Frau Paula Trousseau
Bescheid. Er ging langsam an den Tischen vorbei und sprach mit Studenten, als er bei mir vorbeikam, streifte er mit einem Finger beiläufig über meinen Rücken, blieb jedoch nicht stehen und sagte auch nichts zu mir.
Zwei Tage nachdem wir vom Pleinair auf dem Darß zurückgekommen waren, zog ich in seine Villa ein. Waldschmidt hatte mich gefragt und, nachdem ich zunächstgezögert hatte, heftig darum gebeten. Er war mir als Mann nicht unsympathisch, es schmeichelte mir, dass er in mich verliebt war, aber das war auch alles. Mehr war nicht zwischen uns, jedenfalls nicht meinerseits. Ich liebte nicht, ich war nicht einmal verliebt, die Zeit mit ihm konnte ich völlig unbeschwert genießen.
Und es war durchaus von Vorteil, mit einem der Professoren liiert zu sein. Da Waldschmidt zu diesem Zeitpunkt nicht verheiratet war, von der dritten Frau hatte er sich ein halbes Jahr zuvor getrennt, galt ich bald als sein offizielles Verhältnis, seine Fraufreundin, wie er sagte.
Drittes Buch
1.
Das letzte Jahr in der Schule wurde für mich durch die Liaison mit Waldschmidt sowohl einfacher als auch schwieriger. Natürlich unterstellten mir die Kommilitonen, ich hätte mir den Professor gezielt geangelt, und als zum Semesterende nach unserem Pleinair die Namen derjenigen bekanntgegeben wurden, die im November im Marstall ausstellen, hatte ich böse Blicke und ein paar hämische Bemerkungen zu ertragen. Ich tat, als würde ich nichts davon sehen und hören oder als würde es mich nicht kümmern. Irgendwann hatten sie ihr Gift verspritzt, oder sie wagten es nicht mehr, es in meiner Anwesenheit zu tun.
Im Bett war Waldschmidt langweilig. Er trank viel, er trank jeden Abend eine Flasche Wein, und häufig, zumal wenn er mit Kollegen zusammen war, betrank er sich regelrecht. Wir hatten höchstens einmal in der Woche Sex, und das war nie sonderlich aufregend für mich, ich wurde nicht einmal erregt. Waldschmidt war der schlechteste Liebhaber, den ich je hatte, vielleicht lag das an seinem Alter, aber ich glaube, in Wahrheit interessierte es ihn einfach nicht, wie sich seine Partnerin dabei fühlte. Vielleicht war er nie anders gewesen, und er fickte nur, um den angesammelten Körpersaft loszuwerden, jedenfalls machte es diesen Eindruck. Nicht nur in unserer Schule war er für seine erotischen Zeichnungen und Gemälde berühmt, für seine großbrüstigen und hingebungsbereiten Frauen, er wählte immer füllige Modelle, und eine besondere Vorliebe hatte er für junge Mädchen, die als bereits zentnerschwere Matronen ihr knospendes Fleischdarboten. Diese Fleischgebirge in Gelb und Pastellrosa schienen Ausdruck seiner renaissancehaften Sinnlichkeit zu sein, weshalb Waldschmidt als erotischer Nimmersatt und als der Blaubart unter den Kollegen galt. In Wahrheit war er eine Maulhure, ein Mann, der akkurat auf seine Kleidung achtete, er brachte es fertig, mir eine Szene zu machen, wenn die Haushaltshilfe seine Hemden nicht richtig gebügelt hatte. In der Öffentlichkeit aber strahlte er wie ein Dandy jede Frau an und erregte sie durch den weichen Klang seiner Stimme und eine einfache Handbewegung. Er strich ihnen mit dem Handrücken leicht über die Wange, und erwachsene Frauen, die sich von drei Ehemännern hatten scheiden lassen und über die Kerle Bescheid wissen mussten, bekamen einen Schimmer in den Augen, als hätte sie der Heiland geküsst. Waldschmidt galt aller Welt als ein Charmeur, ein Mann, um den man mich beneidete und dessentwegen man mich allein aufgrund seiner vermuteten Seitensprünge bedauerte. Ich war zufrieden, dass er mich in Ruhe ließ, und genoss die Zeit in dem großzügig geführten Haushalt, die vielen Gäste und den lockeren Umgang mit dem Geld, denn er war nie knauserig. So luxuriös wie mit ihm habe ich nie wieder leben können. In seiner Villa hatte ich ein eigenes Schlafzimmer, und das obere Atelier stand mir allein zur Verfügung, in seinem Haus hatte ich bessere Arbeitsbedingungen als in der Schule.
Die Haushaltshilfe, Frau Mosbach, kaufte an sechs Tagen in der Woche für uns ein, kochte das Essen und reinigte die Zimmer. Im Sommer kam jeden zweiten Tag ein Gärtner, der den kleinen Park hinterm Haus in Ordnung hielt und die schweren Arbeiten erledigte. Für mich gab es im Haus nichts zu tun, ich konnte das Bett und die Kleider einfach liegen lassen, bis zum Abend war alles weggeräumt und ordentlich aufgehängt. Im Bad ordneteFrau Mosbach sogar meine Kosmetika in der immer gleichen Reihenfolge auf dem
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