückt war, wie sein Vater behauptete,
war es auch müßig, nach einem Motiv für die Morde zu suchen.
    Ein Motiv für den Mord an Holler konnte man eher bei
seinem Vater, aber auch bei Weisz und Schneider vermuten. Aber die hatten kein
Motiv, Kevin Möller zu töten, außer dessen Ermordung würde der Verdunkelung des
ersten Verbrechens dienen. Doch dann wäre es ausgesprochen dämlich gewesen,
durch eine identische Vorgehensweise die Aufmerksamkeit der Polizei auf die
Verbindung zwischen beiden Taten zu lenken.
    Eine weitere Möglichkeit war, dass jemand versuchte,
den Verdacht gezielt auf Sebastian Fromm zu lenken. Doch wie passte die
verschwundene Marie Lachner ins Bild? Der Selbstmordversuch von Annika Möller?
Wer oder was verband Kevin Möller mit Sylvia Holler? Annika Möller, die die
Schwester des einen und die Patientin des anderen Mordopfers war? Oder Marie
Lachner?
    Er stand von seinem Schreibtisch auf und malte ein
Diagramm auf das Flipchart, das in der Ecke seines Büros stand. Rote Kreise für
alle Personen, die bislang zu Schaden gekommen waren, durch Mord,
Selbstmordversuch oder Entführung. Schwarze Kreise für alle anderen, die in der
Ermittlung bislang eine Rolle gespielt hatten. Durch Striche verband er alle
Personen, die in einer Beziehung zueinander standen. Er sollte

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