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Frau Paula Trousseau

Frau Paula Trousseau

Titel: Frau Paula Trousseau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hein
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fahren wolle, um zu besorgen, was dem riesigen Raum noch fehle. Er wollte wissen, was das sei, und ich sagte ihm, er solle sich überraschen lassen. Ich bat ihn um die Adresse und Telefonnummer seines Freundes Ricki, der ab und zu die aufzuarbeitenden oder fertiggestellten Möbel für ihn transportierte.
    Pünktlich um vier Uhr nachmittags klingelte ich an der Tür von Waldschmidt. Ich hatte ein seltsam geformtes Stück Holz mitgebracht, das ich kurz zuvor im Wald gefunden hatte. Ich gab es ihm in der Tür.
    »Statt Blumen«, sagte ich, »ich hoffe, es gefällt dir, sonst nehme ich es wieder mit.«
    Er sah mich und das Holzstück an und lächelte abfällig. Ich drückte mir die Fingernägel in die Hand, um seine Musterung und seinen verächtlichen Blick zu überstehen.
    »Welche Überraschung«, sagte er schließlich, »ich hätte nie damit gerechnet, dich noch einmal in meinem Haus zu sehen, Paula. Komm rein und sag mir, worum es geht. Ich habe wenig Zeit.«
    Es war ein seltsames Gefühl, nun als Gast dieses Haus zu betreten. Ich setzte mich in einen der Sessel, die mir so vertraut waren, und ließ meinen Blick durch das Zimmer streifen, es schien alles unverändert zu sein. Waldschmidt ließ sich mir gegenüber nieder und sah mich erwartungsvoll an. Ich hatte gedacht, er würde mich nach meiner Arbeit fragen, um sie spöttisch zu kommentieren, oder sich erkundigen, wie ich lebe, und ich hatte mich darauf vorbereitet, ihm locker und leicht zu antworten, doch er fragte nichts. Ich interessierte ihn überhaupt nicht.
    »Nun, was gibt es?«
    Die Tür ging auf und eine Frau kam ins Zimmer, musterte mich freundlich und fragte, ob sie uns etwas zu trinken bringen solle. Die Frau war etwas älter als ich, vier, fünf Jahre. Sie war keine Studentin, aber Waldschmidt war ja auch schon längst emeritiert. Ich antwortete: »Einen Tee, wenn es Ihnen keine Umstände macht.«
    Sie nickte, sah Waldschmidt an und ging wieder hinaus.
    »Deine neue Partnerin?«, erkundigte ich mich.
    Er knurrte nur und sagte: »Ich frage dich doch auch nicht, mit welchem Herrn du zusammenlebst. Oder sollte ich besser fragen, mit welcher Dame?«
    »Ich lebe mit meinem Sohn zusammen. Michael heißt er, er ist jetzt sieben Jahre alt.«
    »Mein Sohn ist es nicht. Warum bist du gekommen?«
    »Ich wollte sehen, wie es dir geht, Freddy.«
    »Paula, bist du hier, um mit mir zu plaudern? Unser Kapitel ist doch endgültig abgeschlossen, oder? Und ich kann nicht sagen, dass ich mich gern an dich erinnere. Du bist ein eiskaltes Luder, du warst berechnend in jeder Minute, bis zum Schluss. Mein Gott, war ich froh, als ich es endlich überstanden hatte. Ich habe dich geliebt, Paula, aber was das ist, wirst du vermutlich nicht einmal ahnen.«
    »Ich liebte dich auch, Freddy. Es hat nur nicht geklappt zwischen uns. Vielleicht habe ich dich auch zu sehr bewundert. Ich habe dich immer als Maler verehrt, vielleicht hat das eine Beziehung unmöglich gemacht.«
    Waldschmidt schnaufte verächtlich. Die Frau kam mit einem kleinen Tablett ins Zimmer, stellte es auf den Tisch und ging wieder. Waldschmidt zündete sich eine Zigarre an, er wollte mich offenbar nicht mehr gleich wieder wegschicken. Er musste jetzt siebzig sein, sein Haar war schlohweiß, der Hals faltig, aber er war noch immerschlank und elegant, eine gute Partie, seine neue Freundin konnte zufrieden sein.
    »Lassen wir das«, sagte er und goss uns Tee ein, »ich will nichts mehr davon hören. Ich glaube dir kein Wort, Paula. Du lügst doch, wenn ich dich nur nach der Uhrzeit frage. Du kannst nicht anders.«
    »Wie auch immer, aber dich habe ich wirklich geliebt. Für mich war es eine gute Zeit in deinem Haus. Ich habe die besten Erinnerungen daran. Ich habe gern mit dir zusammengelebt, und ich habe im Atelier oben gut malen können, es sind ein paar Arbeiten entstanden, die nicht schlecht waren.«
    »Ja, und viel Scheiß.«
    »Ich habe deine Abendgesellschaften genossen. Bist du noch mit den Freunden zusammen? Trefft ihr euch noch?«
    Er sah mich verächtlich an. Ich trank einen Schluck Tee, nahm mir eins der Plätzchen vom Teller und plauderte weiter.
    »Und Frau Mosbach? Führt sie dir noch den Haushalt? Und dann habe ich bei dir Klavier gelernt, weißt du noch? Du hattest mir den Unterricht geschenkt, bei dieser Frau, der Frau Niebert.«
    »Was willst du, warum bist du gekommen, Paula?«
    »Sei nicht so grantig, Freddy. Ich wollte dich einfach wiedersehen. Wir waren schließlich einmal zusammen.«
    »Ja,

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