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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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phallusförmigen Kaktus, der auf dem Zeitungsstapel auf dem Toaster stand und dessen Stacheln kaum noch unter der Staubschicht hervorkamen.
    »Wird gemacht«, sagte ich cool.
    »Aber sonst bitte nichts anrühren«, sagte Simon. »Alles hier hat seinen Sinn und Zweck.«
    »Nee, ist klar.«
    »Auch nicht das Klavier aufmachen!«
    »Ich weiß.«
    »Dann schlaf mal gut, Häschen«, sagte Simon, kniete sich zu mir herab und drückte mir einen gütigen Kuss zwischen die Löffel.
    »Du auch«, sagte ich, während meine Schnurrbarthaare vor Erotik zitterten.
    Robby der Geiger schrieb mir einige glühende Briefe. Was für eine Frau von Welt ich doch sei, und wie ich doch alles geregelt kriegte mit Kind und Karriere, und wie blind doch alle Männer meines Umkreises seien, so was Seltenes von Weib und Mensch wie mich noch frei rumlaufen zu lassen.
    Ich klopfte mir mit seinen Briefen immer wieder auf die Schulter und fand mich bärenstark.
    Leider kam Robby für mich als Mann nicht in Betracht. Er war zu gut für mich.
    Und ein bisschen zu alt.
    Fünfundzwanzig Jahre oder so.
    Was mich noch mehr freute, war ein lieber Brief von Antje. Sie habe zur Zeit noch einige Konzerte, schrieb sie, aber sie freue sich sehr darauf, mich unmittelbar danach wiederzusehen. Die Oper brauche noch eine dritte Dame! Ich müsse unbedingt vorsingen!
    Das fand ich auch. Nur war ich im Moment nicht besonders gut in Form. Das lag daran, dass ich so selten übte. Eigentlich nie. Wozu auch? Und wo?
    Ich hatte richtig Sehnsucht nach Antje. Wie sicher sie doch im Leben stand, und wie unkompliziert sie sich verhielt! Von ihr konnte ich einiges lernen.
    Den Gedanken an das Frauenhaus hatte ich bereits wieder verworfen, als ich am Wochenende mit Klaus im Flugzeug saß, dem Flair von Luxus und Intellektualität entgegen flog.
    Ärztekongress in München!
    Ich nun wieder! So vielseitig und flexibel! Antje hätte ihre helle Freude an mir gehabt. Und Robby erst! Ob es nun eine ungeheizte Kirche im Sauerland war oder das pipiwarme Babyschwimmbecken im Hallenbad von Bickendorf oder das vollklimatisierte Hilton-Hotel in München-City: ich war überall zu Hause. So was schaffte außer Antje nur noch Patrizia von Tut-und-Taugt-Nix.
    Es war Frühling, unter uns zog sich die blühende Pracht dahin, und in uns gluckerte zufrieden ein kleiner Pikkolo. Irgendwo da unten wanderte jetzt auf wackeren Beinchen Tante Pupke und schob Paulchen im Buggy spazieren. Ihre Wölls und Sachmas verhallten ungehört im Luftkorridor.
    Klaus war locker und gelöst: Weder versteckte er sich hinter dem Fachblatt »Der unpraktische Arzthelfer«, auf dem immer so appetitliche Hautausschläge und Pilzerkrankungen in Großaufnahme prangten, noch unterlag er dem Zwang, mit seiner Videokamera jede meiner Hervorbringungen für die Nachwelt festzuhalten. Wir waren einfach wir selbst. Ohne Zwang und ohne Stress.
    Lasst euch zu, seid wie ihr seid, jeder selbstverwirklicht jetzt den andern.
    Ich sah Klaus von der Seite an.
    Er sah wirklich gut aus: ein gelöster, entspannter Freizeitbär. In Jeans und Pulli. So wie die Jungs im Prospekt für Übergrößen immer aussehen. Irgendwie hatte meine unwesentliche Präsenz ihn doch schon beeinflusst. Früher, als ich ihn kennenlernte, war er mehr so ein zugeknöpfter Oberhemdentyp mit Krawatte gewesen. Und heute: bärenstark.
    Vielleicht hatten wir uns nur zum völlig falschen Zeitpunkt kennengelernt? So was soll es ja geben, dass mann – Schrägstrich – frau einfach noch nicht reif für einen gewissen Partner ist.
    Ich für meinen Teil war irgendwie nie reif für einen gediegenen Bären. Das sah man schon daran, dass ein uneheliches Kind mich nicht davon hatte abhalten können, weiterhin hemmungslos meinem ungezügelten Selbstverwirklichungsdrang zu frönen.
    Er für seinen Teil hatte ja zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens allerhand Frust mit Frau und Hund und Gemeinschaftspraxis und Villa; der gefühlsmäßige Ablösungsprozess von solchen Dingen brauchte auch seine Zeit.
    Diesen Zeitraum der allgemeinen Selbstfindung überbrückte ja nun auf ihre bekannt-selbstlose Art Tante Pupke, und ob das so richtig war, weiß ich bis heute nicht.
    Vielleicht war es jetzt an der Zeit, sich von der lieben alten Tante Pupke zu trennen? Es MUSSTE da doch noch ein Mittelding an Kinderfrau geben – engagiert und flexibel, aber eben DOCH mit der Bereitschaft, ab und zu mal nach Hause zu gehen.
    »Du, Klaus?«
    »Ja?«
    »Wie viel zahlen wir eigentlich der Frau Pupke so im

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