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Frau Paula Trousseau

Frau Paula Trousseau

Titel: Frau Paula Trousseau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hein
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Tag zu tun, jeden Tag der Woche, und Urlaub konnten die zwei sich der Tiere wegen nicht leisten, aber Urlaub bräuchten sie auch nicht, wie sie sagten, weil sie nicht fremdbestimmt arbeiteten. Sie hatten vier Kinder, von denen drei bereits in die Schule gingen, wir bekamen die Kinder jedoch nicht zu Gesicht, sie trieben sichirgendwo herum. Ihren Eltern machte das kein Kopfzerbrechen, sie gaben den Kindern möglichst viel Freiraum, um sie selbständig zu machen.
    Bevor wir mit ihnen Kaffee trinken konnten, mussten wir ihnen bei der Arbeit helfen. Helene gab mir Gummistiefel und eine Schürze, und dann hatte ich mit ihr ihren Vorgarten umzugraben. Sibylle war mit Fred unterwegs, er wollte eine Koppel mit Elektrodraht einzäunen. Als sie zurückkamen, nahm mir Helene den Spaten aus der Hand, in der Futterküche säuberten und wuschen wir uns und setzten uns danach in ihre Küche. Ich hatte mir am Spatenstiel zwei Stellen an der rechten Hand aufgerieben und fragte, ob es eine Salbe gebe. Helene brachte mir eine Dose mit selbstgemachter Ringelblumensalbe, und während ich mir beide Hände damit eincremte, ließ ich mir erzählen, wie sie diese gekocht habe. Sie lachte über mich, weil ich ihr wohl mit offenem Mund zuhörte, aber für mich war das alles unglaublich. Ich hatte mir nicht vorstellen können, dass es heutzutage noch eine junge Frau geben würde, die sich ihre Kosmetika nach uralten Rezepten selber zusammenbraut wie ein verhutzeltes Kräuterweiblein.
    Die beiden machten mir Spaß, und wir blieben bis zum Abend, halfen ihnen, das Vieh zu versorgen, und backten mit Fred vier Brote, von denen wir uns eins beim Abschied mitnehmen durften. Fred hatte im Garten einen Backofen gemauert, groß genug, um ein halbes Schwein darin zu braten. Er hatte sich dabei von einem Gemälde von Bosch anregen lassen, auf dem er einen solchen Backofen entdeckt zu haben meinte, und sich dann die technischen Einzelheiten selber ausgedacht. Wie im Mittelalter wurde zuerst der Backraum mit Holz beheizt, er warf riesige Holzkloben in das gemauerte Halbrund. Dann wurde die gesamte Asche sorgfältig herausgekehrt,und die Brotlaibe wurden mit einem Schieber auf die heißen Steine verbracht. Als er die Brote herausholte, sah ich Reste von der Asche am Brot, doch Fred erklärte mir, das sei völlig ungefährlich und würde im Gegenteil den Geschmack verbessern. Dann schnitt er jeder von uns eine Scheibe ab und gab uns den Salznapf.
    Als wir zurück waren, fragte Sibylle mich, ob ich noch etwas essen möchte. Ich schüttelte entsetzt den Kopf. Wir hatten am Vortag viel gegessen, und bei Fred und Helene war uns beiden unaufhörlich aufgetischt worden, ich sagte, ich müsse jetzt eine Woche lang Diät halten. Wir setzten uns ins Wohnzimmer, Sibylle entzündete das Holz im Kamin und öffnete die Weinflasche, die ich aus Berlin mitgebracht hatte.
    »Und du willst dich wirklich von Fred trennen?«, fragte sie, als sie sich zu mir auf das Sofa setzte.
    »Ja. Er ist angenehm und zuvorkommend, er ist großzügig, aber er erdrückt mich. Künstlerisch erdrückt er mich, verstehst du. Wir haben völlig andere Auffassungen von der Kunst, ich kann seine akzeptieren, wenn ich sie auch nicht teile, aber er ist mit meiner nicht einverstanden. Er verachtet und hasst, was ich tue.«
    »Schade. Ich fürchte, wir werden uns dann nur noch sehr selten sehen, Paula.«
    »Vielleicht.«
    »Das sagst du so einfach?«
    »Wir müssen den Kontakt nicht abbrechen, wir sind doch nicht von Waldschmidt abhängig.«
    »Ich würde mich freuen, wenn wir uns nicht aus den Augen verlören. Was wirst du nach dem Studium machen? Das wird nicht einfach, oder?«
    »Sicher nicht. Und Waldschmidt wird mir gewiss nicht helfen. Vielleicht bekomme ich von irgendwoher ein Stipendium, darum habe ich mich noch nicht kümmernkönnen. Das Schönste wäre natürlich, wenn ich bei der Akademie Meisterschüler werden könnte, aber da habe ich mit meinen Arbeiten keine Chance, und von der Schule werde ich garantiert keine Empfehlung bekommen.«
    »Was hast du vor? Willst du dir einen Brotberuf suchen?«
    »Wenn es unumgänglich ist, muss ich wohl. Vielleicht ziehe ich aus Berlin weg, dort wohnen einfach zu viele Maler, die Konkurrenz ist zu groß. Vielleicht habe ich in der Provinz Glück, vielleicht gibt es irgendwo eine Stadt, in der keine Maler wohnen und wo man hier und da einen kleinen Auftrag ergattern kann. Ansonsten male ich meine Bilder, und wenn es sein muss, nur für mich. Ich setze mich

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