Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
seit Kurzem in der Zauberflöte die erste Dame.
Da! Die hat es geschafft!
Neid!
Die ist ja auch verheiratet und hat eine Britta.
Klar. Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf.
Und ich hatte meinen banalen Alltagskram zu bewältigen, mit unbefriedigender Beziehungskiste, lächerlichen Kleckerkonzerten vor Schlachtergesellen und mit absolut unerträglichen Boulevard-Komödien innerhalb der häuslichen vier Wände.
»Und? Hat sie gut gesungen?«
»Leider ja.«
»Wieso leider?«
In diesem Moment drehte sich der Schlüssel im Schloss. »Sooo!«, flötete eine altvertraute Stimme in kindlichem Singsang. »Jetzt macht dir die Tante Pupke ein lecker, lecker Happen-Pappen-Breichen! Woll? Sachma! Ein Breichen macht dir die Tante jetzt! Was? Hast du Hunger? Sachma? Was? Hast du Hunger? Hunger hast du jetzt, woll? So ein großer Junge bist du! Sachma! Soo groß, woll? Happen-Pappen-Breichen wollen wir jetzt essen, was, sachma!«
Paulchen wurde geräuschvoll aus seiner Kluft geschält und dann keuchend hereingeschleppt.
Frau Pupke sah derangiert aus. Wirre Haarsträhnen hingen ihr ins Gesicht. Sie versuchte sie wegzublasen, weil sie keine Hand freihatte. Schweißperlen glitzerten ihr auf der Stirn.
Ich streckte die Hände nach Paulchen aus.
»Lassense ma, es geht schon. Woll, Paulchen, das schaffen wir zwei schon, du und ich, was, sachma. Pauline, er hat wieder den dicken grünen Eita inne Nase. Kuckense ma. Dicka grüna Eita. Sachma.« Sie zerrte ein zusammengeknülltes Tempotuch aus ihrer Manteltasche, friemelte es auseinander und hielt es mir vor die Nase. »Ein lecker Breichen tut die Tante Pupke dir jetzt machen, woll? Dicka Eita. Sachma!«
Ich stand da, angewidert mit ausgestreckten Händen, und drehte den Kopf weg. Ich wollte mein Paulchen einmal halten. Aber sie ließ mich nicht.
»Paulchen, die Mama hat Besuch, da dürfen wir jetzt nicht stören, woll? Schön leise müssen wir sein, was, sachma, Paulchen. Die Mama hat einen Onkel zu Besuch, mit dem muss sie was besprechen, woll? Da müssen wir ganz artig sein und nicht stören! Komm, Paulchen, wir gehen ins Kinderzimmer!«
Indem sie weiter auf den unschuldigen Säugling einredete, verließ sie mit ihm die Küche.
Ihr Gerede verhallte im Flur.
Ich warf das Tempotuch in den Mülleimer.
»Wann geht die nach Hause?«, fragte Robby leise.
»Gar nicht«, sagte ich. »Die wohnt hier.«
»Komm, wir gehen was trinken.«
Wahrscheinlich mochte Robby keine weiteren Exkremente mehr besichtigen.
»Warte«, sagte ich schnell. »Ich möchte Paulchen noch Gute Nacht sagen.«
Die Sehnsucht nach meinem Kind war schrecklich groß. Schließlich hatte ich mich den ganzen Nachmittag nach ihm verzehrt. Und seinetwegen Simon versetzt und meine Weltkarriere in den Wind geblasen.
Ich klopfte an die Kinderzimmertür.
Drinnen sang Frau Pupke mit heller Stimme: »Die Mutter hütet Schäfchen, der Vater schüttelt’s Bäumelein …«
Ich trat ein.
Der Gesang verebbte mitnichten. Dafür bot sich mir ein erstaunliches Bild: Mein sieben Monate altes Baby, das noch nicht mal sitzen konnte, hing windschief mit nacktem Popo auf dem Topf. Frau Pupke hielt es mit der einen Hand am Oberarm fest und sortierte mit der anderen Hand die Windeln in den Schrank. Mit dem Mund sang sie zusätzlich, wie gesagt. Eine ausgesprochen vielseitige Frau!
»Frau Pupke, was machen Sie denn da?«, fragte ich entgeistert.
»Der macht nicht mehr in die Hose, woll, Paulchen, der is getz sauber!«, triumphierte Frau Pupke und hielt mir eine Windel unter die Nase. »Hier! Riechen Se mal! Trocken! Völlig trocken! Sachma! Paulchen! Woll!! Du machs nich mehr inne Hose! Biss ein großer Junge, wollnich!«
Paulchen grinste mich zahnlos an. Offensichtlich schien er sich noch an mich zu erinnern.
Ich beugte mich zu ihm erdenwärts und wollte ihm ein Küsschen auf das rosige Bäckchen geben.
»Lassense mal, dat stört den Kleinen jetzt beim Konzentrieren«, sagte Frau Pupke und stellte sich zwischen uns. »Woll, Paul. Du bist ein großer Junge, und du machs getz schön ins Töpfchen. Zeich mal der Tante Pupke, wie schön du ins Töpfchen machen kannz.«
Paulchen zeigte es der Tante Pupke, indem er ins Töpfchen pupste.
»Da! Sehense!«, frohlockte Frau Pupke und fiel vor Paulchen auf die Knie. »Er tut es ganz vonne Instituzion her! Das is so bei kleinen Kindern! Wenn man se nur rechtzeitig zur Sauberkeit erzieht! Dann tun die dat auch! Werden Se sehen, Pauline. In drei Wochen is der Junge sauber, was,
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