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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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der gemeinsamen Irrfahrt ins Hotel mehr gewundert als empört.
    Bettina war das längst peinlich. »Nun ja, ich wollte doch nur helfen …«
    Herrje!
    »… und außerdem kenne ich Herrn Pottkämpers Mutter recht gut.«
    »Die Zuckermaus?«
    »Wen?«
    »So hab ich sie immer genannt«, hat Frau Schick leicht verlegen erklärt. »Ich konnte mir die Namen von Pauls Fisternöllchen nie merken.«
    »Ich spreche von Edeltraut.«
    »Na, das will ich mir auch nicht merken!« Vor allem in Kombination mit dem Nachnamen Pottkämper klingt der Name für Frau Schicks Ohren vollkommen unerträglich. Wie Paul die Dame wohl angesprochen hat? Edelchen? Trautchen? Edeltrautchen. Da schüttelt es einen ja. Ha, nein! Jetzt weiß sie es. »Pöttchen« wird er sie genannt haben. Pottkämper heißt ja auch der Grüßaugust, aber wenigstens steht ein nichtssagender Hans davor. Frau Schick schüttelt unwillig den Kopf.
    »Edeltraut kümmert sich auf Lanzarote um Hundeadoptionen ins Ausland«, hat Bettina geschwärmt. »Sie hat ihr Haus auf Lanzarote zum Tierasyl umgebaut und ist da wirklich sehr, sehr aktiv. Sie steckt ihren letzten Cent in das Projekt.«
    Eigentlich sind es natürlich die Cents von Paul Schick. Aber das ist Frau Schick egal. Da sind die Abfindung und die Alimente wenigstens für einen guten Zweck angelegt. Dass Bettinas Tierliebe sie zur Handlangerin des Grüßaugust gemacht hat, ist allerdings ein starkes Stück.
    »Er hat mich aufs Glatteis geführt«, hat Bettina erneut um Vergebung gebeten. »Er … Wissen Sie, er wirkte so hilflos und vollkommen überfordert mit … äh … Ihnen.«
    Um diesen Eindruck zu erwecken, musste er sich wahrscheinlich nicht einmal besonders anstrengen, freut sich Frau Schick. Sie vermutet, dass den Ausschlag für Bettinas Blackout sein triefäugiger Dackelblick gegeben hat. Der Grüßaugust hat ein Leben lang gern Opfer gespielt, es war ihm wahrscheinlich angeboren.
    Nun, Gefahr erkannt, Gefahr gebannt! Frau Schick macht sich längst keine Sorgen mehr. Im Gegenteil. Der Rausschmiss des Grüßaugust dürfte sehr vergnüglich werden. Seine Attacke aus dem Hinterhalt soll ihn vorher noch richtig was kosten, und zwar deutlich mehr als seinen Posten bei der Schick und Todden GmbH und das Gehalt, das Paulchen und sie ihm sein Leben lang in den gierigen Rachen geschoben haben. Und wenn alles ausgestanden ist, wird sie ihm einen Posten als Pförtner offerieren. Da gehört der Dämel sowieso seit Langem hin! Für immer ins unterste Stockwerk verbannt wird er Tag für Tag die Fahrstühle nach ganz oben vor Augen haben, wo er derzeit noch in ihrem Vorzimmer mit Dom-Blick sitzt.
    Frau Schick wendet sich Bettina zu, die auf dem Fincabett sitzt und in ihrem Rucksack kramt. »Zeigen Sie mir mal, was Sie meinem Referenten für firmeninterne Kommunikation bislang so alles über meinen Geisteszustand mitgeteilt haben.«
    »Viel ist es nicht«, sagt Bettina betreten und zerrt einen schmalen Ordner aus dem Rucksack. Mit einem Plopp fällt ihre Kugel aus Lapislazuli auf die Dielen und hüpft und klackert unters Bett.
    »Von wem die nur stammt?«, fragt sich Bettina kopfschüttelnd. »Der Spruch war sehr treffend. Und eine echte Erlösung für mich. Der Mund, so da lüget, tötet die Seele. Wer da nur dahintersteckt? Das ist doch verrückt.«
    »Eins nach dem anderen«, bestimmt Frau Schick. »Das finden wir später heraus. Jetzt möchte ich erst einmal wissen, wie verrückt ich bin.«

26.
    Nelly sitzt umgeben von leisen gregorianischen Tonbandgesängen still und barfuß im lichten Dunkel der Kirche, die auch dem kundigsten Betrachter ewige Rätsel aufgibt. Doch für sie ist es unerheblich, warum Eunate acht Ecken hat, keinem Baustil gehorcht und bislang keinem Archäologen eine Antwort auf die Frage preisgegeben hat, zu welchem Zweck und von wem sie einst erträumt und gemauert wurde.
    Zwar hat Paolo der Gruppe erklärt, dass das steinerne Oktagon mit dem umlaufenden Kreuzgang schon als Pilgerhospital gedient hat, als Leichenhalle, Leuchtturm für erschöpfte Wallfahrer, christliches Gotteshaus und vielleicht sogar als mystisches Heiligtum der Templer. Nelly aber ist das egal. Eunate ist für sie vor allem eins: ein Raum, der tröstet und Menschen einlädt, sich zu besinnen, zu verwandeln und zu staunen. Wunder kann man eben nicht erzählen, man muss sie erleben.
    Nellys Blick bleibt an der eigenwilligen Madonna im Alkoven hängen. Es handelt sich um eine sitzende Muttergottes, die man noch nicht von ihrem

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