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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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Mannes wird uns morgen bestimmt mehr über die Schenkungsurkunde verraten«, ruft Nelly und balanciert die Akten zurück ins Dunkel.
    Frau Schick wiegt zweifelnd den Kopf. Wenn Geheimniskrämer Paulchen etwas verstecken wollte, dann hat er das gründlich gemacht und ohne allzu offensichtliche Spuren in Aktenkellern, Schreibtischen oder bei Notaren zu hinterlassen.
    Sie dreht sich kurz zu Paulchens Porträt im barocken Protzrahmen um. »Du altes Schlitzohr hättest mir wenigstens einen Tipp geben können«, tadelt sie sein Bild. Der verpatzte Paul mit den angelegten Ohren schweigt. Was sonst.
    Schade, schade. Sie hätte heute Abend so gerne das Original ihrer Schenkungsurkunde präsentiert, um alle Unstimmigkeiten zu beseitigen und endgültig das Regiment zu übernehmen. Na, man kann nicht alles haben. Es wird auch so genug zu feiern geben. Vielleicht sogar eine öffentliche Verlobung von Herberger und Nelly? Wär das ein Fest!
    Die Polizei hat ihr telefonisch versichert, dass ihr abgängiger Chauffeur samt Jaguar in den Garten kommen will, und sie hat der Polizei versichert, dass ihr Chauffeur bislang nicht als Autodieb auffällig geworden ist. Dafür hat er sich in der »Bond Bar« leider als Randalierer und Idiot präsentiert, der Nellys unfreiwilligen Reklamekuss für ein Shakespeare-Drama gehalten haben muss und sich für Othello! Immer dasselbe, schüttelt Frau Schick den Kopf: Liebe macht blind, und Eifersucht sieht in allem zu viel.
    Na, diese Irrungen und Wirrungen werden sich klären lassen, wenn Herberger das Auto bringt und Nelly bei ihr findet. Hoffentlich noch heute Abend.
    Bis dahin hat sie beschlossen, Nelly gegenüber in Sachen »Bond Bar« und Gefängnis lieber den Mund zu halten. Die Ärmste ist wegen des gestrigen Auftritts mit ihrem Ex-Hallodri Jörg Barfeld aufgewühlt genug. Wenn sie wüsste, dass Herberger als Zaungast dabei war, würde das ihre Gewissensbisse nur unnötig steigern. Nelly wähnt Herberger noch immer auf Tahiti, und da soll er in ihrem Kopf auch vorerst bleiben, alles andere würde nur Kummer bedeuten, ihren erfreulichen Arbeitseifer bremsen und die Überraschung verderben.
    Nelly ist im Keller offenbar fertig und stapft die Treppe hoch.
    »Ach herrje, Kindchen, Sie sind ja ganz staubig und verdreckt! Am besten Sie duschen erst einmal und schminken sich ein wenig. Ich will doch, dass sie hübsch aussehen.«
    Nelly hebt abwehrend die Hand. »Später. Frau Pracht hat eine Gartendusche, und wir sollten schleunigst fahren, sonst steigen die Taxikosten ins Astronomische. Wo haben Sie eigentlich Ihren Jaguar?«
    »Der wurde abgeschleppt«, sagt Frau Schick rasch. »War falsch geparkt.«
    »Hoffentlich nicht von Ihnen«, sagt Nelly streng. »Sie dürfen mit Ihren Augen doch nicht mehr fahren.«
    »Bin ich auch nicht, sondern ein etwas unzuverlässiger Bekannter.«
    »Ich kann den Wagen morgen früh abholen«, bietet Nelly an. »Wir haben vielleicht einige Fahrten zu Ämtern vor uns.«
    »Nein, der Wagen wird in den nächsten Stunden, spätestens morgen, zurückgebracht.«
    Und falls nicht, wird sie einfach noch mal mit der Polizei telefonieren und Herberger als Auto- und Juwelendieb zur Fahndung freigeben. Nellys Verlobungsring steckt schließlich auch noch in seiner Tasche. Der Opal hat den Gegenwert eines Kleinwagens, zwar nur eines japanischen, aber zusammen mit dem Jaguar fährt Herberger ein hübsches kleines Vermögen spazieren. Genug, um ihn im Notfall verhaften zu lassen. Ob man in Gefängnissen auch Verlobungen feiern kann? Ach was, das wird kaum nötig sein. Sie kann die Anzeige ja jederzeit zurückziehen und sich auf kurzfristige geistige Verwirrung herausreden. Doktor Grünschnabel wird ihren Hang zu gelegentlichen Aussetzern gewiss gern bestätigen.
    Da sieht man es mal wieder! Selbst der leidige Besuch bei Grünschnabel war zu was gut. Gott macht eben keine Fehler.

23.
    Zeit zum Aufbruch. Der Rucksack ist neu gepackt, die Wanderschuhe sind geschnürt. Herberger macht einen letzten Kontrollgang durch die stillen, ein wenig staubigen Räume seiner Wohnung. Das Parkett knarrt und seufzt ihm unter den Tritten seiner harten Profilsohlen einen Abschied hinterher.
    In der Wohnungstür dreht Herberger sich ein letztes Mal um. »Willst du Frieden, putz deine Reisschale«, heißt es in China. Das hat er erledigt. Seine wichtigsten Auftraggeber sind informiert, die Abwesenheitsnotiz im E-Mail-Account ist aktiviert, die Ansage auf dem Anrufbeantworter erneuert. »Eckehart Gast ist

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