Frau Paula Trousseau
erleichtert, dieser Laune nicht nachgegeben zu haben. Es war schön, in einer Wohnung zu leben, in der ich nur mit mir auszukommen hatte. Das war schon schwierig genug, ich musste die Umstände nicht noch komplizierter machen.
Nach dem missglückten Abend mit Kathi und ihrem Freund im Restaurant vom Newa-Hotel vermied ich es, mich mit ihr zu treffen. Ich sagte, ich hätte zu viel zu tun. Im März tauchte sie unangemeldet auf, um mir zum Geburtstag zu gratulieren. Ich war freundlich, blieb aber reserviert. Über jenen Abend und ihren Freund, oder vielmehr über ihr Verhalten, wollte ich nicht sprechen, doch sie fing immer wieder damit an. Irgendwann riss mir der Geduldsfaden, und ich sagte ihr, dass sie mich habe reinlegen wollen, sie mich hintergangen habe. Sie stritt nichts ab, wollte aber überhaupt nicht verstehen, wieso ich derart aufgebracht sei. Es sollte nur ein kleiner Spaß werden, bei dem wir beide auf unsere Kosten gekommen wären. Wir stritten uns über eine Stunde lang, ich war erregt undwurde sehr laut, sie versuchte immer wieder, mich zum Lachen zu bringen. Nachdem sie endlich begriffen hatte, wie sehr mich ihr Manöver hinter meinem Rücken verletzt hatte, entschuldigte sie sich. Und als sie mich beim Abschied fragte, ob wir nicht einmal ausgehen wollten, vielleicht zusammen mit ihrem Freund, konnte ich schon wieder lachen.
Einen Monat später fuhr ich nach Altenburg. Die Leiterin der Galerie im Lindenau-Museum hatte mich eingeladen, mir einen Brief geschrieben und ihr Interesse an meiner Arbeit mitgeteilt. Sie würde mich gern in meinem Atelier besuchen, da sie jedoch in den nächsten Wochen nicht in Berlin sei und mehrere Ausstellungen vorzubereiten und anzumelden habe, bitte sie mich, möglichst umgehend mit einer kleinen Auswahl meiner Blätter zu ihr zu kommen. Worüber wir zu sprechen hätten, sei eine Einzelausstellung, schrieb sie. Ich rief am selben Tag bei ihr an, und wir verabredeten uns für den darauffolgenden Donnerstag.
Ich fuhr in einem völlig überfüllten Zug nach Altenburg und musste während der ganzen Fahrt stehen. Da ich aber meine große Mappe ohnehin nicht im Abteil verstauen konnte und sie im Gang abstellen musste, versuchte ich erst gar nicht, nach einem Sitzplatz zu suchen. Auf Stephanie Mebus, die Galerieleiterin, musste ich eine halbe Stunde warten, aber dann nahm sie sich viel Zeit für mich und sah sich meine Blätter aufmerksam an. Sie sagte wenig dazu, was mir gefiel, eigentlich sagte sie gar nichts, ich konnte nur an ihren Augen und winzigen Kopfbewegungen erkennen, was ihr gefiel und wo sie etwas entdeckte. Als sie mit der Mappe fertig war, nickte sie anerkennend.
»Ja, ich glaube, das lohnt sich«, sagte sie, »wenn Siewollen, machen wir im September oder Dezember die Ausstellung, das wird in den nächsten Tagen geklärt. Wäre das Ihre erste Ausstellung?«
»Ich habe schon im Marstall ausgestellt, in Berlin.«
»Aber es ist Ihre erste Einzelausstellung?«
Ich nickte. Paula, dachte ich, du schaffst es, du hast es geschafft.
»Dann gratuliere ich Ihnen, Frau Trousseau. Immerhin ist es eine Personalausstellung mit einem kleinen Katalog. Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Räume, in denen Ihre Arbeiten hängen werden. Augenblicklich haben wir dort Grafiken von Ferdinand Schmollmer.«
»Ich habe sie mir schon angesehen. Sie sind sehr schön.«
»Was denn? Die Grafiken oder die Räume?«
»Ich meinte die Räume. Schmollmer ist für mich ein Genie.«
»Freut mich, freut mich sehr. Er ist nämlich mein Lebensgefährte. Schauen wir uns die Galerie trotzdem noch einmal an. Ich kann Ihnen dort besser erklären, was ich von Ihnen erwarte. Und dann müssen wir noch ein paar bürokratische Dinge klären, damit ich Ihnen den Vertrag zuschicken kann.«
»Darf ich Sie etwas fragen? Wie sind Sie auf mich aufmerksam geworden?«
»Eine Empfehlung. Man hat mir vor einem Jahr Ihren Namen genannt. Ich hatte ihn mir notiert, Ihre Adresse jedoch nicht bekommen, so dass ich Sie erst jetzt erreichen konnte. Wissen Sie, ich fahre viel herum, sehe mir jede interessante Ausstellung an, spreche mit den Leuten. Und ich frage stets nach jungen Künstlern. Ich will hier nicht nur die Durchgesetzten, die Arrivierten ausstellen, auch wenn das Publikum es lieber sähe.«
»Und wer hat mich empfohlen?«
»Da bin ich mir jetzt nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube, es war Professor Waldschmidt. War Fred Waldschmidt einer Ihrer Lehrer?«
»Ja, in Weißensee.«
»Ein ausgezeichneter
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